Arte zeigt Stanley Donens herrlichen Musical-Klassiker „Ein süßer Fratz“. In dem steckt noch viel mehr als tolle Musik der Gershwins und eleganter Tanz von Audrey Hepburn und Fred Astaire.

Stuttgart - Rosa! Jede Frau soll rosa tragen! Die ganze Welt muss rosa werden! Die New Yorker Modemagazin-Chefin Maggie Prescott (Kay Thompson) hat eine Idee, und prompt rollen in Stanley Donens Musicalfilm „Ein süßer Fratz“ die Maler an und streichen alle Türen in der Redaktion neu. Vorher waren sie quietschbunt, jede anders, nun regiert das Einheitspink.

 

Wer das für Horror hält, sollte zweimal hinschauen. In diesem Hollywood-Klassiker aus dem Jahr 1957 wird immerhin schon eine starke Frau in der Chefetage gezeigt, die in der Bürowelt Manhattans ihren Willen durchsetzt: „Blue is through“, blau ist durch, singt Thompson: die Modewelt als Flaschengeistuniversum, in dem eine Energie brodelt, die sich bald nicht mehr wird unter dem Korken halten lassen.

Schwelgen in Tanz und Farben

Arte zeigt „Funny Face“, so der Originaltitel, weil Stanley Donen, einer der verspieltesten Regisseure der Traumfabrik überhaupt, vor zwei Monaten im Alter von 94 Jahren gestorben ist. Die neckischen Farben strahlen in jener schönen Restaurierung, die auch auf Blu-ray erhältlich ist. Man kann in ihnen schwelgen und sich auch nur davon unterhalten lassen, dass Audrey Hepburn und Fred Astaire aufeinander treffen und Lieder der Brüder George und Ira Gershwin die Tanz- und Gesangsszenen edeln.

Gewiss, Hepburn war bei den Dreharbeiten 27 Jahre alt (und sieht jünger aus), Astaire war 57 – das ist eine gar nicht untypische Alterspaarung für Filme jener Zeit. Die berühren einen besonders in ihrer Betonung von männlicher Erfahrenheit hie und weiblicher Unerfahrenheit da heute meist etwas seltsam. Donen aber inszeniert mit ganz leichter Hand, und Astaire, der 30 Jahre zuvor am Broadway in einem ebenfalls „Funny Face“ betitelten Musical aufgetreten war, tanzt so scheinbar anstrengungslos, als sei seit damals keine Zeit vergangen. Das lässt diese Liebe über die Generationen hinweg heute viel unpomadiger wirken als etwa Hepburns Leinwandaffäre mit Humphrey Bogart in Billy Wilders „Sabrina“.

Kampf um Rechtfertigung

Viel berückender jedoch ist, dass die Filmemacher wissen, wie sehr ihre eskapistischen Fantasien schon als verlogener Tinnef in der Kritik stehen. Hepburn gibt also die junge Buchhändlerin mit Weltverbesserungsideen, die durch den von Astaire gespielten Fotografen mit der Welt des schönen Scheins und der sinnlosen Aufregungen in Berührung kommt.

Diese Jo dazu zu bringen, ihren Widerwillen gegen schicken Flitter aufzugeben, wird für Donen und Hollywood auch ein Kampf der Selbstrechtfertigung. Nur dass der hier selbstironisch, elegant und mit viel Hoffnung auf die heilsame Kraft weltferner Kinoträume geführt wird: Der ganze Film ist der Inbegriff von Charme.

Ausstrahlung: Arte, 15. April 2019 um 20.15 Uhr; 21. April 2019 um 09.25 Uhr; Freitag, 3. Mai 2019 um 13.40 Uhr