Erst durchs Willkommensspalier, dann brav zwei und zwei aufstellen: An der Stuttgarter Reisachschule sind am Donnerstag die ersten Abc-Schützen eingeschult worden. Nicht alle waren begeistert.

Stuttgart - Erst durchs Willkommensspalier, dann brav zwei und zwei aufstellen: An der Stuttgarter Reisachschule sind bereits am Donnerstag die ersten Abc-Schützen eingeschult worden – es ist die einzige Schule in Stuttgart, die diesen frühen Termin gewählt hat. Die meisten Grundschulen in Stuttgart empfangen ihre Erstklässler erst am Freitag oder Samstag, einige auch erst am Montag.

 

Da es aber an der Reisachschule gleich 105 Erstklässler sind und diese gemeinsam mit den Zweitklässlern unterrichtet werden, wird dort die Einschulung auf zwei Tage verteilt. Am Donnerstag für die ersten fünf Klassen, am Freitag für weitere vier plus eine Grundschulförderklasse. Gefeiert wird auf dem Schulhof. Ehrensache, dass der Wettergott da ein Einsehen hat.

Anika versteckt sich erst mal, Marcel ist auch ein bisschen aufgeregt

Anika gehört zur frühen Gruppe. Sie versteckt sich erst mal hinter der Mama. So viele Leute im Schulhof, so viele Kinder, die sie noch nicht kennt. Aber auch andere Erstklässler schauen noch ein bisschen bang. Auch Marcel gibt zu, dass er „ein bisschen aufgeregt“ ist. Nicht mal in seine große Schultüte hat er reingespickelt, weiß also gar nicht, was drin ist. Auf was er sich am meisten freut? „Auf den Unterricht“, sagt der Sechsjährige wie aus der Pistole geschossen. Schon kurze Zeit später unterhält er sich mit seinem neuen Mitschüler. Es scheint, seinen ersten Kumpel hat er bereits gefunden. Lea hält stolz ihre Schultüte fest. Ihre Mama verrät, dass sie sich sehr auf die Schule freue, auch wenn Lea das in diesem Moment eher nicht so sieht.

Dass ein Fußballspieler Glens Schultüte ziert, ist natürlich kein Zufall. Der Sechsjährige kickt im Verein. „Rechnen kann ich schon“, sagt Glen. Und lesen? „Ein bisschen.“ Und den Rest, den werden er und seine Mitschüler sicher rasch lernen. Auch die Zweitklässler in der Klasse werden den Neuen dabei zur Seite stehen und fungieren als Paten.

Das Miteinander von Erst- und Zweitklässlern im Unterricht hat sich bewährt

Seit 17 Jahren gibt es an der Reisachschule die jahrgangsgemischte Eingangsstufe. Das habe sich sehr bewährt, sagt Rektorin Sabine Andreae. Denn so könne bei jedem Kind entschieden werden, ob es dort ein, zwei oder drei Jahre zubringe. Und für drei Stunden gehe jede Woche ein zweiter Kollege in die Klasse – „da kann man genauer beobachten und individueller fördern“, erklärt die Rektorin. Weiterer Vorteil: „Die Großen sind stolz, dass sie Paten sind – und die Eingewöhnung geht viel schneller.“ Auch die soziale Komponente sei dabei wichtig: „So lernen die Schüler, Verantwortung zu übernehmen, und haben eine Vorbildfunktion.“

Das zeigt sich bereits bei der kleinen Feier im Schulhof und später auf dem Weg ins Klassenzimmer. Gute Stimmung kommt bereits auf, als die älteren Schüler ihren Reisachschulsong schmettern und den Weg zu den Buchstaben mit ihrem Tinto-Rap rhythmisch klarmachen. Schnell das passende Plüschtier geschnappt – Schaf, Eule, Maus, Eisbär, Frosch –, so heißen die Klassen, und ab geht’s in die erste Unterrichtsstunde.

Englisch gibt’s übrigens nicht mehr. Dafür haben die Erst- und Zweitklässler zwei Stunden mehr Deutsch- und Matheförderung. Das gilt nicht nur für die Reisachschule, sondern im ganzen Land.

In Stuttgart gibt es in diesem Schuljahr fast hundert Erstklässler mehr als vor einem Jahr

4401 Abc-Schützen gibt es in diesem Schuljahr an den 71 städtischen Grundschulen in Stuttgart. Das sind fast 100 Erstklässler mehr als vor einem Jahr. Mit einer durchschnittlichen Klassengröße von 22 Schülern geht es jetzt noch etwas enger zu als in den Jahren zuvor.