Die Mär von Peter Pan und dem Wunderland der ewigen Kindheit hat das Kino schon oft verarbeitet. Die neueste Variante von Joe Wright drückt ständig aufs Gaspedal und klotzt mit Effekten. Das wird irgendwann zu viel.

Stuttgart - Der Rausch der Prequels, der Vorgeschichten zum Bekannten, befällt nicht mehr nur Comicverfilmungen, sondern auch die Klassiker der Kinderliteratur. In „Pan“ imaginieren der britische Regisseur Joe Wright und sein Drehbuchautor Jason Fuchs („Ice Age 4“) nun die Vorgeschichte des Jungen, der nie erwachsen werden wollte: Peter Pan.

 

J. M. Barries Kinderbuch hat das Kino schon öfter zum Weiterdenken über die Grenzen der Vorlage hinaus animiert. Steven Spielberg rückte in „Hook“ den Antagonisten der Geschichte ins Zentrum und ließ mit Robin Williams einen erwachsenen Peter Pan antreten. „Wenn Träume fliegen lernen“ von Marc Foster nahm sich sodann als fiktives Making-of die Entstehungsgeschichte des Buchs vor.

Und jetzt „Pan“: der Film macht sich daran, den biografischen Hintergrund des Jungen zu erhellen, der sich so beharrlich der Adoleszenz entzieht. Allzu tiefschürfende Erkenntnisse sollte man jedoch nicht erwarten, denn Wright ist mehr an einem Nimmerland-Spektakel interessiert als an psychologischer Forschungsarbeit.

Methode Gaspedal

Aus einem Londoner Waisenhaus wird Peter (Levi Miller) von Piraten auf einem fliegenden Schiff entführt, während sich am Himmel deutsche Weltkriegsbomber und britische Jagdflugzeuge in Schwindel erregenden 3-D-Animationen erbitterte Gefechte liefern. Was andere Filme im Finale verballern, wird hier schon in der ersten Viertelstunde verprasst. Aber auch danach geht der Film kaum je wieder vom Gaspedal.

Von einer Actionsequenz zur nächsten wird der junge Held gehetzt, der in einem monströsen Bergwerk des Piratenkönigs Blackbeard (Hugh Jackman) nach Feenstaub graben muss, sich gemeinsam mit dem Haudegen Hook (Garrett Hedlund) aus der Gefangenschaft befreit und zu den Eingeborenen der Insel flüchtet. Dort stellt sich heraus, dass der Junge mit dem Panflöten-Anhänger um den Hals ein – na, was wohl? – Auserwählter ist. Bevor er jedoch seinen Erlöserpflichten nachkommen kann, muss er noch das schwierige Verhältnis zur verstorbenen Feenmutter (Amanda Seyfried) klären, seine Berufung akzeptieren, die Höhenangst überwinden und die eigenen Flugfähigkeiten unter Beweis stellen.

Fehlende Qualitäten

Wie man aus Barries Kinderbuchklassiker, der so leichtfüßig ein breites Spektrum an Emotionen und Fantasien anspielt, einen derart standarisierten Fantasy-Brei anrühren kann, bleibt ein Rätsel: Mit optischer Opulenz will der Film die fehlenden erzählerischen Qualitäten wettmachen. Gigantisch sind also die Bergwerkslabyrinthe, in denen Kindersklaven schuften müssen, knallbunt ist die Welt der multikulturellen Eingeborenen, rauschhaft die 3-D-Animationen im Feenland.

Aber Joe Wright, der dem Kino wunderbare Romanadaptionen – „Abbitte“, „Stolz und Vorurteil“, „Anna Karenina“ – geschenkt hat, wirft hier vollkommen unpointiert und bewusstlos mit Effekten und Ausstattungsmaterial um sich. Ein Film wie eine Konfettikanone – aber wer möchte da schon 111 Minuten lang drunterstehen?

Pan. USA 2015. Regie: Joe Wright. Mit Levi Miller, Hugh Jackman, Garrett Hedlund, Amanda Seyfried, Paul Kaye. 111 Minuten. Ab 12 Jahren.