Andreas Damson ist Globetrotter – beruflich und privat. Reisen sind für ihn Abenteuer, keine Wellnesstrips, und er bevorzugt die bislang vom Massentourismus verschonten Orte. Am interessantesten, sagt er, seien die Menschen, die er trifft.

Sonnerberg - In der großen Weltkarte an der Wand stecken unzählige kleine, bunte Stecknadeln. Vor allem im europäischen Raum sieht man die Karte vor lauter Pins fast nicht mehr. Die roten Stecker markieren Hauptstädte, die schwarzen andere Städte, die Andreas Damson schon bereist hat. „Außer in Europa, da sind mir die schwarzen Pins ausgegangen“, sagt Damson und lacht. Man könnte sich stundenlang anschauen, welche Städte auf der Karte markiert sind – es sind Hunderte. Noch mehr Stunden könnte man damit verbringen, Andreas Damsons Reisegeschichten aus der ganzen Welt zu hören.

 

Reisen zu den Leben Anderer

Damson entspricht dem Bild eines klassischen Weltenbummlers: Der 53-Jährige ist ein gelassener Typ, der in seinem spärlich eingerichteten Wohnzimmer nicht nur die Weltkarte voller Stecknadeln, sondern auch eine große Maske aus Sierra Leone an der Wand hängen hat. Viele Jahre hat er in einer Band gespielt und will bald eine neue gründen – mit Schwerpunkt Ethno-Musik. Aus seiner Hosentasche zieht er nicht das neueste Smartphone, sondern ein kleines Klapphandy. „Ich muss nicht immer erreichbar sein“, sagt er. Anrufe und SMS müssen genügen – E-Mails und Internet haben auf seinem Mobilgerät nichts zu suchen. Trotzdem ist er nicht altbacken. „Ich habe einfach eine gute Work-Life-Balance,“ sagt er. Bereits mit fünf Jahren haben ihn die Freiheit und das Leben draußen fasziniert. „Ich bin schon immer im Herzen ein Hippie“, sagt er. Seit drei Jahren sieht man das auch an seiner Frisur. „Das ist mein Statement – ich bin der Geschäftsmann mit den Dreadlocks“, sagt er.

Der Sonnenberger ist in der Landeshauptstadt aufgewachsen und hat schon zu Schulzeiten seine ersten Rucksack-Reisen angetreten. Am allerbesten gefällt es Andreas Damson in Madagaskar. „Als ich da zum ersten Mal war, dachte ich, hier bin ich zuhause“, sagt er und lächelt. „Ich dachte immer, dass das Gefühl im Lauf der Jahre nachlässt – hat es aber nicht.“ Die Insel ist ungefähr doppelt so groß wie Deutschland und hat rund 20 Millionen Einwohner. Damson war bereits 14 Mal dort, einmal sogar für ein halbes Jahr. „Das Tollste sind die Menschen“, sagt er, „es ist irgendwie eine friedliche Welt dort, weil die Leute so gutmütig sind“. Sogar seine Magisterarbeit in Ethnologie hat er über die Insel geschrieben – genauer gesagt über einen bis dahin unbekannten Jäger- und Sammlerstamm. „Wochenlang habe ich die ganze Region abgeklappert, bis ich den Stamm gefunden habe“, erzählt Damson. „Ich war nur einen Tag dort und danach nie wieder, weil die Menschen dort so isoliert leben und es echt die lebensfeindlichste Region ist, die man sich vorstellen kann.“ Dennoch habe ihm dieser sagenumwobene madagassische Stamm das Studium gerettet. Andreas Damson hat in Tübingen studiert, als Reiseleiter gearbeitet und später den Reiseveranstalter „Travel to Life“ gegründet, der unter anderem in Sonnenberg ein Büro hat.

Nordkorea muss er noch abklappern

Bei diesem Reiseveranstalter gibt es keinen Strandurlaub auf Hawaii zu buchen, sondern überwiegend Erlebnisreisen in außergewöhnliche Länder – genauso sehen auch die eigenen Reisepläne des Geschäftsführers aus: Es darf keinesfalls langweilig sein. Deshalb ist Damson auch noch nie in Neuseeland gewesen – dort sei es ihm einfach nicht spannend genug. „Aber irgendwann werde ich da natürlich auch noch hingehen“, sagt er. Und wenn es nur deshalb ist, damit er die Insel auf seiner Karte mit einem Pin versehen kann, und die Leute nicht mehr sagen können: „Da warst du ja noch gar nicht!“.

Dem Weltenbummler gefällt es aber natürlich auch zuhause in Sonnenberg. „Ich habe es mal zusammengezählt und kann jetzt sagen, dass ich so 80 bis 90 Tage im Jahr unterwegs bin, das ist eigentlich eine ideale Zahl“, sagt Damson. Denn so kann er auch manchmal mehrere Wochen am Stück zuhause sein. „Aber dann freue ich mich auch wieder darauf, wegzugehen“, sagt er. Dazu gehören natürlich auch private Reisen. Die sehen bei dem abenteuerlustigen Mann oft so aus, dass er einen Flug bucht, seinen Rucksack schnappt und alles andere erst vor Ort regelt. „Natürlich mache ich mit meiner Frau auch manchmal All-inclusive-Urlaub und liege zwei Wochen einfach nur am Strand“, sagt er. Das sei dann der Unterschied zwischen Urlaub und Reisen.

Auf der großen Weltkarte in seinem Wohnzimmer sind nicht nur schwarze und rote Pins zu sehen, sondern auch kleine Fähnchen sind angebracht. Die markieren die Orte, die als nächstes auf Damsons Reiseliste stehen: die kapverdischen Inseln, Tschad, Nordkorea und Bhutan. In dem südasiatischen Königreich gibt es ein Grundrecht auf Lebensglück.

Damsons Lebensglück wäre es, wenn sich Menschen nicht als Feinde sähen. „Ich versuche immer, das Positive im Menschen zu suchen, weil ich glaube, dass es keine schlechten Menschen gibt“, sagt Damson, „das ist eine Art Arbeitshypothese von mir und bis jetzt konnte ich sie nicht widerlegen“. Kommendes Jahr steht wieder Madagaskar auf dem Plan: „Damit ich mal wieder nach Hause komme.“