Fußball ist nicht alles. Das wissen wenige so gut wie Daniel Engelbrecht. Der frühere Spieler der Stuttgarter Kickers brach auf dem Platz mit Herzproblemen zusammen. Jetzt war er zu Besuch bei seinem Ex-Verein – wegen einer besonderen Aktion.

Leistungssportler gelten gemeinhin als Verkörperung des fitten jungen Menschen. Trainiert und gesund. Und doch schlummert auch in ihnen manchmal eine Bedrohung, von der sie gar nichts wissen. Im Extremfall wird das vor aller Augen klar. So wie bei Christian Eriksen. Der Fußballstar, der heute in England bei Manchester United spielt, brach im ersten Gruppenspiel der dänischen Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft 2021 zusammen. Herzstillstand. Eine Reanimation rettete sein Leben, heute trägt er einen implantierten Defibrillator in sich.

 

So wie auch Daniel Engelbrecht. Im Trikot der Stuttgarter Kickers erlitt der damalige Jungprofi ein ganz ähnliches Schicksal. 2013 kippte er auf dem Spielfeld um. In der Folgezeit wurden bei Engelbrecht eine Herzmuskelentzündung und chronische Herzrhythmusstörungen diagnostiziert, die mehrere Operationen nach sich zogen, bei denen er unter anderem einen Defibrillator in den Brustkorb eingesetzt bekam. Er führte danach seine Karriere noch einige Jahre lang fort. Heute ist mit seiner Geschichte als Redner und Motivationscoach unterwegs.

Am vergangenen Samstag hat er Station in seiner alten Heimat gemacht. Beim Oberligaspiel der Kickers gegen den Offenburger FV schaute Engelbrecht in ganz besonderer Mission vorbei. Denn an diesem Tag fiel der Startschuss für eine besondere Aktion. Die Kickers und die Björn-Steiger-Stiftung aus Winnenden im Rems-Murr-Kreis haben eine langfristige Kooperation geschlossen. Dabei geht es um Erste Hilfe und Laienreanimation – denn jeder kann in die Situation geraten, so wie Engelbrecht schnelle Hilfe zu benötigen oder sie selbst leisten zu müssen, um Leben zu retten.

Den Auftakt gemacht haben am Spieltag ein Infostand und ein Interview in der Halbzeitpause mit Engelbrecht und Pierre-Enric Steiger, dem Präsidenten der Stiftung, die sich seit über 50 Jahren für die Lebensrettung und den Kampf gegen den plötzlichen Herztod einsetzt. Allein in Deutschland sterben jedes Jahr rund 100 000 Menschen an einem plötzlichen Herz-Kreislauf-Stillstand. „Mein Fall hat gezeigt, wie wichtig Notfallhilfe im Alltag ist. Ein Herz-Notfall kann jedem, jederzeit und an jedem Ort widerfahren“, sagt Engelbrecht. Auch sportliche und durchtrainierte Menschen könne es treffen. „Das Einzige, was man dann falsch machen kann, ist, nichts zu tun. Jeder kann Leben retten“, warb der Ex-Fußballer dafür, sich darüber schlau zu machen, was in solchen Fällen zu tun ist.

Jugendtrainer werden geschult

Bei den Kickers soll dieses Wissen im Rahmen der Kooperation künftig systematisch vermittelt werden. Bereit vor einigen Wochen haben Schulungen für die Mitarbeitenden der Geschäftsstelle begonnen. Erste Hilfe, Herzdruckmassage und die richtige Anwendung eines Laien-Defibrillators stehen auf dem Programm. Die Anleitung kommt von Ausbildern der Stiftung. Im nächsten Schritt sollen die Jugendtrainer und andere Interessierte aus dem Verein geschult werden, sagt eine Vereinssprecherin. Es gehe auch darum, das Thema Notfallhilfe bekannter zu machen. Auch in Zukunft soll es Aktionstage und Auffrischungen geben.

„Wir freuen uns sehr, mit den Stuttgarter Kickers einen Partner gefunden zu haben, der sich unserer Mission anschließt und sich für die Schulung seiner Mitglieder und Mitarbeiter einsetzt. Wir sind sicher, dass wir durch diese Zusammenarbeit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Notfallhilfe in der Region leisten können“, freut sich Pierre-Enric Steiger. Kickers-Geschäftsführer Matthias Becher betont, wie wichtig den Blauen das Thema ist: „Als Verein mit einer starken Verankerung in der Region und einer großen Anzahl an Mitgliedern und Mitarbeitern ist es für uns selbstverständlich, uns für die Sicherheit unserer Gemeinschaft einzusetzen.“ Man hoffe, durch die Kooperation mit der Stiftung dazu beitragen zu können, „dass mehr Menschen in der Region im Ernstfall Leben retten können“.

Weitere Partner sollen folgen

Wenn es nach der Björn-Steiger-Stiftung geht, sollen die Kickers nicht der einzige Verein bleiben, der vorangeht. „Wir arbeiten schon länger mit Schulen und Betrieben zusammen, tragen das Thema aber seit einiger Zeit auch in den Sport“, sagt Sprecher Christian Hoppe. Denn Herzprobleme seien dort unterschätzt, obwohl es sie häufig gebe.

Kooperationen mit einigen Sportverbänden und Initiativen gibt es bereits, dabei soll es aber nicht bleiben. „Es gibt auch Gespräche mit anderen Vereinen“, so Hoppe. Ziel sei es, bundesweit und über möglichst viele Ligen und Sportarten hinweg Schulungen und Defibrillatoren anzubieten. Die Kickers zumindest sind jetzt mit an Bord.