Rund 7000 Soldaten leisten Flüchtlingshilfe im Inland - mehr als doppelt so viele wie in allen Auslandseinsätzen zusammen. Der Wehrbeauftragte meint, dass die Truppe für solche Einsätze auch rechtlich gestärkt werden muss und regt eine Änderung des Grundgesetzes an.

Berlin - Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels hat mehr Rechte für die Bundeswehr bei ihren Hilfseinsätzen im Inland gefordert und eine Überprüfung des Grundgesetzes angeregt. Wenn die Bundeswehr wie jetzt in der Flüchtlingskrise mit einer großen Zahl von Soldaten helfe, müsse sie dies auch in Eigenregie tun können, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Derzeit müssten sich die Soldaten noch von einzelnen Mitarbeitern ziviler Hilfsorganisationen oder des Bundesamtes für Flüchtlinge sagen lassen, was sie zu tun habe. „Wenn die Bundeswehr eine Aufgabe im Inneren übernimmt, sollte sie die als Arbeitspaket auch ganz übernehmen.“

 

Um eine solche Regelung zu ermöglichen könnte eine Überprüfung des Artikels 35, Absatz 1 des Grundgesetzes sinnvoll sein, sagte Bartels. Dort ist die Rechts- und Amtshilfe zwischen Behörden des Bundes und der Länder geregelt.

An der Flüchtlingshilfe sind derzeit rund 7000 Soldaten beteiligt. Zu ihren Aufgaben zählen der Aufbau von Unterkünften, Personentransport, Verwaltungstätigkeiten bei der Aufnahme von Flüchtlingen und medizinische Versorgung. Bartels betonte, dass es sich dabei nur um eine schnelle Nothilfe und nicht um eine Daueraufgabe handeln könne. „Das muss im nächsten Jahr sukzessive wieder zurückgefahren werden.“

Nach Auffassung des Wehrbeauftragten kann die Bundeswehr auch bei Terroranschlägen im Inland eingesetzt werden. Das Grundgesetz lasse einen Einsatz bei innerem Notstand oder besonders schweren Unglücksfällen zu, sagte er. „Das kann zum Beispiel ein schwerer Terroranschlag sein. Wenn wir eine solche Situation hätten, dann müsste die Bundesregierung entscheiden, ob sie das auslöst, was das Grundgesetz hergibt“, sagte Bartels. „Das ist geregelt. Da muss man nicht neue Regeln erfinden.“

Mehrheit für Anti-Terror-Einsatz der Bundeswehr

Eine große Mehrheit der Deutschen befürwortet einen Bundeswehreinsatz im Inland im Fall eines Terroranschlags. In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov für die dpa lehnten nur 7 Prozent einen solchen Einsatz grundsätzlich ab. 53 Prozent sagten dagegen, sie seien „auf jeden Fall“ dafür, dass Soldaten im Ernstfall beispielsweise Gebäude in Innenstädten schützen. Weitere 35 Prozent meinten, sie würden einen Bundeswehreinsatz im Inneren mit „klar begrenzten Aufgaben“ unterstützen.

Laut Grundgesetz ist es die alleinige Aufgabe der Polizei, für Sicherheit im Inland zu sorgen. Die Bundeswehr darf nur in Ausnahmefällen helfen: im Verteidigungs- oder Spannungsfall, bei einer Naturkatastrophe, einem besonders schweren Unglücksfall oder zur Abwehr einer drohenden Gefahr für den Bestand der freiheitlichen demokratischen Grundordnung.

Seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert, ob die Regeln im Grundgesetz geändert werden müssen - gerade im Hinblick auf die Terrorgefahr. Die Anschläge in Paris haben die Debatte wiederbelebt. In der französischen Hauptstadt und auch beim Terroralarm in Brüssel kamen Soldaten zum Einsatz.