Millionen Menschen in Deutschland fühlen sich einsam – Jüngere genauso wie Ältere. Die gesundheitlichen Folgen sozialer Isolation sind oftmals gravierend.

Berlin/Stuttgart - Fast jeder zehnte Bundesbürger mittleren und höheren Alters fühlt sich einsam. So sind 9,1 Prozent der in Privathaushalten lebenden Menschen im Alter von 40 bis 89 Jahren von Einsamkeit betroffen, wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken im Bundestag hervorgeht.

 

7,9 Prozent sind demnach sozial isoliert – bei den Menschen zwischen 85 und 89 Jahren sind es sogar 14,7 Prozent. Die Regierung stützt sich auf Daten des Deutschen Alterssurveys (DEAS), einer vom Bundesfamilienministerium geförderten Studie, die seit 1996 regelmäßig durchgeführt wird..

Lesen sie hier: Sozial isoliert – Jeder zehnte Deutsche ist einsam

Einer Umfrage des Marktforschungsinstitut Splendid Research zufolge fühlen sich zwölf Prozent der mehr als 82 Millionen Bundesbürger häufig oder ständig einsam. 32 Prozent verspüren zumindest manchmal Einsamkeit.

Gesundheitliche Folgen der Einsamkeit

Insgesamt belegen mehrere Studien, dass Einsamkeit im hohen Alter zunimmt – und sich negativ auf die Gesundheit auswirken kann. Sie führt in vielen Fällen zu erhöhtem Blutdruck und steigert damit das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Auch psychische Erkrankungen und Demenz sollen durch Einsamkeit und soziale Isolation begünstigt werden.

Nach Aussage des US-Psychologen und Neurowissenschaftlers John T. Cacioppo, an der Universität von Chicago lehrt, ist Einsamkeit ein weitverbreitetes Gefühl – unter Jüngeren wie Älteren gleichermaßen. Vier von fünf der unter 18-Jährigen und 40 Prozent der über 65-Jährigen fühlen sich demnach zumindest manchmal allein.

Die Häufigkeit nimmt während des mittleren Lebensalters ab, um dann im höheren Alter wieder anzusteigen. 15 bis 30 Prozent der Bevölkerung gelten als chronisch einsam.

Was Einsamkeit und Alleinsein unterscheidet

Alleinsein ist nicht gleichbedeutend mit Einsamkeit. Nach Aussage von Cacioppo ist Einsamkeit nicht an die An- und Abwesenheit von anderen Menschen gebunden. Sie sei auch nicht abhängig von der Zahl der Freunde und Bekannten, die man hat.

Wer sich einsam fühle, so der Psychologe, dem fehlten nicht einfach Menschen. Vielmehr leidet er unter dem Gefühl, emotional und sozial nicht beachtet, anerkannt und gebraucht zu werden.

Wer einsam ist, stirbt früher

„Die Einsamkeit frisst mich auf.“ Diesen deprimierenden Satz hört man immer wieder. Die Sozialpsychologie definiert Einsamkeit als das Gefühl, sozial isoliert zu sein. Einsame haben ein höheres Sterberisiko als Menschen, die sozial eingebunden sind.

Einsame schlafen schlechter, sie grübeln mehr, sind unglücklicher und ernähren sich ungesünder als Menschen mit vielen Sozialkontakten. Wie stark sich das Gefühl des Alleinseins auf die Mortalitätsrate auswirkt, hat Julianne Holt-Lunstad, Professorin für Psychologie an der Brigham Young University (US-Bundestaat Utah) , untersucht.

Holt-Lunstads Zahlen belegen: Fühlt sich jemand dauerhaft einsam, ist sein Sterberisiko um 26 Prozent erhöht. Ist man tatsächlich sozial isoliert, steigt das Risiko auf 29 Prozent. Bei Menschen, die alleine leben, sind es sogar 32 Prozent.

„Einsamkeit ist der Killer Nummer eins“

„Einsamkeit ist der Killer Nummer eins. Noch vor den Risikofaktoren Übergewicht und Rauchen“, betont auch Manfred Spitzer, Ärztlicher Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie in Ulm. „Niemand von uns ist immun gegen das Gefühl, isoliert zu sein, genauso wenig wie wir immun sind gegen Hungergefühle oder Schmerz“, sagt Spitzer . „Einsamkeit tut weh.“