Alle zwei, drei Tage an einem anderen Ort: Birgit Pohl-Johann und ihr Mann Ralf Uwe Johann haben binnen eines Jahres elf Länder bereist – bewusst auf ihre ganz eigene Art.
Stefanie Köhler
17.10.2025 - 16:50 Uhr
Asien, Neuseeland, Amerika: Was das Ehepaar Birgit Pohl-Johann und Ralf Uwe Johann aus Korntal binnen zwölf Monaten erlebt hat, ist gigantisch. Es hat auf seiner Weltreise elf Länder besucht und 14 Tagebücher vollgeschrieben, „um die Eindrücke zu verarbeiten“. Die sie im November mit Interessierten teilen wollen: An zwei Abenden berichten die beiden in der Volkshochschule von ihrer Weltreise.
Weltreise nur mit Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr und Kleidung
Auf dem Trip rund um den Globus im Jahr 2017 hatte das Paar nur das Nötigste dabei: Rucksäcke mit Zelt, Schlafsack, Kochgeschirr und Kleidung. Je 14 Kilogramm Gepäck schleppten beide mit sich herum. Birgit Pohl-Johann und Ralf Uwe Johann campten, wo ihnen die Landschaft gefiel, oder schliefen in Hostels in Mehrbettzimmern. Selten landeten sie in einem Hotel.
Schon immer reisen die Korntaler gerne auf diese Weise. Sie schätzen es, unterwegs „anders zu leben, mit niedrigem Standard“, wie die Architekten es formulieren. „Wir sind eingespielt. Die bisherigen Reisen waren die Vorübung für unsere Weltreise“, sagt Ralf Uwe Johann. Ihre Art zu reisen ermögliche ihnen eine „gewisse Unabhängigkeit und Freiheit“. Zudem mit den Einheimischen näher Kontakt zu haben und Land und Leute hautnah kennenzulernen.
Das Cusco-Inkafest in Peru haben Birgit Pohl-Johann und Ralf Uwe Johann auch besucht. Foto: privat
Gebucht hatten sie bloß die großen Flüge – nach Neuseeland und zurück, mit Stopps in Hongkong und Los Angeles, um dort weiterzureisen. Durch Asien und Südamerika, durch die USA und Kanada. Nur grob hatten sie überlegt, wohin sie wollen und was sie sehen möchten. „Alles andere haben wir vor Ort gemacht“, sagt Birgit Pohl-Johann (65). Die dreieinhalb Wochen in China indes galt es durchzuplanen: Um das Visum zu bekommen, musste das Paar die Reiseroute exakt festlegen, alle Unterkünfte vorher buchen und die Bestätigungen vorlegen. Birgit Pohl-Johann lacht. „Vor Ort gab es manche Unterkünfte gar nicht mehr.“
Die Korntaler haben die Menschen als „sehr gastfreundlich, nett und hilfsbereit“ erlebt. „Sie haben uns den Weg gezeigt und sind oft noch ein Stück mitgelaufen.“ Häufig seien sie zum Essen eingeladen worden. Die Sprache beziehungsweise Schriftzeichen konnten die Weltreisenden trotz vorigen Sprachkurses weder lesen noch verstehen. Also kommunizierten sie mit einem Ohne-Wörter-Buch sowie mit Händen und Füßen. Nach China zog es die Korntaler nach Vietnam und Kambodscha. In Neuseeland – wo sie Weihnachten am Strand feierten, mit einem selbstgebastelten Baum und einer Krippe gefertigt in einer Streichholzschachtel – blieben sie zwei Monate, ehe es nach Los Angeles und Südamerika ging.
Die Weltreise mit Rucksack ist ein großes Abenteuer
Chile, Argentinien, Brasilien, Bolivien, Peru: Diese Orte beeindruckten das Paar besonders, vor allem die Landschaft Patagoniens, durchzogen von den Anden. Im Gegensatz dazu: „Die Großstädte mit problematischen Vierteln und Korruption, durch die wir ziemlich unbedarft gelaufen sind“, sagt Ralf Uwe Johann. Die Einheimischen haben aber auf die Korntaler aufgepasst: In der peruanischen Hauptstadt Lima etwa habe man sie gewarnt, nicht weiterzugehen. „Wir haben uns naiv bewegt“, sagt Johann, als er an Brasilien denkt, wo die Polizei mit Maschinengewehren am Straßenrand stand.
