Die Lernfabrik am Beruflichen Schulzentrum in Bietigheim-Bissingen ist fertig. Zur Feier kommen Landrat und Wirtschaftsministerin. Am Ende gibt’s ein Spielzeugauto für beide.

Bietigheim-Bissingen - Wegweiser“, „Vorzeigeprojekt“, „Leuchtturm“ – das öffentliche Lob zur an diesem Mittwoch am Beruflichen Schulzentrum (BSZ) in Bietigheim-Bissingen eingeweihten Lernfabrik könnte höher kaum ausfallen. 28 Monate sind vergangen, seit das baden-württembergische Wirtschaftsministerium, damals noch unter Nils Schmid (SPD), Geld in die Hand nahm, um das Thema Industrie 4.0, also die vernetzte und computergesteuerte Produktion, an den beruflichen Schulen zu etablieren. Acht so genannte Lernfabriken 4.0 sollten es werden.

 

Für Schmids Nachfolgerin, die Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), ist es hier in Bietigheim-Bissingen die zweite Eröffnung einer Lernfabrik in ihrer Amtszeit. Sie spricht von einem wahren „Quantensprung“ in der Ausbildung. Auf dem Weg zur Roboterfabrik wird auch klar, was sie meint: in den Räumen nebenan stehen die Schüler noch an hölzernen Werkbänken und bearbeiten Dinge im Schraubstock. Dass Schulen und auch die berufliche Bildung nicht mithalten können mit Innovationsprozessen der Wirtschaft ist schon immer so gewesen – aber hier wird es besonders deutlich.

Die Lernfabrik simuliert eine vernetzte industrielle Produktion

So fallen auch die Appelle der Redner an diesem Mittwoch in diese Kategorie: „Ohne Vernetzung von Mechanik und Software ist eine zukunftsfähige Wirtschaft nicht möglich“, sagt der Landrat Rainer Haas. „Lernfabriken sind der Schlüssel für die Industrie im Land“, sagt Hoffmeister-Kraut.

Die Lernfabrik in Bietigheim-Bissingen soll eine vernetzte industrielle Fertigung im Kleinformat simulieren. Anlagen und Roboter, wie sie auch in der Industrie verwendet werden, beispielsweise in den Werkshallen von Bosch, Festo und Kuka, sind auf einer an allen Seiten verglasten Produktionslinie verbunden und mit verschiedenen Fernbedienungen steuerbar. Hergestellt hat sie die Firma Teamtechnik. Das Unternehmen mit knapp 500 Mitarbeitern in Freiberg am Neckar ist spezialisiert auf Automatisierungstechnologie.

Das erste Spielzeugauto geht an die Ministerin

Sieben Tonnen ist die Lernfabrik schwer, knapp 1,26 Millionen Euro hat sie gekostet. 500 000 Euro gab’s vom Land, 620 000 Euro vom Landkreis, der Rest kam durch Spenden aus der Wirtschaft – insgesamt 16 Unternehmen aus dem Landkreis. Die Lernfabrik kommt nicht nur Schülern des BSZ zugute. Auch die Carl-Schaefer-Schule in Ludwigsburg ist mit im Boot. Weiterbildungskurse für Erwachsene soll es auch geben.

Die Bietigheimer Lernfabrik simuliert die Produktion eines Spielzeugautos: Farbe und Form der Karosserie können variieren. Hat man seinen Wunsch angegeben, montiert die Anlage den Rest automatisch. Über Strichcodes erkennen die Roboter, was zu tun ist. Industrie 4.0 bedeutet eben auch, dass das Produkt die Produktion steuert – nicht umgekehrt wie früher. Das erste Spielzeugauto an diesem Tag geht übrigens an die Wirtschaftsministerin Hoffmeister-Kraut. Die Karosserie ist in neutralem Weiß – was eine Ausnahme ist, denn normal kennt die Maschine nur rot, gelb und grün. Das sind aber nicht die Faben einer CDU-Ministerin.

Projektvolumen
Statt wie zuvor geplant acht fördert das Wirtschaftsministerium nun 16 Lernfabriken in Baden-Württemberg mit 6,8 Millionen Euro. Es habe zu viele zu gute Anträge gegeben, heißt es im Ministerium.

Standorte
Die Lernfabriken sind in Stuttgart, Bietigheim-Bissingen, Tettnang, Singen, Biberach, Karlsruhe, Mosbach, Wiesloch, Gaggenau, Reutlingen, Schwäbisch Hall/Crailsheim, Offenburg, Aalen, Villingen-Schwenningen, Balingen und Göppingen.