Es gibt viele kleine Einkaufszentren in der Region Stuttgart. Je nach Zustand und Warenangebot gelten sie als Auslaufmodell oder Vorzeigeobjekt.

Region: Corinna Meinke (com)

Region Stuttgart - Nicht einmal ein Bürgerentscheid konnte das Projekt in Geislingen (Kreis Göppingen) stoppen: Mit dem Nel Mezzo hat sich die am östlichsten gelegene Große Kreisstadt der Region Stuttgart vor drei Jahren den Wunsch nach einer neuen attraktiven Einkaufswelt erfüllt. Derweil dümpelt das alteingesessene Sonnecenter vor sich hin.

 

Die ältesten Center stammen aus den 70er Jahren

Zu den kleinen Centern zählt das Nel Mezzo mit seinen rund 9500 Quadratmeter Verkaufsfläche, weil es knapp unter der magischen Zahl von 10 000 liegt, die bei Investoren eigentlich als Mindestgröße für wirtschaftlich interessante Einkaufscenter gilt. In den Mittelzentren rund um Stuttgart finden sich viele dieser kleineren Center. Die ältesten stammen aus den 70er Jahren, das jüngste Einkaufscenter ist erst vor wenigen Wochen eröffnet worden.

In Murrhardt steht der Benjamin

Dieser Benjamin befindet sich rund 40 Kilometer von Stuttgart entfernt mitten im Schwäbischen Wald in der Kleinstadt Murrhardt (Rems-Murr-Kreis). Obwohl die Altstadt mit einer Minute Fußweg nur einen Katzensprung weit von dem Center entfernt liegt, klagen die alteingesessenen Einzelhändler über hohe Umsatzeinbußen durch die Ansiedlung von Takko, Aldi, Rewe und DM-Markt in dem 5300 Quadratmeter Verkaufsfläche bietenden Center namens Murrarkaden. Solche Filialen großer Einzelhandelsketten locken die Kunden an – anderswo bleiben sie weg.

Aufsplitterung wird als Fehler bezeichnet

In Geislingen sind die Einzelhändler seit dem Bau des Nel Mezzo auf drei Verkaufslagen verteilt, die zwischen dem Sternplatz im Vorort Altenstadt und dem Sonnecenter in der Fußgängerzone in der historischen Oberen Stadt liegen. Der Sprecher der örtlichen Werbegemeinschaft Fünf Sterne bezeichnet diese Aufsplitterung als Fehler. „Das wirkt sich extrem negativ auf die Frequenz in der Fußgängerzone aus“, sagt Günter Rösch, der sich das Nel Mezzo als Magnet an einem der beiden eingeführten Standorte in der Stadt gewünscht hätte.

Zwischen der Statistik und der realen Situation vieler Geislinger Einzelhändler herrscht laut Rösch eine Diskrepanz. Zwar führe das Nürnberger Marktforschungsinstitut GFK die Stadt Geislingen im regionalen Städtevergleich bei der Kaufkraftbindung auf Platz zwei hinter Backnang und weit vor Stuttgart, Böblingen und Ludwigsburg. Doch die darin abgebildeten hohen Umsätze, sagt Rösch, würden vor allem in den sogenannten Fabrikverkäufen Geislingen generiert, die sich als Outletcenter für Hartwaren gleich neben der WMF-Fischhalle angesiedelt hätten und dank des regen Zulaufs weiter ausgebaut werden sollten.

Wenn der Kundenmagnet geht, sinkt die Rendite

Dagegen scheinen im in den 70er Jahren erbauten Sonnecenter allmählich die Lichter auszugehen. Schon von außen sieht man dem Gebäude den Sanierungsstau an, der vermutlich auf das Konto der Kleinanleger geht, die sich als Fondsgesellschaft organisiert haben und seit dem Auszug des Kundenmagneten Mediamarkt und weiterer Mieter offenbar eine sinkende Rendite beklagen.

Herrenberg strebt ebenfalls drei Einkaufslagen an

Auch in Herrenberg (Kreis Böblingen) wird mit der Bebauung des Seeländer-Areals nach dem Bronntor und dem Nufringer Tor eine dritte innerstädtische Einkaufslage mit weiteren 6300 Quadratmetern Verkaufsfläche entstehen, weil der Stadt ein Potenzial von weiteren 14 000 Quadratmetern attestiert wurde.

Porsche verkauft – Sportgeschäft gegründet

Wie in Geislingen gibt es in Herrenberg schon lange Einkaufszentren. Willi Sehner hatte in den 70er Jahren seinen Porsche verkauft und ein Sportartikelgeschäft in Herrenberg gegründet. Als mit dem Bronntor das erste Einkaufscenter eröffnete, war Sehner mit von der Partie und verdoppelte gleich im ersten Jahr seinen Umsatz. Diese goldenen Jahre seien längst vorbei, sagt er. Immerhin könne er seit dem Umzug in die nahe Bronngasse wieder Zuwächse vermelden. Der Abschied vom Einkaufscenter sei ihm nicht schwergefallen. Obwohl ein Müller-Drogeriemarkt im Bronntor für einigermaßen Kundenfrequenz sorge, würden die Minuspunkte überwiegen: fehlende Aufzüge, eine veraltete Haustechnik und die wenig einladende Innenarchitektur („Ein dunkles Loch“), die nicht zum Flanieren einlade.

Parallele zwischen Teckcenter und Kronenzentrum

In vielen Städten müssen die in die Jahre gekommenen Center aufgehübscht werden. Das Teckcenter in Kirchheim (Kreis Esslingen) mit seinen 10 000 Quadratmetern Verkaufsfläche hat dank seiner zentralen Lage nach wie vor genügend Zulauf, dennoch soll nun rund eine Million Euro in die Renovierung investiert werden. Stolze 14 Millionen Euro haben Investoren für den Umbau des gut 40 Jahre alten Kronenzentrums in Bietigheim (Kreis Ludwigsburg) in die Hand genommen, nachdem die dort ansässige Hertie-Filiale im August 2009 ihre Pforten geschlossen hatte. Das Kaufhaus war ein Frequenzbringer gewesen, mit seinem Wegfall blieben auch die Kunden aus. Mit rund 2,9 Millionen Euro beteiligte sich die Stadt an dem Umbau des Kronenzentrums, im Obergeschoss betreibt sie nun einen Veranstaltungssaal.

Ein Dorf bekommt ein runderneuertes Einkaufszentrum

Auch in Köngen (Kreis Esslingen) ist eine Neubelebung durch eine Erweiterung gelungen. Hier stellten Investoren dem runderneuerten AWG-Bekleidungsmarkt unter dem Namen Kö 8 eine überdachte Ladenzeile mit bekannten Filialisten von DM bis Fressnapf zur Seite.