Nach knapp 14 Monaten endet für Daniel Noll die Arbeit auf der Forschungsstation Neumayer III. Rückflug in die Heimat in diesen Tagen. Er freut sich auf einige Dinge.

Stuttgart - Der Koffer ist gepackt, wenn das Wetter mitmacht, startet direkt vor der Neumayer-Station in diesen Tagen der Flieger, der Daniel Noll zuerst auf die 800 Kilometer östlich gelegene russische Antarktisstation Novolazarevskaya bringen wird, die man der Einfachheit halber Novo nennt. Von dort geht es gut 4000 Kilometer nördlich bis nach Kapstadt in Südafrika und schließlich weiter nach Stuttgart. 14 Monate war Daniel Noll nun von zu Hause entfernt. Weitab der Zivilisation, in einer eisigen Gegend ohne Vegetation, ohne Städte und monatelang sogar ohne jedes Tageslicht. Mit elf Kollegen überwinterte der IT-Spezialist und Pilot im tiefen Süden, aber jetzt, sagt er, „ist es wirklich an der Zeit, nach Hause zu gehen“. Trotzdem fällt der Abschied nicht leicht. „Man weiß ja nicht, ob man jemals wieder hierherkommt.“

 

Im Moment aber wiegt die Vorfreude auf die Heimat stärker. Die Übergabe der Arbeit an die Nachfolgecrew ist vor gut einer Woche abgeschlossen worden. „Jetzt kann ich die letzten Tage hier genießen“, sagt er. Also auch noch einmal raus aus der Station, Pinguine beobachten oder auch einfach nur draußen sein. Es ist ja gerade Hochsommer in der Antarktis, die Temperaturen reichen sogar an null Grad heran. Aber nur ein paar Stunden am Tag.

Temperaturschock in Kapstadt

Bevor die Maschine abhebt, müssen aber noch ein paar ganz praktische Dinge erledigt werden. Zum Beispiel muss Noll noch nach den PIN-Nummern seiner Kreditkarten suchen. „Die habe ich nach der langen Zeit schlicht vergessen“, erklärt er. Und das wäre auf der Heimreise einigermaßen fatal, zum Beispiel beim geplanten zweitägigen Stopover in Kapstadt. Dort erwartet ihn nicht nur die Zivilisation, sondern auch Temperaturen von 30 Grad und mehr. Und das könnte ihn nach mehr als einem Jahr im Frostbereich doch schlauchen. „Das wird ungewohnt, aber ich denke, das ist nicht so schlimm“, hofft er.

Mehr Respekt hat er vor dem Kontakt mit vielen Menschen, vor Straßen, Verkehr und Lärm: „Keine Ahnung, wie sich das anfühlen wird.“ Auch sonst alltägliche Dinge wie in einen Laden zu gehen werden nach der langen Zeit wohl wieder zum Erlebnis. Noll ist gespannt – auch darauf, „Auto zu fahren, durch den Wald zu spazieren oder wieder mal Regen zu erleben“. Und er freut sich auch auf das Fliegen, wobei er dazu erst drei Wochen in die Flugschule zu einem Check-up muss. Nach der langen Pause lässt man keinen einfach so an das Steuerhorn eines Passagierjets. Auch nicht, wenn er im Besitz einer gültigen Lizenz ist wie Daniel Noll.

Arbeiten auch bei minus 40 Grad

Das Fazit seiner Überwinterung tief im Süden kann der 30-Jährige jetzt schon ziehen. „Ich habe viel über das Zusammenleben von Menschen gelernt“, sagt er. Die Zeit auf der einsamen Station habe ihn auch reifer und selbstbewusster gemacht. Daniel Noll ist stolz, dass das Team die Arbeit gut erledigt hat, dass der Winter ohne Unfall überstanden wurde und dass er auch bei bis zu minus 40 Grad im Freien gearbeitet hat. „Man kommt auf jeden Fall stärker zurück“, sagt er. Zu Hause wird er erst einmal ausspannen, Urlaub machen. Mit seiner Freundin geht es in ein Wellnesshotel in den Ardennen. Klingt nicht gerade nach Traumziel und auch ein wenig kühl. Nach mehr als einem Jahr im Eisschrank ist es aber eine bewusste Entscheidung. „Ich bin einfach kein Typ für den Strand“, sagt er. Und danach? Bis August hat er noch Urlaub, dann endet sein Vertrag. Der Sillenbucher hat für sich drei Optionen ausgemacht. Bei seinem Arbeitgeber, dem Alfred-Wegener-Institut, kann er als IT-Spezialist in Bremerhaven anheuern. Oder er bewirbt sich bei Airlines als Verkehrspilot. Oder doch wieder Eis. „Ich könnte mir auch vorstellen, auf dem Forschungsschiff Polarstern zu arbeiten“, sagt er. Wieder lange weg von zu Hause? „Der Job wäre drei Monate auf dem Schiff, danach drei Monate frei“, erklärt er. Das wäre für ihn schon machbar.

Mehr als ein Jahr weg – das will er aber nicht mehr. Jetzt ist er gespannt, ob ihn irgendwann das Heimweh nach dem Eis packt. „Man sagt“, erklärt Daniel Noll, „wer einmal da war, verliert den Kontakt zur Antarktis nicht mehr.“ Jetzt ist aber erst einmal Pause.