Nach der Potsdamer Tarifeinigung für den öffentlichen Dienst werden die Einkommen der Länderbeschäftigten in drei Schritten im Umfang von acht Prozent angehoben. Insbesondere Pflegekräfte stehen vor einem Gehaltssprung von mehreren hundert Euro.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Potsdam - Ein stattliches Tarifpaket haben die Länder-Arbeitgeber und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes am Samstagabend in Potsdam geschnürt. Vereinbart wurde eine Anhebung der Gehälter im Gesamtvolumen von acht Prozent über eine lange Laufzeit von 33 Monaten – die etwa eine Million Beschäftigten sollen jedoch mindestens 240 Euro mehr im Monat verdienen. Die Eingangsgehälter werden überdurchschnittlich angehoben: um insgesamt rund 10,6 Prozent. „Das ist das beste Ergebnis im Länderbereich seit ganz vielen Jahren“, frohlockte Verdi-Chef Frank Bsirske nach seinem letzten Tarifabschluss, bevor er im September aufhört. Das Paket im Überblick.

 

Wie setzt sich Lohnplus zusammen? Rückwirkend zum 1. Januar 2019 werden die Entgelte der Landesbeschäftigten im Gesamtvolumen von 3,2 Prozent erhöht – davon sind 3,01 Prozent für die sogenannte lineare Anhebung vorgesehen. Der Minimumzuwachs beträgt hier 100 Euro. Zum 1. Januar 2020 gibt es weitere 3,2 Prozent im Volumen (3,12 Prozent linear und mindestens 90 Euro) sowie zum 1. Januar 2021 noch 1,4 Prozent (1,29 Prozent linear und mindestens 50 Euro). Darüber hinaus gibt es eine Aufwertung der Einstiegsgehälter (Stufe eins der Entgelttabelle) in allen 15 Entgeltgruppen, um den Landesdienst für Neueinsteiger lukrativer zu machen. Diese Aufwertung beträgt im Volumen rund elf Prozent und erfolgt in zwei Schritten zum 1. Januar 2020 sowie 1. Oktober 2020. Bsirske zufolge profitieren davon insbesondere die unteren und mittleren Lohngruppen.

Was gewinnen Pflegekräfte und Lehrer? Verdi hatte für jede Pflegekraft zusätzlich 300 Euro auf die Lohnerhöhung gefordert, konnte dies aber nicht durchsetzen. Nunmehr erhält jeder Beschäftigte in dem Bereich jeweils 120 Euro zusätzlich im Monat. Bsirske sprach von Mindestzuwächsen für Pflegekräfte von 420 Euro in der Einstiegslohngruppe und von 520 Euro in höheren Gruppen. „Spektakulär“ findet er dies. Irene Gölz, Verdi-Landesfachbereichsleiterin im Gesundheitswesen, verweist auf die Vorarbeit der Bundesregierung, die mit dem Pflegestärkungsgesetz den Tarifparteien die Aufwertung der Pflegeberufe ermöglicht hätte. Diese Chance sei im Länderbereich erstmals genutzt worden.

Die Bildungsgewerkschaft GEW nennt es ein „wichtiges Signal“ für die 12 000 angestellten Lehrkräfte im Südwesten, dass „sie endlich genauso eingruppiert werden wie die verbeamteten Kollegen“. Die Zulage steigt von derzeit 30 Euro um 75 auf 105 Euro. Die Erzieher im Landesdienst, vor allem an den Heimsonderschulen, werden künftig wie die Kollegen in den Kommunen bezahlt. Das ist ein deutliches Zeichen der Anerkennung der gesellschaftlich wichtigen Arbeit, die Erzieherinnen sowie Sozialarbeiter und Sozialpädagogen leisten.

Wie endet der Grundsatzsstreit um die Entgeltordnung?

„Den Frontalangriff der Länderarbeitgeber auf die Grundlagen der Entgeltordnung haben wir abgewehrt“, freute sich der Beamtenbund-Chef Ulrich Silberbach. Deren Forderung nach einer Neubewertung des sogenannten Arbeitsvorgangs klinge harmlos, „hätte aber flächendeckend zu einer zum Teil deutlich schlechteren Eingruppierung für die Beschäftigten geführt“. Dies hätte jede lineare Erhöhung aufgefressen – die Gewerkschaften hätten es verhindert. Kritisch ergänzte er: „Gerade in den Mangelberufen hätten wir die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltiger stärken müssen.“ In den Ingenieurs- und IT-Berufen sei der öffentliche Dienst nicht mehr attraktiv.

Wie bewerten die Arbeitgeber das Paket? Die Arbeitgeber müssen in jeder Tarifrunde einen großen Abstimmungsaufwand betreiben, um die Vorstellungen aller Finanzminister parteiübergreifend und ohne offenen Streit zu vereinen. Am Ende sprach der Verhandlungsführer der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL), der Berliner Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), angesichts der „hohen Forderungen der Gewerkschaften“, von einem „guten Kompromiss“. Die Einigung sei für die Länder ein finanzieller Kraftakt, gewährleiste aber Planungssicherheit für 33 Monate. „Die Entwicklung der Steuereinnahmen war zuletzt zwar positiv“, sagte Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne). „Steigende Ausgaben für Personal sind jedoch immer eine Herausforderung“, fügte sie mit Blick auf die gesetzliche Schuldenbremse an, die vom kommenden Jahr an gelten wird.

Was kostet der Tarifabschluss? Die Tarifeinigung soll die der TdL angeschlossenen Länder (ohne Hessen) während der Laufzeit etwa 7,3 Milliarden Euro kosten. Eine Übertragung des Ergebnisses auf die Beamten ist da nicht eingerechnet. Für die 74 000 baden-württembergischen Tarifangestellten muss die Finanzministerin in den Jahren 2019 bis 2021 insgesamt etwa 684 Millionen Euro mehr aufwenden.

Was bedeutet die Einigung für Beamte? Sowohl der Beamtenbund als auch Verdi fordern, wie üblich, die zeit- und inhaltsgleiche Übernahme des Tarifabkommens auf die 2,3 Millionen Beamten und Versorgungsempfänger – unter ihnen 185 000 Beamten und Richter sowie 136 000 Versorgungsempfänger im Südwesten. Eine Übertragung „eins zu eins“ dürfte wegen der strukturellen Umbauten nicht möglich sein. Zudem will der Beamtenbund mit der Finanzministerin ein gesondertes Paket aushandeln. Darüber will Landesbundchef Kai Rosenberger sowohl mit der Ministerin als auch mit den Landtagsfraktionen in den kommenden Wochen intensiv reden.