Die Rektoren und das Wissenschaftsministerium haben sich im Streit über das Promotionsrecht angenähert: Universitäten und Hochschulen werden die kooperativen Promotionskollegs ausbauen. Dafür stellt das Wissenschaftsministerium bis 2019 insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung.
Stuttgart - Ein Masterabschluss ist ein Masterabschluss“, sagt Bastian Kaiser, der Vorsitzende der Rektorenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften (HAW). Er meint damit, auf dem weiteren akademischen Weg dürfe es keine Rolle mehr spielen, ob ein Absolvent seinen Abschluss an einer Universität oder an einer HAW gemacht hat. Diesem Anspruch sind die Rektoren und das Wissenschaftsministerium nun einen Schritt näher gekommen.
Dabei setzt Baden-Württemberg auf ein gemeinsames Vorgehen von Universitäten und Hochschulen. Die kooperativen Promotionskollegs werden ausgebaut. Zu den bereits bestehenden acht kommen im Jahr 2016 zehn weitere Kollegs hinzu. Die Entscheidung darüber, wer gefördert wird, soll noch in diesem Jahr fallen. Das Wissenschaftsministerium stellt für die gemeinsamen Promotionskollegs von Universitäten und HAW bis zum Ende der Laufzeit im Jahr 2019 insgesamt 15 Millionen Euro zur Verfügung. In einem Kolleg werden zehn bis zwölf Doktoranden aufgenommen. HAW-Professoren sollen verstärkt in die Universitäten eingebunden werden um Promotionen betreuen zu können. Gedacht ist an Kooptationen oder Assoziierungen. Eine Arbeitsgruppe soll Modelle erarbeiten.
Der Streit ums Promotionsrecht wird auch in anderen Bundesländern geführt
Die Universitäten reagieren unterschiedlich auf die HAW-Doktoranden
So neu, wie die Vereinbarung nahe legen könnte, sind Doktorarbeiten von Absolventen der früheren Fachhochschulen nicht. Seit 2010 zählen die HAW im Land 410 Promotionen. Ein nicht geringer Teil erfolgt aber in Zusammenarbeit mit Universitäten jenseits der Landesgrenzen. Nur an 40 Prozent der Verfahren sind Landesuniversitäten beteiligt. Kaiser verzeichnet durchaus Unterschiede, wie aufgeschlossen die Universitätsfakultäten Doktoranden von den HAW begegnen oder wie sie HAW-Professoren als Doktorväter akzeptieren. Wenig Probleme gibt es demnach mit dem KIT oder auch mit den Universitäten Freiburg und Ulm.
Bisher verwirken habilitierte Professoren ihr Promotionsrecht, wenn sie an einer HAW anheuern. Das soll jetzt mit dem neuen Landeshochschulgesetz anders werden. Die Anpassung der Promotionsordnungen sieht Hans-Jochen Schiewer, der Vorsitzende der Universitätsrektoren als vorrangige Aufgabe. Schiewer geht davon aus, dass Universitäten nun „proaktiv auf HAW-Professoren zugehen werden“ und die Kooptation anbieten werden. Die Universitäten im Land haben stets darauf gepocht, dass ohne ihre Beteiligung keine Doktortitel vergeben werden. So lobt Schiewer nun die „klare Entscheidung für die Nutzung bestehender Strukturen“.
Die Doktorandenbetreuung kostet auch Zeit
Die neun Landesuniversitäten haben Routine mit Promotionen. Pro Jahr zählen sie laut Schiewer 4500 Verfahren. „Wir nutzen das hochdifferenzierte System nun optimal aus“, sagt der Rektor der Universität Freiburg. Nun könne man die Absolventen der HAW systematisch in das bewährte System integrieren und die forschungsstarken HAW-Professoren stärker an die Universitäten binden. Am Interesse der Universitäten zur Zusammenarbeit fehlt es Schiewer zufolge nicht. 25 Anträge auf kooperative Kollegs hätten die Universitäten gestellt als nur vier ausgeschrieben gewesen seien. „Wir wollen die besten Köpfe in die Forschung bringen“, dazu seien auch die Universitäten entschlossen. Schiewer hält aber Nachbesserungen bei den Professoren für notwendig. „Die Betreuung von Promotionen braucht Zeit“, sagt er. Ein Fachhochschulprofessor unterrichte aber 18 Stunden pro Woche, so viel wie in keinem anderen Land und doppelt so viel wie ein Universitätsprofessor.