Von dem Versuch, eine simple Klingel reparieren zu lassen, den Unterschieden zwischen Wunsch und Wirklichkeit – und wie man vierstellige Summen sparen kann. Eine Beobachtung aus dem Alltag.

Politik/ Baden-Württemberg: Christian Gottschalk (cgo)

Der Elektriker kommt, wiegt den Kopf und sagt die Worte, die man auf der Handwerkerschule vermutlich als erstes lernt: „Au jehh“. Au jehh, das bedeutet wahlweise, dass es lange dauern wird, kompliziert werden könnte, dreckig, laut oder anspruchsvoll ist. In jedem Fall aber, dass es teuer wird. Sehr teuer. Die Haustürklingel, die schon seit einiger Zeit stumm bleibt, wenn man sie berührt, hat der Mann zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal aufgeschraubt. Die Diagnose kommt alleine von der Außenbetrachtung. Au jehh.

 

Kein überflüssiges Chichi

Der Mann ist nicht allein. Er hat einen Helfer dabei, der kann auch schon den Kopf bedenklich wiegen, und wird, das scheint zu diesem Zeitpunkt natürlich auch schon klar, die Rechnung mit einem extra Posten verschönern. Ersatzteile freilich haben die beiden nicht, zumindest nicht die, die sie hier bräuchten. Nach gut zehn Minuten sind sie daher auch wieder verschwunden. Erst mal mit der Chefin reden.

Mit der reden wir tags darauf auch, per Telefon. Unser Wunsch wird klar artikuliert. Wenn draußen jemand drückt, dann soll es drinnen Ding Dong machen. Oder Brrrr, das ist völlig egal. Irgendeine Art von Geräusch eben. Was wir nicht brauchen, ist eine funktionierende Gegensprechanlage, Leuchtdioden oder Vibrationsalarme oder Videogedöns. Einfach Ding Dong. Wir halten dann einfach den Kopf zum Fenster raus, und sehen, wer Einlass begehrt. Bei unserer Wohnsituation funktioniert das. Möglichst preisgünstig soll es bitte sein. Kein Problem, heißt es, man fertige einen Kostenvoranschlag an. Der komme per Mail.

Auf den Termin muss man viele Wochen warten

Der Termin mit den Handwerkern war von langer Hand geplant. Knapp vier Wochen hat es gedauert zwischen dem ersten Anruf und dem „Au jehh“ des Fachpersonals. Viel zu tun eben. Die Mail kommt noch am selben Tag. Ersatzteile gibt es nicht mehr, Reparatur unmöglich. Die neue Außensprechstelle soll 600 Euro kosten, netto. Alles drum und dran werden mit der Montage 1115 Euro verkostenvoranschlagt, anteilige KfZ-Pauschale und Mehrwertsteuer sind da aber natürlich auch schon inklusive. Wir versuchen zu berechnen, nach wie vielen Jahren Gebrauch ein einzelnes Ding Dong dann weniger als ein Euro kosten wird, lassen das aber schnell bleiben. Völlig klar, es muss dann halt weiter geklopft werden.

Ein Freund erzählt uns von der Erfindung der Funkklingel. Ein Teil hängt draußen vor der Tür, das andere steckt innen in der Steckdose. Knapp 30 Euro für ein sehr lautes Ding Dong – und Leuchtzeichen für Schwerhörige. Es wäre nett gewesen, wenn einem der Fachmann von so etwas berichtet hätte. Er hätte dieses Wunderwerk auch anbringen dürfen. Dann hätte die Firma für die Anwesenheit des Helfers etwas auf die Rechnung schreiben dürfen und für die Tätigkeit des Fachmanns den doppelten Betrag. So macht es die handwerklich begabte Frau im Haus eben selbst.

Korrekte Rechnung am Ende

Immerhin: für zehn Minuten Kopfschütteln und „Au jehh“ wird nur eine halbe Stunde Arbeitszeit berechnet. Und entgegen der Befürchtung taucht der Helfer gar nicht auf der Rechnung auf. Was übrigens ganz akkurat den Regeln entspricht. Nur für bedenkenträgerisches Kopfschütteln bekommt der zweite Mann nix. 70 Euro kostet das „Au jehh“ trotzdem. KfZ-Pauschale und Mehrwertsteuer inklusive. Viel Geld für nichts, einerseits. Also rechnen wir lieber wie die Bundesregierung: Im Vergleich zum Kostenvoranschlag war das ordentlich gespart.