Der Kessel hat kulinarisch einiges zu bieten. Ganz vorne mit dabei: die Maultasche. Die beste Erfindung aller Zeiten, wie unser Autor findet. Eine Liebeserklärung an den schwäbischen Klassiker.

Stuttgart – Sie ist immer für mich da, wartet daheim auf mich, in größter Not (also wenn ich hungrig bin) ist sie stets griffbereit und jederzeit dazu bereit, gebraten oder in einer wärmenden Brühe gekocht zu werden. Ja, ich rede von der Maultasche – der wohl besten Sache, die der schwäbischen Küche je passieren konnte. Denn kein anderes Gericht hat mein Leben so bereichert wie dieses kulinarische Highlight aus dem Schwabenland. Ob selbstgemacht, in einer von Stuttgarts exzellenten Weinstuben oder – wie es bei mir am häufigsten der Fall ist – frisch aus dem Kühlregal. Maultaschen gehen immer. Ob Sommer, Winter, Lockdown oder an einem Tag mit Kater, als man noch feiern gehen konnte – die Maultasche ist mein ständiger Begleiter, mein treuer Weggefährte.

 

Vom Kloster in den Kessel

Der Legende nach wurde die Maultasche im Kloster Maulbronn erfunden. Da in der Fastenzeit auf Fleisch verzichtet werden sollte, hat ein gewiefter Mönch eben dieses in einem Teigmantel versteckt, damit es „der Herrgott“ nicht sieht. Die kulinarische Geburt der Maultasche, die aus diesem Grund auch den Namen „Hergottsbscheißerle“ trägt. Swabian Engineering at its best. Warum sind wir so stolz auf irgendwelche Autos, wenn wir im Schwabenland auch die Maultaschen erfunden haben? Und jedes Mal, wenn ich auf der Autobahn an der Ausfahrt nach Maulbronn vorbeifahre, nehme ich mir vor, dass ich irgendwann jenes sagenumwobene Kloster besuchen werde. Um Danke zu sagen, für die wohl großartigste Erfindung aller Zeiten.

Offenbarung im Teigmantel 

Das Grundrezept für Maultaschen ist recht simpel. Ein bisschen Teig, ein bisschen Brät oder Gemüse, ein paar Gewürze. So simpel und doch so genial. Für mich ist die Maultasche nicht einfach nur ein typtisch schwäbisches Gericht, nein, für mich ist die Maultasche eine Offenbarung im feinen Teigmantel. Richtige Schwaben mögen jetzt entsetzt sein, dass ich bei meinem Maultaschenkonsum auch gerne zum gut gekühlten Fertigprodukt greife. Schuldig! Doch absolut kein Besuch im Supermarkt kann bei mir vonstattengehen, ohne dass ich ein paar Maultaschen mitnehme. Wie sie da im Licht des Kühlregals erstrahlen, da kann ich einfach nicht widerstehen, niemals! Und so gehen einige Kassiererinnen und Kassierer im Supermarkt meines Vertrauens inzwischen fest davon aus, dass ich mich hauptsächlich von Maultaschen ernähre. Und ja, das ist korrekt! Was für andere das Brot ist, sind für mich die Maultaschen – ein Grundnahrungsmittel. Dementsprechend schockiert bin ich dann auch immer wieder von der Tatsache, dass es in anderen Regionen Deutschlands keine Maultaschen im Supermarkt zu kaufen gibt. Und dementsprechend gering ist auch meine Bereitschaft, das Schwabenland jemals zu verlassen. 

Das Gericht der unbegrenzten Möglichkeiten 

Ob Maultaschen in der Brühe, mit Kartoffelsalat (natürlich ohne Mayo) oder in der Studenten-Version (einfach nur mit Ketchup) – die "Herrgottsbscheißerle" sind bei mir schon in allen Lebensphasen und Variationen auf dem Teller gelandet. Und damit meine Beziehung zu den Maultaschen weiterhin aufregend bleibt, bastle ich immer wieder an neuen Ideen, wie ich den schwäbischen Klassiker in Szene setzen kann. Ob überbacken als Auflauf oder als edle Zutat im Shakshuka – die Maultasche ist das Gericht der unbegrenzten Möglichkeiten. Und egal, wie sie daherkommt, lecker ist sie immer. Außer vielleicht mit Ketchup, das muss heute wirklich nicht mehr sein!

Aber bitte mit Maultaschen 

Als im letzten Jahr die Pandemie den Kessel erreicht und die Menschen zu Hamsterkäufen animiert hat, habe ich nicht Klopapier oder Nudeln en masse gekauft, nein, bei mir sind einige (okay, sehr viele) Packungen Maultaschen im Einkaufskorb und später in meinem Gefrierfach gelandet. Sicher ist sicher. Und nein, ich habe meine Maske nicht "Maultäschle" genannt. Aber wenn die Welt schon aus den Fugen gerät, dann doch bitte mit Maultaschen. Ti Amo, Maultasche!