Frauen gehen mit dem Thema Wein anders um als Männer, weiß die Weinberaterin Rhena Köhler aus Stuttgart-Degerloch. Deshalb organisiert sie Weinseminare nur für Frauen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Rhena Köhler ist Weinberaterin und organisiert in Degerloch Weinseminare nur für weibliche Kundschaft. Jahrelange Beobachtungen im Verkauf haben sie dazu gebracht, denn Frauen und Wein sind ein ganz spezielles Thema, sagt sie.

 

Frau Köhler, Wein kaufen scheint immer noch eine Männerdomäne zu sein. Hat sich da etwas geändert?

Oft kaufen Frauen im Auftrag ihrer Männer ein. Frauen für sich ganz alleine erleben wir hier im Geschäft relativ selten. Das sind dann Stammkundinnen, die sich im Sortiment bereits auskennen.

Ist deren Kaufverhalten anders als das der Männer?

Sie kaufen für einen ganz bestimmten Zweck. Sie suchen ein Geschenk oder sie suchen einen Wein für einen Mädelsabend und sie legen großen Wert auf die Auswahl. Frauen gehen anders an das Thema Wein ran, sehr viel emotionaler. Sie wollen in erster Linie einen Wein, der ihnen selber schmeckt. Da ist es völlig egal, wie viele Auszeichnungen er hat und wo er herkommt. Sehr wichtig aber ist das Etikett und die Aufmachung der Flasche.

Ein schönes Etikett ist ein Kaufimpuls?

Bei Frauen schon. Bei Männern sind eher die Auszeichnungen und das Renommee der Lage wichtig. Das spielt bei Frauen keine Rolle. Die sind experimentierfreudig und sehr offen für Neues. Selbst wenn ein Wein etwas teurer ist, als sie es sich vorgestellt haben, sind Frauen eher bereit, dafür ein paar Euro mehr auszugeben, wenn die ganze Aufmachung künstlerisch gestaltet ist. Männer sind Etikettenkäufer im Hinblick auf den Preis, die Lage, den Winzer und Medaillen. Frauen sind es im Hinblick auf die Gestaltung. Sie gehen nach Gaumen und Auge.

Bei Männern mutet der Kauf eines Weines manchmal wie eine sakrale Handlung an. Und bei Frauen?

Sie wollen ihn schmecken und vielleicht mit fachlicher Hilfe beschreiben. Frauen schmecken und riechen den Wein übrigens anders als Männer, und sie charakterisieren das auch anders: oft sehr bildlich. Da fallen keine Begriffe wie Weinberg-Pfirsich oder Iris. Den typischen Weinsprech haben Frauen nicht. Sie haben keine Scheu einfach zu sagen: der ist lecker.

Haben Sie deshalb ein Weinseminar nur für Frauen organisiert?

Ja, denn nicht alle Frauen trauen sich in einer gemischten Gruppe, Fragen zu stellen, weil sie Angst haben, sich zu blamieren. In diesem Frauen-Weinseminar war die Atmosphäre ungehemmter, freier und lockerer. Es ging lustig zu. Die Teilnehmerinnen mussten keine Scham haben, wenn sie ein bestimmtes Geschmacksbild nicht wahrnehmen konnten, weil man dafür seinen Gaumen erst schulen muss.

Worüber wurde gesprochen?

Zum Beispiel über das richtige Glas. Wenn Wein die Musik ist, ist das Glas der Lautsprecher. Wir haben auch darüber gesprochen, welcher Wein zu welcher Speise korrespondiert. In diesem Block sind wir beispielsweise auf die Bitterstoffe und den Alkoholgehalt eingegangen. Was passt zu fetthaltigen Speisen, was zu kräftig gewürzten oder zu salzig, sauren oder süßen Speisen? Jede Rebsorte wie beispielsweise Riesling, Merlot, Sauvignon oder Primitivo hat ein besonderes Aromenspektrum – das mag man oder eben auch nicht. Das bekommt man am besten raus, indem man diese Weine rebsortenrein probiert.

Meistens stehen ja doch die Frauen am Herd, haben sie deshalb ein besonderes Gespür dafür was zusammenpasst?

Sie sind die besseren Weinbegleitungsfinder. Sie haben das alles schon einmal zubereitet – den Rehbraten oder den Salat mit Ziegenkäse – und wenn man kocht, kostet man anders, als wenn man es auf dem Teller serviert bekommt. Deshalb gehen Frauen oft sehr treffsicher bei der Auswahl des Weines zu einem bestimmten Gericht vor.

Was hat die Teilnehmerinnen motiviert zu kommen?

Also eine sagte: Mir schmeckt überhaupt gar kein Wein. Das war natürlich der Lacher, weil sich jede gefragt hat, weshalb sie dann bei einem Weinseminar dabei ist. Sie wollte aber bewusst an das Thema Wein herangeführt werden. Das ist schließlich sehr gut gelungen, weil sie durch das Seminar ein paar Lieblingsweine gefunden hat. Sie hat dann am Schluss zugegeben, dass sie bislang nur sehr preiswerte Weine getrunken hatte, aber noch nie solche aus handwerklicher Herstellung.

Kommt das Weinseminar für Frauen fest ins Programm des Weinmusketier, der Weinhandlung in Degerloch, für die sie arbeiten?

Im November wird noch einmal eines stattfinden. Einmal im Jahr wird es künftig sicher eines geben.