Brigitte Meier hat schon viele Orte als Heimat gehabt – wenn man diese als Aufenthaltsort versteht. Seit 2009 ist sie wieder in der Stadt – und sie hat in dieser Zeit zwei Großprojekte geprägt: die Fundraisingaktion „Dein Stein hilft“ und den Weltladen.

Gerlingen - Sie ist Fränkin. Mit rollendem R. Genauer gesagt: sie stammt aus Mittelfranken. Und was sie macht, das macht sie gründlich und genau. Deshalb sagt sie auch, „ich komme gebürtig aus Fürth“. Sie könnte auch eine Schwäbin sein. Denn sie schaut auf den Pfennig; und dass sie schaffen kann, hat sie in Gerlingen mit ihrem Ehrenamt genug bewiesen.

 

Ohne Brigitte Meier wäre die Petruskirchengemeinde arm dran, und das ist wörtlich zu verstehen. Die 56-Jährige hat 2010 bis 2013 die Geldsammelaktion „Dein Stein hilft“ für die Kirchenrenovierung organisiert (Ergebnis: 602 000 Euro), dafür einen Preis der Landeskirche und den Spitznamen „Miss Fundraising“ bekommen.

Ihr jüngstes Kind, nach den 28 und 30 Jahre alten Töchtern, heißt Weltladen. Der ist gerade ein Jahr alt geworden. Die Organisation des Geschäfts für fair gehandelte Produkte ist für sie fast ein Vollzeitjob – obwohl, oder gerade weil 30 Leute mitarbeiten. Aber sie macht das aus innerer Überzeugung, ohne Entlohnung.

In den siebziger Jahren hat Brigitte Meier eine Lehre als Industriekauffrau absolviert und bei einem Weltkonzern gearbeitet – dessen Hauptsitz nicht auf der Gerlinger Schillerhöhe ist. Was es braucht, um dort in leitende Positionen aufzusteigen, hat die Familie Meier miterlebt: von 1985 an wohnte man wegen des Arbeitsortes des Ehemannes und Vaters zwei Jahre lang in Gerlingen, dann ein paar Jahre lang im Allgäu („da hat es uns gut gefallen“), dann in London, und seit 2009 wieder in Gerlingen. Ihren Job hat Meier aufgegeben, als die erste Tochter sich Mitte der Achtziger ankündigte. Seither bezeichnet sie sich nicht als Hausfrau, wie viele andere Frauen das tun, sondern als „Familienmanagerin“. Oft wird darüber gelächelt, aber sie steht dazu – weil sie den Begriff ernst meint. Ihre Zeit gut einteilen muss sie nicht erst, seit sie sich in Ehrenämtern engagiert, die zeitaufwendig sind und meist mit dem evangelischen Bereich zu tun haben.

Mit Kinderkreisen und Frauenfrühstück hat das angefangen, das Konfirmandenbistro im Petrushof läuft jeden Mittwoch mit 60 Mittagessen. Auch im Kirchengemeinderat hat sie Sitz und Stimme.

„Gerlingen ist uns zur Heimat geworden“, sagt Brigitte Meier, aber sie sagt auch: „Das Zuhause ist dort, wo die Eltern sind. Solange die Eltern noch leben, fahre ich nach Hause.“ Das würden auch ihre Töchter so empfinden, „auch sie haben einen Bezug zu Mittelfranken“. Beide seien übrigens nach dem Studium wieder nach Gerlingen zurückgekehrt. Nicht nur, weil man Heimat in Franken, London oder Gerlingen verorten kann, hat Meier ihre Mitstreiter im Weltladen davon überzeugt, dass dieser sich an der Aktion „face to face – Heimat hat viele Gesichter“ beteiligt, die noch bis 1. Oktober in Gerlingen läuft.

Produkte aus Thailand, Peru und Palästina

Auch der Laden erzählt von Heimat: die Produkte, seien es Schmuckstücke aus Thailand, Kaffee aus Lateinamerika, Taschen oder Tücher aus Entwicklungsländern, Kakao aus Peru, Grüner Tee aus Indien, Kokosöl aus Sri Lanka oder Olivenöl aus Palästina, geben Hinweise auf ihre Produzenten. „Mit dem Kauf unterstützen Sie Menschen, daheim zu bleiben und dort anständig leben zu können“, sagt Brigitte Meier – und das klingt nicht nach einem in einer Schulung gelernten Spruch.

Im Laden werden all diese Produkte in einer wohltuenden Atmosphäre, in hellem neuen Mobiliar angeboten. Bei „face to face“ präsentierten sich der Laden, sein Sortiment und seine ehrenamtlichen Verkäuferinnen auch, um die Hintergründe des fairen Handels den Menschen nahezubringen. Es gehe nicht in erster Linie ums Verkaufen, meint Meier. „Der Laden ist noch nicht in allen Gerlinger Köpfen drin.“

Die Fäden bleiben in ihrer Hand

Die Gaben der Fränkin werden im Weltladen ebenso deutlich wie bei der Aktion „Dein Stein hilft“: Sie kann organisieren, Leute für ihre vielen Ideen und zur ehrenamtlichen Mitarbeit begeistern, delegieren und dennoch die Fäden in der Hand halten. Sie sagt das so: „Wenn ich etwas mache, dann will ich, dass etwas dabei rauskommt und dass es gut wird.“

In der Petruskirche steht 2017 der zweite Sanierungsabschnitt an, für den viel Geld nötig ist. Wird „Miss Fundraising“ wieder mit der imaginären Sammelbüchse herumgehen? „Ich hab’ dazu ganz klar nein gesagt, als die Gründung des Ladens noch gar nicht klar war, und jetzt muss jemand anders ran.“ Sie habe dafür jetzt keine Zeit mehr, vor allem wegen des Ladens, der bereits eine Filiale im Gymnasium hat. Und zweitens könne sie „die erste Aktion gar nicht toppen“. Gute Ratschläge ja, aber nicht mehr. Bleibt als Trost nur: bei der zweiten Aktion ist nur noch halb soviel Geld nötig wie bei der ersten. Aber auch 300 000 Euro sind ein hohes Ziel. Um dies zu erreichen, verlangen professionelle Fundraiser viel Geld. Brigitte Meier muss jetzt los. Noch kurz im Gemeindebüro reinschauen. Am Nachmittag ist der nächste Termin. Und zwischendurch ist auch noch zu tun.