Nach einem Urteil des Verwaltungsgerichtshofs in Mannheim ist der Regionalplan des Verbands Region Stuttgart teilweise hinfällig. Die Grenzen für die Ansiedlung von Einkaufsmärkten in kleineren Kommunen sind zu streng, befanden die Richter.

Einkaufsmärkte - Der Verband Region Stuttgart ist zu rigide, was sein Verbot Einzelhandel in kleineren Kommunen anzusiedeln angeht. Das hat der Verwaltungsgerichtshof Mannheim (VGH) am Donnerstag entschieden. Laut dem Urteil muss der Regionalplan künftig mehr Ausnahmen in begründeten Einzelfällen zulassen. Der Auslöser für das Urteil war eine Klage der Stadt Wendlingen (Kreis Esslingen), die stellvertretend für viele kleinere Kommunen den Regionalplan auf juristischem Wege öffnen wollte.

 

„Wir sehen das Urteil als klares Signal, dass der Regionalplan angepasst werden muss“, sagt der Wendlinger Bürgermeister Steffen Weigel. Für seine Stadt sei der Richterspruch jedoch „nur ein Teilerfolg“. Denn eigentlich hatte seine Kommune auch eine zweite Vorschrift des Regionalplans angegriffen. Dort ist erstens geregelt, dass kleinere Städte und Gemeinden generell keine Märkte mit mehr als 800 Quadratmetern Fläche ansiedeln dürfen. Dies gilt aber zweitens auch, wenn es in Gewerbegebieten bereits einen Einkaufsmarkt gibt und in weniger als 150 Meter Entfernung daneben ein weiterer gebaut werden soll. Dieses so genannte Agglomerationsverbot haben die Mannheimer Richter gestern bestätigt. Vor allem, weil das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig zuvor entschieden hatte, dass solche Verbote grundsätzlich zulässig sind.

„Eins plus Eins ergibt weiterhin Zwei“

Dass diese zweite Vorschrift erhalten bleibt, wertet die Region als Erfolg. Die von den Richtern angesprochenen Kritikpunkte am Regionalplan verwundern den Chefplaner der Region, Thomas Kiwitt. Bislang hätte der VGH den Regionen stets größere Gestaltungsspielräume zugebilligt. Der Verband Region Stuttgart erwäge ernsthaft, den Rechtsweg gegen das Urteil zu beschreiten. Zunächst müsse aber die ausführliche Begründung abgewartet werden.

In den Rathäusern von kleineren Kommunen dürfte das Urteil auf Zuspruch stoßen. Immer wieder hatten Verwaltungen sich wegen der Ansiedlung von Einkaufsmärkten mit der Region in der Wolle bekommen– zuletzt die Gemeinde Kirchheim am Neckar (Kreis Ludwigsburg) sowie Renningen im Kreis Böblingen. Der Kirchheimer Bürgermeister Uwe Seibold sieht den Richterspruch grundsätzlich positiv, ist aber in einem Punkt enttäuscht: „Ich hätte mir mehr Aussagen über die Agglomerationsregel erhofft“. In der Praxis sei diese schwer anwendbar. Im Zweifelsfall genüge es, wenn ein Großmarkt seinen Eingang um einige Meter verlege, um Neubauten zulässig zu machen. „Mehr Einzelfallbetrachtungen wären in solchen Fällen sinnvoll“, findet Uwe Seibold.

Eine Hintertür für die Kommunen?

Immerhin: eine planerische Ausnahme ist künftig zulässig. Wenn kleine Städte und Gemeinden mit Gewerbegebieten direkt an einen zentralen Ort angrenzen, dann müssen dort auch größere Märkte erlaubt werden. So sehen es die Mannheimer Richter. Der rechtliche Hintergrund ist in diesem Fall der Landesentwicklungsplan, in dem derartige Ausnahmen ausdrücklich erwähnt werden.

Der Wendlinger Bürgermeister Steffen Weigel hat bereits angekündigt, diese Hintertür möglicherweise nutzen zu wollen. Zwar gelte dies nicht für das Gebiet Steigäcker, wo ein geplanter zweiter Markt wegen der Agglomerationsregel nicht zulässig ist. Aber die Stadt habe durchaus Flächen in Reserve, die direkt an die als zentral eingestufte Nachbarstadt Kirchheim/Teck angrenzen. „Da tun sich für uns womöglich neue Optionen auf“, sagt Weigel.

„Wir können gut mit dem Urteil leben“

Der regionale Chefplaner sieht das anders. „Durch das Urteil wird Wendlingen jetzt nicht plötzlich zum Mittelzentrum“, sagt Thomas Kiwitt. Fälle, in denen man eine geografisch bedingte Ausnahme geltend machen könne, sieht er kaum.

Allenfalls die Stadt Eislingen an der Fils (Kreis Göppingen) hätte durch das Urteil eventuell neue Optionen. Hier gibt es ein gemeinsames Gewerbegebiet mit dem westlichen Nachbarn Göppingen. Wenn sich jetzt ein Baumarkt dort ansiedeln wolle, sei dieser wohl zulässig. „Viel mehr haben wir spontan nicht gefunden“, sagt Kiwitt, „insofern können wir mit den Folgen des Urteils auch sehr gut leben.“