Ein neues Buch legt nahe, dass Ex-AWD-Chef Carsten Maschmeyer die Ausgestaltung der Riester-Rente mitgestalten wollte. Dazu nutzte er offenbar im Jahr 2005 seinen Einfluss auf Kanzler Gerhard Schröder.

Berlin - Gerhard Schröder hat bekanntlich ein dickes Fell. Er hat bewiesen, dass es ihm für ein gutes Geschäft egal ist, wenn seine Reputation als Elder Statesman darunter leidet. Und so ist anzunehmen, dass den Altkanzler auch die Enthüllungen der „Stern“-Reporter Oliver Schröm und Wigbert Löer nicht jucken, die ihre Recherchen über die engen Kontakte Schröders zu dem schillernden Finanzunternehmer und Multimillionär Carsten Maschmeyer in dem Buch „Geld Macht Politik“ niederschrieben. Für Maschmeyer, während Schröders Amtszeit Vorstandsvorsitzender des AWD (Allgemeiner Wirtschaftsdienst), war die von Rot-Grün verantwortete Einführung der privaten Altersvorsorge „Riester-Rente“ ein Riesengeschäft, das er selbst einmal als sprudelnde Ölquelle bezeichnete.

 

Die Autoren beschreiben, wie sehr sich Maschmeyer offenbar mühte, Schröder mit Schmeicheleien zu umgarnen. Sie legen den Verdacht nahe, dass er so die Reform zu seinen Gunsten verändern wollte. Sie zitieren aus Mails, Briefen und anderen Dokumenten. Diese lassen vermuten, dass Schröder seinen Freund sogar persönlich um Rat bat, wie denn die Riester-Reform verändert werden sollte. Den Autoren liegt angeblich ein Brief an Schröders Privatadresse in Hannover vor, in dem Maschmeyer im Juni 2003 schreibt: „Ihrem Wunsch, einen pragmatischen Vorschlag zu formulieren, Millionen von Bundesbürgern von den Vorteilen der Riester-Rente zu überzeugen und für eine große Akzeptanz in der Bevölkerung zu sorgen, komme ich gern nach“. 2005 trat eine Reform der Riester-Rente in Kraft, von der Finanzdienstleister wie AWD erheblich profitierten.

Handschlaggeschäft unter Männern

Den Unterlagen zufolge soll Maschmeyer dem Altkanzler außerdem noch während dessen Amtszeit im August 2005 mit einem „Handschlaggeschäft“ versprochen haben, ihm im Falle seiner Abwahl die Rechte an seinen Memoiren abzukaufen. Dass zwischen Maschmeyer und Schröder in dieser Angelegenheit nach der Wahl tatsächlich Geld floss, ist zwar nicht neu. 2013 sprach Maschmeyer in der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ aber noch von einer Million Euro. Dem Reporterteam zufolge sollen es aber rund zwei Millionen Euro gewesen sein. Eine Sprecherin Maschmeyers räumte dies gegenüber der Deutschen Presseagentur indirekt ein. Sie sagte, die Abweichung sei eine „Darstellungssache“. Nach Abzug aller Steuern und Abgaben bliebe die bekannte Summe von einer Million übrig.

Juristisch, das räumen auch die Autoren ein, wird man Schröder wohl nichts anhaben können. Er kann als Privatmann Geschäfte abschließen, mit wem er will, und keiner kann Maschmeyer vorschreiben, wie viel ihm die Memoiren Schröders wert sind. Es ist aber zweifelhaft, dass Maschmeyer dem Motiv gefolgt ist, mit der Veröffentlichung des Buches „Entscheidungen“ Geld zu verdienen. Üblich sind in der Branche deutlich niedrigere Beträge. Die Leiterin Sachbuch des Droemer-Verlags, in dem das Buch der „Stern“-Reporter erschien, schätzt, dass ihr Verlag bereit gewesen wäre, für die Schröder-Memoiren um die 300000 Euro zahlen. Politiker, die in einer Liga mit Peer Steinbrück spielen, werden von Branchenkennern auf 250 000 Euro taxiert. Der Autor Oliver Schröm sagt, Maschmeyer habe vom Verlag Hoffmann und Campe, in dem die Schröder-Memoiren letztlich erschienen, eine Million Euro Vorschuss erhalten. Die zweite Million wurde laut Schröm nie eingespielt, dafür hätten weit über 400 000 Exemplare verkauft werden müssen.

Schröder schweigt. Er handelt in solchen Fällen stets nach dem Motto: Was kümmert’s den Mond, wenn der Hund ihn ankläfft. Aber der SPD machen solche Berichte zu schaffen. Der Partei fällt es immer schwerer, die Lebensleistung Schröders zu würdigen. Viele Genossen empörte die Bereitschaft Schröders, sich unmittelbar nach Amtsende seine Beziehungen von seinem Freund Wladimir Putin mit einem Engagement als Aufsichtsratsvorsitzender des Pipeline-Projekts North Stream vergolden zu lassen. Dass sich der Putin-Angestellte Schröder im vergangenen Jahr in der Ukraine-Krise dann auch noch öffentlich klar auf Seiten des russischen Präsidenten positionierte, machte es nicht besser.