Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Ausgerechnet Verdi wurde außen vor gehalten – in der Sorge, sonst gar keine Kooperation zustande zu bringen. Seither arbeitet die IG Metall an einem bilateralen Vertrag mit der Nummer zwei im DGB – ein zähes Geschäft, denn er sollte eigentlich schon erledigt sein. Die Vereinbarung sei noch „in der Mache“, heißt es nun bei der IG Metall. Kocsis hatte allerdings schon in Leipzig deutlich gemacht, dass Verdi „nicht um jeden Preis“ unterschreiben werde. „Wir werden uns nicht hinstellen und sagen: nehmt ruhig alles – wir haben kein Interesse.“

 

Das Abkommen wäre angesichts der vor Ort mitunter so feindseligen Atmosphäre von hohem Wert für das Gewerkschaftslager. Dort brodelt es seit Jahren. „Der DGB, eigentlich dazu berufen, Konflikte solcher Art zu schlichten, steht ohnmächtig daneben“, analysierte Detlef Hensche, der frühere Vorsitzende des Verdi-Vorgängers IG Medien, jüngst in einem Aufsatz. Das dafür im DGB vorgesehene Schiedsverfahren werde von den Parteien nicht angerufen und bleibe ungenutzt. Dies nähre den Verdacht, so Hensche, „dass einige Gewerkschaften, darunter die IG Metall, dem Tarifeinheitsgesetz in der Erwartung zugestimmt haben, ihr Terrain mit Hilfe betrieblicher Mehrheiten sichern zu können und so vollendete Tatsachen zu schaffen“.

Ein Kapitän ohne eigenes Schiff

Auch DGB-Chef Reiner Hoffmann will an der Spitze der Veränderung stehen – er fragt, ob man angesichts von Digitalisierung und Demografie noch richtig aufgestellt sei. Doch Hoffmann ist ein Kapitän ohne eigenes Schiff. Die großen Tanker auf einen neuen Kurs zu bringen, fällt ihm schwer. So arbeitet die ohnehin eigenständige IG Metall immer mehr an ihrer Unabhängigkeit vom Dachverband – mit ihrer politischen Arbeit und organisatorisch. In Frankfurt beschloss sie sogar eine Satzungsänderung, wonach „die Vorschriften der Satzung des DGB oder Beschlüsse ihrer Organe die IG Metall binden, insoweit sie der IG-Metall-Satzung oder den Beschlüssen ihre Organe nicht entgegenstehen“. Frei nach dem Motto: Wenn uns etwas nicht passt, wie eine Entscheidung des DGB-Schiedsgerichts zum Beispiel, dann machen wir unser eigenes Ding. Hensche nennt Schiedssprüche ohne Verbindlichkeit „eine Farce“. Da dieser Frankfurter Beschluss der DGB-Satzung widerspricht, müsste die IG Metall – in der Theorie – sogar ausgeschlossen werden.