Die Finanzministerkollegen nehmen zur Kenntnis, dass sich der deutsche Finanzminister beim Thema EU-weite Sicherung der Sparguthaben bewegt, sie vermissen aber eine gemeinsame deutsche Regierungsposition.

Korrespondenten: Markus Grabitz (mgr)

Brüssel - Als Olaf Scholz (SPD) in Brüssel auftaucht, um unter den EU-Finanzministern für seinen Vorstoß einer europäischen Sicherung der Bankeinlagen von Sparern zu werben, war das für viele Beobachter in Brüssel ein Déjà-vu: Da kommt zum zweiten Mal innerhalb von wenigen Wochen ein deutscher Minister mit einer mutigen neuen Idee. Aber so recht lohnt nicht, darüber zu diskutieren, weil sie nur die Einzelmeinung eines Ministers ist – für den gerade parteipolitisch in Deutschland viel auf dem Spiel steht, dessen Idee aber innerhalb der Bundesregierung nicht abgestimmt ist.

 

Rote Linie weg

Da versucht einer, der SPD-Chef werden will, rote Linien in der deutschen Regierungspolitik abzuräumen. Aber leider wurde versäumt, sich dafür vorher den Segen des Koalitionspartners einzuholen. So war das auch, als die deutsche Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Angelika Kramp-Karrenbauer kürzlich eine international kontrollierte Schutzzone in Nordsyrien vorschlug. Entsprechend verhalten wurden seine Ideen aufgenommen. Applaus bekam er allenfalls von seinen Ministerkollegen dafür, dass er nach jahrelangem Stillstand Bewegung in die Debatte bringt. Einen Durchmarsch – das wusste der Finanzminister vorher – würde seine Initiative nicht erleben. Denn es liegt ein Vorschlag der Kommission mit einem Fahrplan für die Vertiefung der Bankenunion auf dem Tisch, der auch eine gemeinsame Einlagensicherung umfasst.

Greift EU Vorschlag auf?

Wie geht es jetzt weiter? Scholz hofft, dass die EU seine Initiative aufgreift und einspeist in die weiteren Arbeiten. Dabei sind sich EU-Diplomaten nicht einig, ob dafür die EU-Kommission einen neuen Gesetzgebungsvorschlag unterbreiten muss, oder Scholz’ Idee auch in den bestehenden eingebaut werden könnte. Im Dezember treffen sich die EU-Finanzminister das nächste Mal. Da wird die Arbeitsgruppe zur Einlagensicherung einen Bericht vorstellen. Das optimistische Kalkül der Deutschen ist: Dieser Bericht greift Scholz’ Vorschlag für die Einlagensicherung auf, in der ersten Hälfte 2020 kommen die Gesetzgebungsvorschläge, und unter der deutschen EU-Ratspräsidentschaft werden die Pläne vom EU-Gesetzgeber beschlossen. Allerdings: Diese Rechnung geht nur auf, wenn der Scholz-Vorschlag auch von der Union akzeptiert und Regierungsposition wird.