Eine Gruppe des Wirtemberg-Gymnasiums besichtigt den Tunnel, in dem irgendwann die Züge aus Ober- und Untertürkheim zum neuen Tiefbahnhof fahren sollen – und die Schüler bereiten sich auf Experimente vor.

Untertürkheim/Wangen - Ein Knall, ein Grollen – die Erde vibriert unter den Füßen. Ein Staunen bahnt sich seinen Weg in manche Gesichter. Es ist ein kühler Dienstagvormittag im Mai und die kleine Gruppe von Schülern, Lehrern und Fachleuten sammelt sich auf dem Parkplatz des Wirtemberg-Gymnasiums. „Der Tunnelvortrieb nähert sich der Schule“, sagt der Geologe Bernd Gaukler. Und das merkt man.

 

Die Deutsche Bahn hat vor drei Jahren ihre Baustelle in Wangen hinter dem Aldi eingerichtet und baut von dort aus den Tunnelabschnitt 1.6. Die zwei Röhren sollen irgendwann die Züge aus Ober- und Untertürkheim unter dem Neckar zum neuen Tiefbahnhof leiten. Derzeit werden die Tunnel in vier Richtungen in 20 bis 60 Metern unter der Oberfläche in die Erde und das Gestein vorgetrieben. „Mit der Röhre unter der Schule sind wir gerade bei Tunnelmeter 800. Pro Woche kommen wir 30 Meter voran“, sagt Gaukler, der für die geon Planungsgesellschaft für Wasser und Boden arbeitet und als Gutachter die Bauarbeiten überwacht.

Aufzugfahrt tief unter die Erde

Wie dieses Vorankommen genau aussieht, das will die Besuchergruppe an diesem Tag genauer wissen. „In unserer Experimentier-AG wollen wir Seismografen bauen und die Erschütterungen durch die Sprengungen messen“, sagt die Physik- und Mathematiklehrerin Tanja Dörfner. Die Kinder aus der fünften und sechsten Klasse sind schon ein wenig aufgeregt.

Und das können sie auch sein. Denn es geht auf der Baustelle in Wangen – frisch ausgestattet mit Bauarbeiterhelmen, Warnwesten und quietschgelben Gummistiefeln – erst mal mit einem ruckeligen Aufzug 40 Meter in die Tiefe. „Der Zugangsschacht für den Zwischenangriff in Wangen hat einen Durchmesser von 22 Metern“, sagt Bauleiter Georg Hofer. Und diese 22 Meter sind auch nötig. Denn alle Baugeräte – vom Bagger über Bohrwagen bis hin zum Lastwagen – müssen an dieser Stelle mit einem riesigen Portalkran in die Tiefe gehoben werden. Selbst Dixieklos für die Bauarbeiter schweben hinunter in das riesige Loch.

150 Lastwagen werden pro Tag beladen

Unten angekommen, geht es mit einem Kleinbus bis fast ans Ende des Tunnels, der unter der Schule hindurch führen soll. Es ist laut und stickig. Der Geruch der letzten Sprengung liegt noch in der Luft. Das letzte Stück müssen Schüler und Lehrer gehen. Der Boden ist lehmig und uneben. Es ist recht dunkel. An der Seite liegen mal riesige Kabelrollen, dann parkt ein Bohrwagen am Rand. Auch eine Trafoanlage steht in der frisch gebohrten Tunnelröhre und versorgt die Baumaschinen mit Strom. An der Decke hängt ein riesiges Stoffrohr. „Wir pumpen frische Luft durch diese sogenannte Lutte bis hin zum Tunnelende“, sagt Georg Hofer: „Das nennt man drückende Bewetterung.“

Das Ende des Tunnels ist beleuchtet. Ein Bagger steht davor, daneben türmt sich ein Schutthaufen, der darauf wartet, abtransportiert zu werden. „Wir beladen 150 Lastwagen pro Tag“, sagt Hofer. Dann ist es wieder Zeit für die Rückkehr.

Gearbeitet wird 24 Stunden am Tag

„Das Teuerste für uns ist Stillstand“, sagt Georg Hofer und erklärt, wie seine Baustelle funktioniert: Gearbeitet werde 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche in einem Zwei-Schicht-Betrieb. Pro Schicht sind immer rund 30 Mitarbeiter auf der Baustelle, darunter Mechaniker, Elektriker und Schlosser – falls mal etwas schnell repariert werden muss. Gesprengt werden darf nur tagsüber und nur an den Werktagen.

In den Ferien wird der Tunnelvortrieb wohl direkt unter dem Wirtemberg-Gymnasium ankommen. Dann wollen auch die Schüler mit ihrer AG-Lehrerin Tanja Dörfner extra in die Schule kommen und Erschütterung und Lautstärke messen. Später sollen noch Mitschüler befragt werden, ob und wie sie die Baustelle mitbekommen. In der Schublade wird das allerdings nicht verschwinden. „Mit diesem Projekt werden die Schüler im Regionalwettbewerb bei Jugend forscht – Schüler experimentieren im nächsten Jahr antreten“, sagt Dörfner.