Lokales: Mathias Bury (ury)

„Wir müssen die Menschen aus der Drehtür herausbringen und dort lassen, wo sie hingehören: in der Gemeinde“, sagt Martin Bürgy. „Wir sollten soviel ambulant behandeln, wie möglich.“ Die Neuerung ist Teil eines Prozesses, den der Ärztliche Direktor der Psychiatrie seit seiner Amtsübernahme Ende des Jahres 2008 fördert. So hat Bürgy die Stationen stärker nach Krankheitsbildern wie der Depression differenziert und etwa durch die Verminderung der Zahl der Akutstationen auch stärker spezialisiert. Zudem hat der Chef der Psychiatrie in den vergangenen Jahren die psychotherapeutische Behandlung der Patienten ausgebaut und stärker auf den einzelnen Stationen verankert, als dies zuvor der Fall gewesen ist.

 

Umstrukturierung soll Überbelegung angehen

Durch die Bildung des neuen Zentrums für Sozialpsychiatrie am Altstandort will man mit einer Kombination von stationären, tagesklinischen und ambulanten Angeboten die Verweildauer dieser psychisch schwer kranken Menschen in der Klinik vermindern. Dadurch sollen in Bad Cannstatt Bettenkapazitäten frei werden für die wachsende Zahl von Patienten, die etwa an affektiven oder bipolaren Störungen wie Depression oder manisch-depressiver Erkrankung leiden, aber auch an „Zivilisationsproblemen“ wie Ess- und Adoleszenzstörungen. Mit der Umstrukturierung geht man das Problem der tendenziellen Überbelegung der Psychiatrie an, das immer wieder dazu geführt hat, dass zeitweise selbst auf den Fluren Patientenbetten standen. „Der Druck von den Betten muss runter“, sagt Martin Bürgy. Die Belegung der Stationen liege „zum Teil deutlich über 90 Prozent“, erklärt der Ökonomische Leiter des Zentrums, Volkert Weiss.

Personalfluktuation hat zu Problemen geführt

Ein so anspruchsvoller und, so Bürgy, „längst überfälliger“ Wandel lässt sich in der Theorie allerdings leichter entwerfen als in der Praxis vollziehen. Nach dem Amtsantritt des Ärztlichen Direktors setzte eine Personalfluktuation bei den Fachärzten ein, wie sie in einer solchen Situation zwar nicht ganz ungewöhnlich ist, in diesem Ausmaß im Klinikalltag aber doch zu Problemen geführt hat. Nach mehreren Zwischenfällen, bei denen einmal durch ein Gerangel mit einem unzureichend behandelten Patienten sogar mehrere Pflegekräfte verletzt wurden, wurde die Kritik des Personals immer lauter.

Mit dem Neubau sind die räumlichen Voraussetzungen für die Weiterentwicklung der städtischen Psychiatrie geschaffen. Das Konzept des Ärztlichen Direktors im Zentrum für seelische Gesundheit, Martin Bürgy, wird aber erst deutlich, wenn man weiß, dass zwei Stationen mit insgesamt 38 Betten nicht nach Bad Cannstatt umziehen, sondern am Standort Bürgerhospital bleiben. Sie bilden das neue Sozialpsychiatrische Zentrum Mitte, das in enger Verbindung mit den insgesamt acht in der Stadt verteilten und unter anderem von Caritas und Evangelischer Gesellschaft getragenen gemeindepsychiatrischen Einrichtungen arbeiten soll. Hier werden insbesondere Patienten betreut, die an chronischen psychischen Erkrankungen des schizophrenen Typus leiden. Das Ziel der neuen Einrichtung: durch eine wirkungsvolle kurzzeitige Krisenintervention und die enge Verzahnung von ärztlicher Versorgung und Sozialarbeit sollen Klinikaufenthalte der Betroffenen verkürzt oder gar vermieden werden.

„Wir sollten soviel ambulant behandeln, wie möglich.“

„Wir müssen die Menschen aus der Drehtür herausbringen und dort lassen, wo sie hingehören: in der Gemeinde“, sagt Martin Bürgy. „Wir sollten soviel ambulant behandeln, wie möglich.“ Die Neuerung ist Teil eines Prozesses, den der Ärztliche Direktor der Psychiatrie seit seiner Amtsübernahme Ende des Jahres 2008 fördert. So hat Bürgy die Stationen stärker nach Krankheitsbildern wie der Depression differenziert und etwa durch die Verminderung der Zahl der Akutstationen auch stärker spezialisiert. Zudem hat der Chef der Psychiatrie in den vergangenen Jahren die psychotherapeutische Behandlung der Patienten ausgebaut und stärker auf den einzelnen Stationen verankert, als dies zuvor der Fall gewesen ist.

