Das neue Marstall in Ludwigsburg ist am Mittwoch eröffnet worden. Schon am frühen Morgen warteten die ersten Kunden vor den Türen, am Mittag herrschte dichtes Gedränge in den Ladenpassagen. Die ersten positiven Auswirkungen auf das kriselnde Umfeld sind bereits spürbar.

Nachrichtenzentrale: Tim Höhn (tim)

Ludwigsburg - Nicht alles lief perfekt am Eröffnungstag. So mancher Verkäufer verlor im Getümmel des Marstalls kurz die Übersicht, manche mehr, andere weniger. Zur ersten Kategorie gehörte der sympathische junge Mann in einer Modeboutique, der sich am Dienstag ganz offensichtlich in der Schweiz wähnte anstatt in Ludwigsburg. „16 Franken“, erwiderte er auf die Frage eines Kunden, was denn der schicke Schal koste, und sorgte damit für Heiterkeit. Auch im Marstall-Diner, so heißt der Restaurantbereich im oberen Stockwerk des neu gestalteten Einkaufszentrums, herrschte zeitweise Konfusion. Was dazu führte, dass aus Fastfood ungewollt Slowfood wurde, weil einige Gäste mehr als 20 Minuten auf Burger, Falafel, Pizza oder Co. warten mussten. „Aber naja, es ist halt viel los“, seufzte eine Frau, während sie an einer Limo nippte. „Ist ja der erste Tag, das beruhigt sich schon wieder.“

 

Begonnen hatte der Tag gemächlich. Von einem Massenansturm war bis kurz vor der Eröffnung wenig zu sehen, als im Innern noch letzte Scheiben gewischt, Werbeplakate getackert und Infoschilder platziert wurden. „Hier wird bis zuletzt geschuftet“, erzählte der Ludwigsburger Oberbürgermeister Werner Spec, bevor er sich anschickte, mit den Vertretern der ECE das Band vor dem Haupteingang zu durchschneiden. Vielleicht 50 Frühaufsteher hatten sich zu diesem Zeitpunkt auf dem Vorplatz versammelt. „Wahrscheinlich ist keiner so nervös wie ich“, rief die Center-Managerin Anne Marschner in die kleine Menge. „Ich will einfach nur, dass die Türen aufgehen.“

Um 10 Uhr wurde es voller, um 12 Uhr war es voll

Um 8 Uhr gingen die Türen auf, und anfangs verteilten sich wenige Besucher auf viel Fläche. Um 10 Uhr wurde es voller, um 11 noch voller, um 12 war es voll. „Der Start war verhalten, aber jetzt geht’s wohl wirklich los“, sagte die Chefin eines Geschäfts im Untergeschoss. „Aber wir sind sowieso sicher: das Marstall wird funktionieren.“

Ob es das wird, wird die Zeit zeigen. Immerhin stand das in den 1970er Jahre erbaute Einkaufszentrum am Rand der City schon kurz vor dem Aus, bevor die Hamburger Immobilienentwickler der ECE 100 Millionen Euro in die Hand nahmen, um es wiederzubeleben. Anfang 2014 begann der Umbau, und seither ist aus einem verwinkelten und dunklen Gebäude eine moderne Mall mit langen, hellen Ladenpassagen geworden. Nur der Standort, der Name und die eher niedrigen Decken erinnern an das alte Marstall. Daran, so der ECE-Architekturexperte Peter Thode, habe man nichts ändern können.

Das Marstall ist komplett vermietet

Ansonsten ist alles anders. Wände wurden durchbrochen, Rolltreppen versetzt, mehr Fenster eingezogen – und vor allem wurden für die 70 Geschäfte und Gastrobetriebe neue Mieter gewonnen. Laut der ECE ist die 25 700 Quadratmeter große Verkaufsfläche komplett vermarktet. H&M, Saturn, K+L Ruppert, Reserved, Superdry, Tom Tailor, DM, Douglas, Deichmann, Shoe Town, Snipes oder Nanu-Nana – letztlich finden sich unter den im Marstall vertretenen Marken keine Überraschungen, aber den Kunden scheint es zu gefallen (siehe Umfrage unten), und das ist entscheidend.

Vor allem für die ECE, die schon am Nachmittag ein positives Zwischenfazit zog. Bis 13.30 Uhr, so Marschner, habe man 21 000 Besucher gezählt. Gerechnet habe man mit bis zu 35 000 Besuchern, aber verteilt über den ganzen Tag. „Wir werden unsere eigene Erwartung also definitiv übetreffen.“ Und ein Blick auf die Kennzeichen der Autos in der Tiefgarage habe gezeigt: „Es sind sehr viele Besucher aus der ganzen Region zu uns gekommen.“

Auch der einst tote Vorplatz erwacht zu neuem Leben

Auch für die Stadt ist das eine gute Nachricht, die darauf hofft, dass die Revitalisierung des Marstalls auch das kriselnde Viertel im Umfeld revitalisiert. Die Rechnung könnte aufgehen. Am Dienstag war in dem ans Marstall angrenzenden Teil der Fußgängerzone so viel los wie lange nicht.

Am eindrücklichsten ist die Veränderung auf dem Reithausplatz vor dem Marstall. Der war einst praktisch tot, wurde nun aber ebenfalls umgestaltet, und bereits am Mittwoch deutete sich an: er erwacht zum Leben. Nach einem ersten Rundgang durch die Mall setzten sich die Besucher auf die neue Außenterrasse, die ebenfalls neue Freitreppe oder unter die Platanen, um einen Kaffee zu trinken oder ein Eis zu essen. Zur Musik eines Straßenmusikers, was der Szene einen Hauch von Großstadtflair verlieh. „Das alles hätte man sich vor zwei Jahren nicht vorstellen können“, sagte eine junge Ludwigsburgerin. „Hier ist wirklich alles neu.“