Birgit Pohl-Johann und Ralf Uwe Johann in der Atacama-Wüste in Chile. Foto: privat
Abenteuerlich: die Tour ins Amazonasdelta. Drei Schiffe, darunter auf einem überfüllten, dröhnenden Fährschiff eine Nacht mit Schlafsack und Isomatte auf dem Boden, brauchte es, damit die Korntaler an den Rand des Amazonas kamen. Dort charterte ihr Begleiter ein Boot, damit sie in den Urwald gelangen konnten. Ihr Führer sei „etwas orientierungslos“ gewesen. Geschlafen haben sie bei einer ihnen fremden Fischerfamilie.
„Wir hatten immer viel Glück und wurden nie enttäuscht“, sagt Ralf Uwe Johann über seine Erfahrung mit den Einheimischen. Er und seine Frau hätten Antennen dafür bekommen, ob eine Person vertrauenswürdig ist. „ Man muss sich die Menschen schon genau anschauen“, sagt der 66-Jährige. Das war erst recht wichtig, als das Paar „mutiger“ reiste, wie Ralf Uwe Johann berichtet.
In Kanadas Wäldern mit Bärenglöckchen und Stock unterwegs
Das Paar hatte ein monatliches Reisebudget festgelegt. In Asien hätten sie Geld beiseitelegen können, wohingegen die USA so teuer gewesen sei, dass das Budget bald aufgebraucht war. Ralf Uwe Johann schmunzelt. „Unser Sohn, der die Finanzen überwachte, ermahnte uns, unseren Reisestil zu ändern.“ Gesagt, getan: In Kanada trampte das Paar und lebte privat bei den Menschen.
Einmal übernachtete es an einem wilden Strand am Pazifik, auf Empfehlung eines Einheimischen. Mutterseelenallein seien sie plötzlich gewesen, umgeben von Treibholz. Eine große Welle hätte gefährlich werden können, sagt Birgit Pohl-Johann. Rückblickend war einiges „nicht ganz ohne“. Ungemütlich hätten auch die Wildtiere in den Wäldern werden können: „Wir waren mit Bärenglöckchen und Stock unterwegs“, erzählt Ralf Uwe Johann. Braunbären sind sie begegnet, „das war sehr unheimlich“. Nachts hätten sie ihr Essen weiter weg vom Zelt hoch oben in einen Baum gehängt.
Die Korntaler machen keinen Hehl daraus, dass ihre Reise auch anstrengend war. Alle zwei, drei Tage wechselten sie den Ort. Der Rucksack war schwer, die Märsche waren lang, weil es nicht überall öffentliche Verkehrsmittel gab. „Man gibt seine Privatheit auf und ist immer mit Leuten zusammen“, sagt Ralf Uwe Johann. Das Zelt war ihr einziger Rückzugsort. Dafür hätten sie gelernt, überall zu schlafen. Und mit wie wenig man auskommt.
„Bescheidenheit ist der Schlüssel, um Land und Leute besser kennenzulernen“, sagt er und rät, sich nicht organisieren zu lassen und sich einem Land und den Leuten dort zu öffnen. „Mit positiver Erwartung drauf zugehen und neugierig sein“, empfiehlt sie. Die Reiselust der Korntaler bleibt ungebrochen: Afrika und Australien stehen noch auf der Liste.
Die Weltreise noch einmal
Vortrag Birgit Pohl-Johann und Ralf Uwe Johann erzählen an zwei Abenden in der Volkshochschule Korntal-Münchingen von ihrer Weltreise. Für die beiden Vorträge gibt es noch ein paar freie Plätze.
Termin Asien und Neuseeland stehen am Freitag, 7. November, auf dem Programm, Südamerika eine Woche später. Die Vorträge in der Alten Lateinschule in Korntal gehen jeweils von 19.30 bis 21 Uhr. Mehr Informationen und die Möglichkeit zur Anmeldung im Netz auf der Seite der VHS.