Die Lösung beim Familiennachzug ist erstaunlich – sie beruhigt aber weder SPD- noch Unionsanhänger. Die Enttäuschung ist auf beiden Seiten programmiert und wird für Ärger sorgen, kommentiert Berlin-Korrespondent Christopher Ziedler.

Berlin - Bei kaum einem anderen Thema prallen die Weltanschauungen in der Berliner Politik derart hart aufeinander: Die Union, die den Atem der AfD im Nacken spürt, will den Familiennachzug bei Flüchtlingen begrenzen. Die Christdemokraten wissen, dass viele ihrer abgewanderten Anhänger den Nachzug als Beweis dafür sehen, dass die gesunkenen Asylbewerberzahl nur die halbe Wahrheit sind. Während die Union also in diesem Punkt Härte zeigen will, stellten in den Jamaika-Gesprächen die Grünen und jetzt die SPD den Wert der Familie auch für eine gelingende Integration in den Vordergrund. Angesichts dieser Ausgangslage ist die Einigung erstaunlich und lobenswert.

 

Enttäuschung der Anhänger

Die Enttäuschung der jeweiligen Anhänger ist dennoch programmiert. CDU und CSU halten ihre Zusage nicht ein, dass der Familiennachzug zu subsidiär Geschützten ausgesetzt bleibt, da von August an 1000 Angehörige pro Monat nach Deutschland geholt werden dürfen. Die Genossen wiederum, deren Parteichef Martin Schulz eine großzügige Härtefallregelung versprochen hatte, müssen nun auf eine bereits existierende Praxis verweisen, die 2017 gerade mal 66 Personen mehr ein Familienwiedersehen ermöglich hat. Das kann ein Faktor beim SPD-Mitgliederentscheid werden. Schwarze und Rote haben sich geeinigt – der Streit wird weitergehen.