Umstrukturierung soll Überbelegung angehen

Durch die Bildung des neuen Zentrums für Sozialpsychiatrie am Altstandort will man mit einer Kombination von stationären, tagesklinischen und ambulanten Angeboten die Verweildauer dieser psychisch schwer kranken Menschen in der Klinik vermindern. Dadurch sollen in Bad Cannstatt Bettenkapazitäten frei werden für die wachsende Zahl von Patienten, die etwa an affektiven oder bipolaren Störungen wie Depression oder manisch-depressiver Erkrankung leiden, aber auch an „Zivilisationsproblemen“ wie Ess- und Adoleszenzstörungen. Mit der Umstrukturierung geht man das Problem der tendenziellen Überbelegung der Psychiatrie an, das immer wieder dazu geführt hat, dass zeitweise selbst auf den Fluren Patientenbetten standen. „Der Druck von den Betten muss runter“, sagt Martin Bürgy. Die Belegung der Stationen liege „zum Teil deutlich über 90 Prozent“, erklärt der Ökonomische Leiter des Zentrums, Volkert Weiss.

Personalfluktuation hat zu Problemen geführt

Ein so anspruchsvoller und, so Bürgy, „längst überfälliger“ Wandel lässt sich in der Theorie allerdings leichter entwerfen als in der Praxis vollziehen. Nach dem Amtsantritt des Ärztlichen Direktors setzte eine Personalfluktuation bei den Fachärzten ein, wie sie in einer solchen Situation zwar nicht ganz ungewöhnlich ist, in diesem Ausmaß im Klinikalltag aber doch zu Problemen geführt hat. Nach mehreren Zwischenfällen, bei denen einmal durch ein Gerangel mit einem unzureichend behandelten Patienten sogar mehrere Pflegekräfte verletzt wurden, wurde die Kritik des Personals immer lauter.

„Der Prozess hat geholpert“, räumt Bürgy ein, jetzt mit dem Gefühl, dass die größten Konflikte inzwischen ausgestanden sind. So gibt es nun einen regelmäßigen Dialog mit der Personalvertretung. Die 52 Arztstellen sind wieder weitgehend besetzt, der Pflegebereich komplett. „Zeigen sie mir eine Psychiatrie, wo das so ist“, sagt der Zentrumsleiter selbstbewusst. Zwei Indikatoren hält der 49-Jährige für besonders bemerkenswert: einen Privatpatientenanteil von 15 bis 20 Prozent, was weit über dem Schnitt von Psychiatrien liege; und im Vorjahr habe es keinen Suizid gegeben in der Klinik, ein so erfreulicher wie auch ungewöhnlicher Umstand.

Positiver Schub erwartet

Martin Bürgy geht davon aus, dass der Umzug in den Neubau allen Beteiligten einen positiven Schub geben wird. Den wird man für die weitere Entwicklung gut brauchen können. Die anstehenden Aufgaben sind beträchtlich. Zwar hat man in der Kinder- und Jugendpsychiatrie wegen der steigenden Zahl junger Menschen mit psychischen Problemen 20 zusätzliche Betten vom Land zugestanden bekommen. Durch die Alterung der Gesellschaft zeichnet sich aber seit einiger Zeit eine Überlastung in der Gerontopsychiatrie ab, wo die Zahl der schwierigen Fälle zunimmt.

Und die weitere Förderung der gemeindenahen Betreuung von Patienten, die chronisch an schweren psychischen Erkrankungen leiden (Fachjargon: Enthospitalisierung), ist anspruchsvoll und wird einen langen Atem brauchen. Martin Bürgy ist sich bewusst, dass es etliche Jahre dauert, bis die Betroffenen beim Übergang von den Langzeitbereichen der Kliniken in gemeindepsychiatrische Betreuungsformen wieder ihre vorherige Lebenszufriedenheit erreichen. „Das sind lange Prozesse, bis die Menschen aus dem beschützten Raum wieder ihren Ort in der Gemeinde finden.“