Römische Siedlung, glanzvoller Kurort und zeitweilig verrufenes Ghetto: Zum Abschluss der Serie „Ein Stück Cannstatt“ werfen wir einen Blick zurück auf 18 Stadtteil-Portraits.

Bad Cannstatt - Ein Stadtbezirk – 18 Stadtteile. Bad Cannstatt ist mit seinen knapp 70 000 Einwohnern der größte Stadtbezirk Stuttgarts. Er hat viele unterschiedliche Gesichter. Das zeigte die Serie „Ein Stück Cannstatt“, in der die Redaktion von Bad Cannstatt&Neckarvororte in den vergangenen Monaten alle Stadtteile vorgestellt hat.

 

Da gibt es die Stadtteile, deren Schönheit sich auf den ersten Blick offenbart, allen voran der Kurpark mit seinen weiten Grünflächen und dem prachtvollen Kursaal sowie den Villen. Er war einst glanzvoller Kurort, heute ist er ein beliebtes Wohngebiet. Nicht minder charmant ist die historische Altstadt mit ihren zahlreichen Gassen und Fachwerkhäusern – mit dem 1463 erbauten Klösterle steht dort immerhin das älteste erhaltene Wohnhaus Stuttgarts.

Geschichtsträchtig sind aber nicht nur die schmucken Stadtteile, sondern auch die Sorgenkinder des Bezirks. Zum Beispiel die Neckarvorstadt, die immer wieder als Brennpunkt genannt wird, gehört aber zugleich zu den am längsten besiedelten Gebieten: Schriftliche Überlieferungen belegen eine Bebauung im 13. Jahrhundert, wahrscheinlich gab es schon zuvor erste Siedlungen.

Stadtteile mit Aussicht

Im Begriff, sein schlechtes Image abzuschütteln, befindet sich ein anderer geschichtsträchtiger Ort: Auf dem Hallschlag steht nicht nur das bereits im ersten Jahrhundert nach Christus erbaute Römerkastell. Der Stadtteil galt auch lange als Stuttgarter Getto. Wer heute durch den Stadtteil auf dem Hügel spaziert, kann davon nicht mehr viel erkennen: Durch das Städtebauförderungsprogramm Soziale Stadt wurde der Hallschlag mächtig aufpoliert, mit dem Stadtbahnanschluss im Jahr 2013 seine Attraktivität als Wohngebiet beträchtlich gesteigert.

Die Aussicht auf das Neckartal zeichnet übrigens nicht nur den Hallschlag aus: Auch die angrenzenden Stadtteile Birkenäcker und Altenburg sowie der Richtung Fellbach liegende Muckensturm sowie der jüngste Cannstatter Stadtteil, der Burgholzhof, punkten mit formidablen Aussichten und viel Grün: Die unmittelbare Nähe zu Weinbergen, Feldern, Parks und Wäldern ist für viele Cannstatter neben der guten Verkehrsanbindung in die Stuttgarter Innenstadt einer der größten Pluspunkte ihrer Heimat. Und immerhin kommen auch viele Stuttgarter und sogar Besucher aus aller Welt nach Bad Cannstatt: zweimal im Jahr, immer zu Volks- und Frühlingsfest, verwandelt sich der sonst einwohnerarme Stadtteil Wasen in ein Mekka für Dirndl und Lederhosenträger; auch die Schleyerhalle, die Porsche-Arena, weitere Veranstaltungen auf dem Cannstatter Wasen und natürlich das Mercedes-Benz-Museum ziehen das ganze Jahr über Besucher an.

Cannstatter sind stolz auf ihre Heimat

Für die Anwohner im nahe gelegenen Veielbrunnen ist das nicht ausschließlich ein Grund zur Freude: Vom Verkehr und zum Teil auch von den nicht so stubenreinen Gästen geplagt, fühlen sie sich dennoch sehr wohl in ihrem multikulturellen Stadtteil, der wie auch der Kurpark die größte Besonderheit Bad Cannstatts schon im Namen trägt – benannt nach einem der insgesamt 15 Mineralwasserbrunnen Bad Cannstatts, das damit über das zweitgrößte Mineralwasservorkommen Europas verfügt.

Darauf sind sie stolz, die Cannstatter – und auch darauf, Cannstatter zu sein. Denn wenn es etwas gibt, das wohl die meisten Bewohner unterschreiben würden, ganz egal, ob sie im im wohlsituierten Stadtteil Im Geiger, im dörflichen Sommerrain oder der wenig glamourösen Schmidener Vorstadt leben, dann ist es der Satz Manfred Rommels, mit dem auch die neue Dauerausstellung im Stadtmuseum die Geschichte von Stuttgarts größtem und ältestem Bezirk bewirbt: „Stuttgart hat durch Cannstatt erst eine Geschichte bekommen.“