Der Abbruch der ehemaligen Fernsehstudios des SWR im Stuttgarter Osten wird voraussichtlich 5,5 Millionen Euro kosten. Das Gartenamt überlegt gerade, wie das künftige Parkareal dort aussehen könnte. Der markante Kantinen-Pavillon kann nicht erhalten werden.

Stuttgart-Ost - Für die ehemaligen SDR- und dann SWR-Fernsehstudios im Park der Villa Berg läuft der Countdown: Anfang 2020 sollen dort die Abrissbagger anrollen, bis Ende des Jahres soll das bisher bebaute Areal nahe der Villa Berg wieder in Parklandschaft umgewandelt sein. Die Planungen dafür haben bereits begonnen – allein der Abriss soll mit rund 5,5 Millionen Euro zu Buche schlagen.

 

Geisterstadt-Atmosphäre

Wer an diesen sonnigen Herbsttagen im Park der Villa Berg spazieren geht, fröstelt an manchen Stellen trotz der spätsommerlich hohen Temperaturen. Die Villa Berg ist nach wie vor verrammelt, die sich dahinter nur auf den ersten Blick vermeintlich duckenden Studiogebäude sind weiträumig von einem zwei Meter hohen Bauzaun umgeben. Was direkt hinter der Villa nach einer moderaten ein- bis zweigeschossigen Bauweise aussieht, ragt von der Seite das Stadtteils Berg her massive sechs Geschosse in die Höhe. In dem im abgesperrten Bereich liegenden einstigen Kräuter- und Gemüsegarten der ehemaligen SWR-Kantine sind die Kürbisse reif, aber niemand erntet sie. Und so manche Sonnenschutzjalousie an der Fassade hängt in ihren Führungsschienen schief herunter.

Die Geisterstadt-Atmosphäre wird lediglich durch vereinzelte Mitarbeiter des städtischen Garten-, Friedhofs- und Forstamtes belebt, die einen Teil des Geländes als Ersatzbauhof nutzen können. Der große Rest des gewaltigen Baukörpers steht leer – dabei verkörpert er bundesdeutsche Fernsehgeschichte.

Geschichte – mit Beckett

Als in der Nachkriegszeit das – für manche schon wieder zu Ende gehende – Fernsehzeitalter begann, sahen sich die öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in ganz Deutschland gezwungen, Fernsehstudios zu bauen, auch der damalige Süddeutsche Rundfunk (SDR). Gegen die (heute undenkbaren) Pläne, weitere Teile des Parks zuzubauen, protestierten damals etliche Bürger, allerdings ohne Erfolg.

Im April 1965 wurde der gewaltige Gebäudekomplex mit fünf Studios und etwa 250 Technik- und Werkstatträumen eingeweiht. Oberirdisch ist davon trotz der bis zu sechs Geschosse nur vergleichsweise wenig zu sehen: zwei Drittel der gesamten Baumasse liegen unter der Erde, zum Funkhaus führt ein unterirdischer Tunnel. Schon in der Anfangszeit der Studios war dort der spätere Literaturnobelpreisträger Samuel Beckett zeitweise anzutreffen. Unzählige andere Kulturgrößen und Prominente folgten.

Nach den vielen Irrungen und Wirrungen um die Anwesen im Park und verhinderte Investoren wie beispielsweise Rudi Häussler kaufte die Stadt im Jahr 2015 die Villa und die Fernsehstudios von dem damaligen Eigentümer, der Düsseldorfer PDI, zurück. Im Kaufvertrag ließ PDI-Geschäftsführer Mathias Düsterdick (heute Gerchgroup) festschreiben, dass die Studiogebäude bis Ende 2020 abgerissen sein müssen.

Zeitplan – aber ohne Kantine

Eine Zwischennutzung der Studiogebäude, wie beispielsweise von der Stuttgarter Kreativszene gewünscht, war wegen des schlechten baulichen Zustands der Gebäude nicht möglich. Jetzt macht die Stadt – zwangsläufig – ernst mit dem Abriss, genauer gesagt mit dem Teilabriss. Nach den bisherigen Überlegungen können die unterirdischen Gebäudeteile, die bei einer Neuanlage des Parks dort nicht stören, einfach verfüllt werden, was eine Menge Zeit und Geld spart.

Der Bezirksbeirat Stuttgart-Ost hat den bisherigen Vorplanungen der Stadt zum Abriss jetzt zugestimmt. Das Hochbauamt wird nun den erforderlichen Abrissantrag vorbereiten. Außerdem sind vor Beginn des Abbruchs zahlreiche Gutachten erforderlich: zu möglichen Schadstoffen etwa, zur Statik, zur Geologie. Und dann gibt es ja noch den nach wie vor vom Südwestrundfunk genutzten, denkmalgeschützten Gutbrod-Bau, der vor dem Abriss-Lärm und eventuellen Erschütterungen geschützt werden muss.

Die ehemalige Kantine der Fernsehstudios in dem markanten Pavillon kann nach Angaben des Hochbauamts nicht erhalten werden. Das war im Bezirksbeirat und früher auch schon von engagierten Bürgern gefordert worden. „Unter dem Pavillon liegen vier Geschosse“, hieß es in der Bezirksbeiratssitzung. „Es geht leider nicht, sonst müsste man ihn in die Luft hängen.“

Der weitere Zeitplan sieht vor, dass das Garten-, Friedhofs- und Forstamt noch in diesem Herbst im Ausschuss für Umwelt und Technik des Gemeinderats seine Überlegungen für die Renaturierung des Areals vorstellen will. Von Oktober 2019 an sollen die Abbrucharbeiten vergeben werden, die Bagger sollen im Januar 2020 anrollen. Bis Dezember 2020 sollen die Studiogebäude abgebrochen sein, sodass dann mit der Modellierung des neuen Parkareals begonnen werden kann.