Das Ekiz in Stuttgart-West, ein Leuchtturmprojekt für familiennahe Dienste im Quartier, hat einen Insolvenzantrag gestellt, das Verfahren wurde bereits eingeleitet. Kitas, Küche und Café bleiben geöffnet, nun erarbeitet der Verein mit dem Insolvenzverwalter ein Sanierungskonzept.

Stuttgart - Inhaltlich hat sich das Eltern-Kind-Zentrum (Ekiz) West seit seiner Gründung vor 30 Jahren immer den Gegebenheiten und Bedürfnissen der Frauen und Familien im Quartier angepasst. Dem Anschein nach haben die Einnahmen aus diesen Dienstleistungen aber nicht Schritt halten können mit dem Aufwand. Wie erst am Freitag bekannt wurde, hat der Verein bereits vor Weihnachten einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens beim Amtsgericht Stuttgart gestellt.

 

Mittlerweile ist das Insolvenzverfahren eingeleitet, zum vorläufigen Insolvenzverwalter ist Rechtsanwalt Philipp Grub aus der Kanzlei Grub Brugger bestellt worden. „Wir sind im Moment dabei zu prüfen, ob die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Vereins wegen zu hoher Kosten oder zu geringer Einnahmen entstanden sind“, sagt Philipp Grub. Die Lage sei „nicht dramatisch“, die Verbindlichkeiten aus seiner Sicht „nicht sehr hoch“. Dass der Verein „sehr frühzeitig einen Insolvenzantrag gestellt hat, legt ja nahe, dass man den Betrieb restrukturieren will“, so der Anwalt.

Gutes Essen zu günstig angeboten

Der Jahresetat des Vereins liegt bei 1,7 Millionen Euro, den größten Batzen davon machen die Gehälter für 54 Festangestellte mit 90 000 Euro im Monat aus. Auf der Einnahmenseite stehen Mitgliedsbeiträge der 700 Mitglieder. Da sie aber maximal 25 Euro pro Jahr bezahlen müssen, stagniert dieser Posten bei mageren 17 500 Euro pro Jahr. Der Café- und Restaurantbetrieb bringt bei derzeitiger Preisgestaltung – unter fünf Euro für ein Gericht aus biozertifizierten Lebensmitteln – nicht so viel ein, wie er kostet.

Die Vorstandsvorsitzende Jutta Ludmann sagt: „Die Mütter und ihre Kinder sollen sich ein gesundes und bezahlbares Essen leisten können, sie sollen sich auch den Vereinsbeitritt leisten können.“ Sie räumt freilich auch ein: „Im Westen leben inzwischen nicht mehr so viele bedürftige Alleinerziehende wie früher. Es gibt wesentlich mehr gut situierte Familien.“

Bisher hat sich der Verein bei seinen Beratungs-, Kurs- und Seminarangeboten, mit seiner offenen Kinderbetreuung und den Spielgruppen stets an den Bedürfnissen der Familien, Frauen und Kinder orientiert. Auch das sollte alles immer bezahlbar bleiben. Nun kommen die Ausgaben und die Einnahmen aber unter die Lupe.

Kosten für die Organisation des Zentrums lasten zudem auf dem Verein, der Ende November 2016 nicht mehr genug Geld für die Gehälter hatte. Es klaffte eine 90 000-Euro-Lücke. „Wir haben zunächst noch versucht, einen Kredit zu bekommen. Heute bin ich gottfroh, dass wir den nicht bekamen, wir hätten ihn nie zurückzahlen können“, so Jutta Ludmann. Bei einem Insolvenzverfahren hingegen zahlt die Arbeitsagentur drei Monate lang Insolvenzgeld an die Mitarbeiter. In zwei Versammlungen seien die Mitarbeiter informiert worden. „Natürlich hatten sie zunächst Angst um ihre Arbeitsplätze, jetzt sind sie mit uns solidarisch und arbeiten um so mehr“, sagt Jutta Ludmann.

Optimismus bei Beteiligten

Das Jugendamt ist laut Heinrich Korn „frühzeitig“ über die finanzielle Schieflage informiert worden. „Es liegt in unserem Interesse, dass sich der Verein konsolidieren kann und die Angebote stabil weiterbetrieben werden“, so der stellvertretende Amtsleiter. Daher unterstütze die Stadt den Verein „im Rahmen ihrer Möglichkeiten“, heißt es in der Pressemitteilung des Vereins. Das Ekiz ist auch Träger einer Kinderkrippe mit 15 Plätzen sowie einer Kita für 23 Kinder von null bis sechs Jahren. Dafür bezahlt die Stadt die üblichen Fördersätze. Außerdem organisiert und betreut das Ekiz im Auftrag des Jugendamts den begleiteten Umgang von Kindern mit getrennt lebenden Eltern sowie Beratungsangebote. Insgesamt finanziert die Stadt diese Dienste mit rund 120 000 Euro im Quartal, inclusive der Gehälter für die Erzieherinnen.

In den nächsten Wochen werde der Verein gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter Philipp Grub die Ausgaben und die Einnahmen auf Herz und Nieren prüfen, so die Vereinsvorsitzende. „Wir überlegen, wo wir sparen können, wo wir mehr verdienen können und wo wir beispielsweise größere Spenden herkriegen.“ Seit der Insolvenzverwalter im Haus sei, „habe ich schon viel gelernt“, sagt Jutta Ludmann. Grub selbst ist optimistisch: „Ich bin zuversichtlich, dass das Insolvenzverfahren gelingt.“