Auch im kommenden Jahr peilt Schmid die Nullverschuldung an. Dafür muss er 380 Millionen Euro einsparen - und das geht nur durch Stellenabbau.

Stuttgart - Die Nullverschuldung in diesem Jahr ist bereits beschlossen, nun strebt Baden-Württembergs Finanzminister Nils Schmid (SPD) auch für das kommende Jahr einen ausgeglichenen Landeshaushalt an. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die grün-rote Landesregierung 2012 einen Betrag von 380 Millionen Euro einspart. Dies ist nach Ansicht des Finanzministers ohne Einschnitte im Personalbereich nicht möglich. "Wir haben Handlungsbedarf bei den Personalkosten", sagte Schmid am Dienstag bei der Vorstellung der Eckdaten für den Landesetat 2012.

 

Der Finanzminister geht davon aus, dass trotz der erheblichen konjunkturellen Risiken im Zuge der europäischen Staatsschuldenkrise sowie der irrlichternden Finanzmärkte auch nächstes Jahr noch einmal die Nettonullverschuldung zu erreichen ist. Zwar weist die mittelfristige Finanzplanung für 2012 eine gewaltige Deckungslücke aus. Sie beträgt fast 2,4 Milliarden Euro. Doch gewaltig sind auch die aktuellen Steuereingänge, die der noch immer brummenden Industriekonjunktur geschuldet sind. Die Steuerquellen sprudeln gegenwärtig so stark, dass damit auch im nächsten Jahr Politik gestaltet werden kann. So hat Schmid in seinem Deckungskonzept für den Etat 2012 einen Überschuss von einer Milliarde Euro aus dem laufenden Haushaltsjahr eingeplant. Dieser Betrag ist exzeptionell. Dazu kommen erwartete Steuermehreinnahmen in Höhe von 800 Millionen Euro, die 2012 erwartet werden. Die Steuereingänge hinken der Konjunktur immer hinterher. Außerdem kann der Finanzminister noch auf einen Überschuss von 93 Millionen Euro aus dem Jahr 2010 zurückgreifen. Schließlich hat sich auch noch eine Rücklage aus dem Jahr 2007 gefunden. Sie beträgt 80 Millionen Euro.

Schmid ist aber sehr daran gelegen, die tatsächliche Nullverschuldung des Jahres 2011 und die wahrscheinliche Nullverschuldung des Jahres 2012 als punktuelle Ereignisse darzustellen. Nach wie vor belaste den Landeshaushalt eine strukturelle Deckungslücke von drei Milliarden Euro. Dieser Betrag setzt sich aus der Summe der Deckungslücke in der Finanzplanung und der Nettoneuverschuldung im Durchschnitt der vergangenen Jahre zusammen.

Die Chance, die Verhältnisse umzukehren

Der Finanzminister kündigte an, das von der alten Landesregierung beschlossene Stellenabbauprogramm fortzuführen. Dabei handelt es sich um insgesamt 1480 Stellen, von denen noch knapp 1400 zu streichen sind. Die Stelleneinsparung entfällt zu gleichen Teilen auf die Ressorts sowie die vier Regierungspräsidien. Allerdings lässt sich die grün-rote Landesregierung mehr Zeit für den Stellenabbau. Zielmarke ist nicht mehr das Jahr 2016, sondern das Jahr 2020. Schmid begründet dies mit Hinweis, dass in Teilen der Landesverwaltung die Stellensituation sehr angespannt sei. Zudem steht die Landesregierung im Wort, die 180 Stellen, die sie sich im Zuge des Machtwechsels genehmigt hatte, an anderer Stelle wieder abzubauen.

Weitergehende Ambitionen zur Verkleinerung der Landesverwaltung zeigte Schmid nicht. Er kleidete dies in die Formulierung: "Der Kampf gegen Neustellen wird weitergehen." Immerhin ließ er durchblicken, dass er die Stellenvermehrung zwecks Absenkung des Klassenteilers in den Schulen nicht durchgängig für richtig hält. Die alte Regierung habe dieses Projekt in der Finanzplanung nicht durchfinanziert. "Ich weiß auch nicht, ob das zielgenau wirkt." Man könne sich die Frage stellen, ob die generelle Absenkung des Klassenteilers "erste Priorität haben muss".

Drei Quellen

Den Einsparbetrag von 380 Millionen Euro im kommenden Haushaltsjahr will Schmid aus drei Quellen speisen. Erstens fallen geringere Schuldzinsen an, zweitens müssen die Ressorts einen Beitrag leisten, drittens sollen auch die Beamten außerhalb des Stellenabbaus einen Sparbeitrag leisten. Dafür sieht er wiederum drei Stellschrauben: die aktiven Dienstbezüge, die Pensionen sowie die Beihilfe im Krankheitsfall. An welcher gedreht wird, will Schmid im Gespräch mit dem Beamtenbund ausloten. Dessen Vorsitzender Volker Stich warnte die Landesregierung vor tiefen Einschnitten. "Das wäre so etwas wie ein Wortbruch", sagte Stich der Deutschen Presseagentur. Er verwies darauf, dass die neue Regierung versprochen habe, zunächst die Haushaltsstruktur zu durchforsten. Zugleich zeigte er sich gesprächsbereit. In der Vergangenheit wurden die Beamten schon des Öfteren mittels einer Verschiebung der Besoldungserhöhung um einige Monate zu Sparbeiträgen verpflichtet.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk nahm den sich anbahnenden Streit zwischen Regierung und Beamtenschaft mit Interesse auf, war doch das Verhältnis zwischen der alten CDU/FDP-Regierung und dem Beamtenbund zerrüttet. Hauk erkennt nun die Chance, die Verhältnisse umzukehren, weshalb er am Dienstag dem Beamtenbund beisprang: "Dass die Landesregierung bei den Beamten sparen will, ist zynisch und grotesk." Schließlich habe Grün-Rot bei der Regierungsbildung hochdotierte Positionen geschaffen und damit den Spardruck mit ausgelöst. Ebenso argumentierte die FDP-Landeschefin Birgit Homburger.

Auch der DGB eilte den Beamten zu Hilfe. Nachhaltige Finanzpolitik müsse sich aus den Zwängen immer neuer Sparrunden befreien, sagte DGB-Vize Marion von Wartenberg.

Die Buchführung des Landes

Vermögensrechnung: Finanzminister Nils Schmid will die Buchführung im Land durch eine Vermögensrechnung ergänzen. Bis jetzt wird allein die Methode der Kameralistik angewandt. Den geplanten staatlichen Einnahmen und Ausgaben werden die tatsächlichen gegenübergestellt. Die von Grün-Rot geplante Vermögensrechnung soll bis 2016 die Kameralistik um den vollständigen Nachweis des Vermögens und der Schulden erweitern. Ziel sei es vor allem, einen Blick auf die versteckten Lasten im Haushalt wie die Pensionsverpflichtungen zu schaffen. Aber auch das Vermögen des Landes soll genauer erfasst werden – auch die 18 Millionen Kunstgegenstände.