Der Stichtag für die Einschulung soll ab dem Schuljahr 2020/2021 vorverlegt werden. Aus Sicht der meisten Landtagsfraktionen sprechen verschiedene Argumente dafür.

Stuttgart - Schon zum Schuljahr 2020/21 will das Kultusministerium den Stichtag für die Einschulung vom 30. September auf den 30. Juni vorverlegen. Damit kehrt das Land zu einer Regelung zurück, die bis zum Jahr 2007 galt. Auch die Politik reagiert überwiegend positiv. Im Bildungsausschuss wurde ein gemeinsamer Antrag von Grünen, CDU, SPD und FDP bei einer Enthaltung angenommen.

 

Kultusministerin nimmt Initiative für sich in Anspruch

„Der Ausschuss teilt die Überzeugung der Eltern und wissenschaftlicher Studien, dass zu frühe Einschulung erhebliche negative Folgen für den späteren Lernweg dieser Kinder haben kann“, erklärt dazu Brigitte Lösch, die Vorsitzende des Bildungsausschusses.

Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) nimmt die Initiative für sich in Anspruch. Das Ministerium begrüße, dass der Ausschuss ihrem Vorschlag gefolgt sei. Die Einschulung sei ein bedeutender Schritt, so Eisenmann. „Das Alter alleine ist dabei nicht entscheidend, sondern der individuelle Entwicklungsstand jedes einzelnen Kindes“, sagt die Ministerin. Sie werde die bisherige Regelung ändern „um dem Wunsch nach mehr Flexibilität noch besser gerecht zu werden“. Eisenmann hatte den Vorschlag gemacht, als Reaktion auf die Online-Petition, die rund 21 500 Unterschriften aus Baden-Württemberg erbrachte.

Nur ein Bruchteil der Anträge auf Rückstellung abgelehnt

In Baden-Württemberg werden jährlich etwa knapp 100 000 Kinder eingeschult. Nach Angaben des Kultusministeriums gab es für das jetzt zu Ende gehende Schuljahr 2018/19 insgesamt 10 240 Anträge auf Zurückstellung. Davon stammen 6122 Anträge von Eltern, deren Kinder zwischen dem 30. Juni und dem 30. September sechs Jahre alt wurden. Lediglich 153 Anträge wurden von den Grundschulen abgelehnt.

„Wir senden ein wichtiges Signal an die Eltern, indem wir ihre Stimme bei der Frage des richtigen Einschulungstermins für ihr Kind stärken“, sagt Daniel Born, der Bildungsexperte der SPD.

FDP hofft auf weniger Bürokratie

Timm Kern, der bildungspolitische Sprecher der FDP, ist der Meinung, dass das Vorziehen des Stichtags den Eltern mehr Wahlmöglichkeiten gibt und ihnen „in vielen Fällen ein umständliches Antragstellen erspart“. Das nutzt wahrscheinlich Elke Heizmann. Ihr Kind wird im Sommer 2020 sechs Jahre alt und wäre damit von einer Neuregelung betroffen. „Einen Antrag auf Rückstellung hätte ich wohl nicht gestellt. Das lag mir schon ein bisschen im Bauch“, sagt Heizmann. „Aber wenn sich der Stichtag ändert, werde ich eher noch ein Jahr warten mit der Einschulung. Ich finde die Änderung gut.“

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) schüttet Wasser in den Wein. Sie pocht darauf, den Übergang zwischen Kindergarten und Grundschule besser zu gestalten und die Kooperation zwischen Erzieherinnen und Grundschullehrkräften zu verbessern. „Die Lösung liegt aus unserer Sicht nicht darin, den Stichtag zu verändern“, sagt GEW-Geschäftsführer Matthias Schneider.