Der Eine-Welt-Laden wird 30 Jahre alt. 60 Aktive haben ihn zum größten im Landkreis gemacht.

Weil der Stadt - Wenn der Eine-Welt-Laden ruft, sind die Distanzen groß. Makhanna John Tau ist aus Lesotho, dem kleinen Land in Südafrika, nach Weil der Stadt gekommen und damit immerhin 9000 Kilometer weit angereist. Makhanna John Tau ist der erst Gast dieses ganz besonderen Jahres, in dem der Eine-Welt-Laden sein 30-jähriges Jubiläum feiert.

 

Eindrucksvoll hat er vom Leben in diesem bitterarmen Gebirgsland berichtet, aber auch von dem Projekt, mit dem die Weil der Städter eine Schule unterstützen und Kindern damit Bildung ermöglichen. Begleitet wurde der frisch pensionierte Lehrer von Iris Eberl, die früher gemeinsam mit ihrem Mann dazu beitrug, dass sich John Tau für diesen Beruf qualifizieren konnte.

Das Herz von Iris Eberl aus Bremerhaven schlägt für Lesotho, seit sie mit ihrer Familie einige Jahre für ein ein Entwicklungshilfeprogramm dort war. Immer wieder reist sie dorthin. Tau und Eberl schilderten das ärmliche Leben in diesem von Aids geplagten Land, aber auch, was Hilfe von außen möglich machen kann: Kinder und Jugendliche bekommen mit finanzieller Unterstützung die Chance, die High School, eine Sekundarschule, bis zum Abschluss zu besuchen.

Vor 30 Jahren begann die Förderung der Pitseng High School

Schon kurz nach der Gründung des Weil der Städter „Vereins Partnerschaft mit der Dritten Welt – Eine-Welt-Laden“ (wie er richtig heißt) vor 30 Jahren begann die Förderung der Pitseng High School und ihrer Schüler. Zuletzt wurden mit Vereinsmitteln zwei kleine Häuser gebaut, in denen inzwischen 16 Jungen wohnen, die von dort zur Schule gehen.

Diese Schule in Lesotho ist nicht das einzige Projekt, für das sich der Verein engagiert. So werden in einem Armenviertel von Arequipa in Peru Kinder und Familien unterstützt, in Perus Hauptstadt Lima fließen Gelder in ein Projekt zur Bekämpfung der Prostitution und Hilfe für Frauen und Mädchen, in Guatemala lernen Jugendliche, die Maya-Kultur zu bewahren und im südindischen Bundesstaat werden Frauen und Mädchen in dörflichen Siedlungen unterstützt, als Kleinstunternehmerinnen tätig zu sein.

Für die insgesamt fünf Projekte, zu denen die Vereinsmitglieder auch selbst enge Beziehungen haben, konnten 2018 monatlich rund 3000 Euro zur Verfügung gestellt werden. Immer wieder seien Vereinsmitglieder in diesen Ländern vor Ort – auf eigene Kosten natürlich, wie der Vereinsvorsitzende Günter Hornung betont.

Günter Hornung, der vor seiner Pensionierung als Projektmanager in der IT-Branche arbeitete, begleitet zusammen mit seiner Frau Irmgard den Verein schon seit dessen Gründung vor 30 Jahren. Das Fördern von konkreten Projekten sei von Anfang an eines der Ziele gewesen. Außerdem galt es damals wie auch heute noch, die Entwicklung eines fairen Handels zu ermöglichen sowie ein Bewusstsein darüber zu schaffen, „wie unser Verhalten mit den Verhältnissen in den Entwicklungsländern zusammenhängt“, erklärt Hornung.

35 Hilfsprojekte mit 815 000 Euro

Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte seien insgesamt 35 Hilfsprojekte mit einem Gesamtvolumen von 815 000 Euro unterstützt worden. Jährlich fließen etwa 41 000 Euro in die verschiedenen Engagements. Dazu tragen auch Spenden und Mitgliedsbeiträge bei sowie gelegentliche Unterstützung durch das Landratsamt. Ein Gutteil des Geldes stammt aber aus den Verkaufserlösen des Eine-Welt-Ladens in der Pfarrgasse 8. Dort ersteht die Kundschaft in erster Linie Kaffee, Süßigkeiten und Käsegebäck, im Angebot ist aber auch viel Kunsthandwerk. Übrigens gibt es auch einen Pidecafé aus Peru mit einem bunten Aufdruck als Kepler-Kaffee und davon sogar noch eine Fasnachts-Variante.

60 bis 70 Leute engagieren sich ehrenamtlich im Laden, der Verwaltung und der Buchhaltung, und 200 weitere Menschen sind passives Mitglied im Verein. Der jährliche Nettoumsatz des Eine-Welt-Ladens liegt zwischen 120 000 und 140 000 Euro – gemessen am Umsatz ist es der größte der 15 Welt-Läden im Kreis Böblingen. „Dass die Waren fair gehandelt und sozial verträglich produziert werden, ist uns sehr wichtig“, sagt Günter Hornung.

Die Mitarbeiterinnen im Verkauf arbeiten alle ehrenamtlich, ebenso wie die vielen Helfer im Hintergrund. Der Erlös kommt also den lokalen Produzenten zugute. Mit den Einnahmen aus dem Verkauf ihrer Waren können die Menschen ihre Kinder in die Schule schicken und selbst für den Krankheitsfall vorsorgen, beschreibt der Vereinsvorsitzende die Auswirkungen des fairen Handels.

Übrigens steht der Verein in Weil der Stadt nicht alleine da. Die Stadt selbst ist schon seit 2014 Fairtrade-Stadt, viele Geschäfte, Vereine, Schulen und die Kirchengemeinden – und seit vergangener Woche auch das Kepler-Gymnasium – engagieren sich dabei ebenfalls mit Aktionen.

Nächste Aktionen

Im Jubiläumsjahr hat der Verein einige besondere Veranstaltungen geplant. Nächster Programmpunkt ist die Aktion „Bekannte Weil der Städter fair-kaufen“. Den Auftakt macht am 7. März der Bürgermeister Thilo Schreiber, der zwischen 10.30 und 12.30 Uhr hinter der Ladentheke steht. Vom 9. bis 28. März präsentiert das Geschäft unter dem Stichwort „Bunt und fair in den Sommer“ Mode aus Ghana und Bolivien. Neben weiteren Aktionen wird es am 19. September ein Jubiläumsfest mit Konzert im Klösterle geben.