Viele Gerlinger wünschen sich beim Einkaufen mehr Einheitlichkeit bei den Öffnungszeiten. Das ist nicht möglich. Stattdessen kommt aber ein anderer Service. Auch die Suche nach Parkplätzen ärgert viele.

Gerlingen - Bis 22 Uhr hatten viele Geschäfte bei der Gerlinger Einkaufs- und Kulturerlebnisnacht offen. Die Besucher flanierten, genossen Kulinarik, Kunst und Kultur – und gingen in die Läden. Wie geht es dem Einzelhandel in der Stadt?

 

Gut betuchte Kundschaft

Die Gerlinger sind laut einer aktuellen IHK-Erhebung die reichsten Einwohner in der Region: Statistisch kann jeder fast 9000 Euro im Jahr ausgeben. Tatsächlich bleiben pro Kopf mehr als 5300 Euro im Ort – mehr als jeder zweite Euro. Auf Nachfrage sagen die Geschäftsinhaber, dass sie „sehr zufrieden“ seien. Selbst die Chefinnen der beiden Bioläden in der Kirchstraße. „Wir entwickeln uns in eine gute Richtung“, so Natalie Povalaev, die Marktleiterin von Naturata. Der Laden öffnete im März. Inge Kühlewein führt seit 16 Jahren das gleichnamige Damenmodengeschäft. Sie habe viele Stammkundinnen. Ähnlich ist das bei Brigitte Sonntag. Die Chefin des gleichnamigen Schuhgeschäfts stellt aber fest: „Heute muss man sich mehr Gedanken machen.“ Man müsse sich von der Masse abheben und für ein liebevoll gestaltetes Geschäft sorgen. Inge Kühlewein meint: „Die Kunden wollen eine große Auswahl, Marken und eine persönliche Beratung.“

So gut wie keine Filialen

Die Stadt ist geprägt von kleinen, inhabergeführten Fachgeschäften. Das schätzen die Bürger, sagt Erika Sosniak. „Im Ort bekommen sie zentral viele Dinge. Oft fahren die Leute zum Einkaufen woanders hin, das ist hier weniger der Fall“, sagt die Inhaberin des anderen Biomarkts in der Kirchstraße. Dagegen macht Sylvia Blanke eine andere Erfahrung. Zahlreiche Bekannte kämen seit dem Umzug des Discounters Lidl und Drogeriemarkts Rossmann an die Weilimdorfer Straße seltener ins Zentrum. Dennoch berichtet die Inhaberin von Sylvies Blumengalerie im Einkaufszentrum Brunnenmarkt von viel Laufkundschaft. „Das liegt an den Ärzten um mich herum.“ Insgesamt schlenderten und schauten die Menschen aber weniger als früher. Die schwierige Situation bei den Parkplätzen verschärfe das.

Parkplätze: „Katastrophale“ Situation

Parkplätze sind in Gerlingen ein großes Thema. Katja Elbert nennt die Situation „katastrophal“. „Obwohl es zwei Tiefgaragen gibt, wollen die Kunden bequem vor dem Geschäft parken“, sagt die Inhaberin des Juweliers König. An der vielbefahrenen Hauptstraße sind freie Lücken aber selten lange frei. Aus Sicht der Vorsitzenden des Stadtmarketingvereins müsste die Stadt verstärkt auf Langzeitparker achten. „Konkret haben wir das Problem aber bislang nicht angesprochen“, sagt Heike Bischoff.

Weiter uneinheitliche Öffnungszeiten

Die einen Händler öffnen durchgängig, die anderen schließen über Mittag oder haben am Nachmittag zu: Viele Bürger ärgern sich über die uneinheitlichen Öffnungszeiten. Ändern wird sich nichts. „Wir können keinem die Öffnungszeiten vorschreiben“, sagt Heike Bischoff. Diese Ansicht teilen die Inhaber: Entweder lohnen sich längere Öffnungszeiten nicht, oder sie sind aus privaten oder finanziellen Gründen nicht machbar. Trotzdem geben sich viele Händler bereitwillig. „Wenn Kunden im Laden sind, bleibe ich immer länger“, sagt Blanke vom Blumengeschäft. Auch Brigitte Sonntag handhabt das so. „Grundsätzlich sind die meisten Händler flexibel.“

Künftig sollen ein Faltblatt und eine Anwendung für Mobiltelefone (App) auch auf die Öffnungszeiten hinweisen. Laut Heike Bischoff erscheint der Guide „Entdecke Gerlingen“ spätestens Anfang 2019. Bei der App dauert es noch. Sie soll Gerlingen umfassend präsentieren, derzeit seien noch Absprachen nötig.

Was fehlt im Ort

Die Antwort ist seit Jahren dieselbe: „Ein Herrenausstatter“, sagt Heike Bischoff. Trotz großer Bemühungen wolle sich aber keiner in Gerlingen ansiedeln. „Wir haben mehr als 100 angeschrieben und nur Absagen erhalten.“ Warum? Die Vorsitzende des Stadtmarketingvereins weiß es nicht. Dabei gibt es etwa beim Neubauprojekt an der Urbanstraße noch eine freie Fläche. Die Gerlinger Firma Gramer plant Wohnungen und Gewerbe. Neben dem Café Trölsch zieht ein Zahnarzt ein. Der Geschäftsführer Norbert Gramer kennt die Ansprüche der Unternehmer. „Großen Geschäften fehlen Kundenparkplätze vor dem Haus, Besitzern von kleinen Läden ist die Fläche zu groß.“ Aus brandschutzrechtlichen Gründen lasse sich die Fläche nicht teilen.

Insgesamt hat Gerlingen kaum Leerstände. Das ehemalige Eisenwarengeschäft Kruck gegenüber des Römerareals steht leer, in den früheren Optik Hoffmann schräg gegenüber des Rathausplatzes zieht laut Bischoff bald ein neuer Mieter ein. Zu Details schweigt sie. Das Geschäft „Teppichhaus und Confetti“ schließt entgegen Gerüchten nicht. „Wir haben Räumungsverkauf bei Geschenkartikeln und Teppichen, weil wir uns künftig auf Reparatur und Reinigung konzentrieren“, heißt es.