Für rund 120 000 Euro ist das Backhaus in der Ortsmitte hergerichtet worden. Es wird rege genutzt. In Holzgerlingen ist das Angebot mangels Interesse eingestellt worden.

Böblingen: Kathrin Haasis (kat)

Sindelfingen - Zwei Stunden kann sich der Zwiebelkuchen Zeit lassen, bis er perfekt ist. Mit einer langen Holzschaufel verfrachtet Ute Müller ein Blech nach dem anderen in den tiefen Steinbackofen. „Den Geschmack bekommt man zu Hause einfach nicht hin“, schwärmt die Vorsitzende der Maichinger Landfrauen. Zur Feier des Tages haben die Damen eingeheizt: Für rund 120 000 Euro ist das Backhaus in der Ortsmitte des Sindelfinger Stadtteils saniert worden. Nun wurde die Einweihung gefeiert. Rund ein Dutzend Backhäuser sind im Kreis Böblingen noch in Nutzung. In Holzgerlingen ist der Ofen dagegen seit eineinhalb Jahren aus. Das Gebäude hätte ebenfalls saniert werden müssen.

 

Mit Betoninjektion aufwendig stabilisiert

„In Maichingen gibt es eine lange Backhaustradition“, sagt der Ortsvorsteher Wolfgang Leber, „und die wollen wir aufrechterhalten.“ Mit einer Betoninjektion ist das Gebäude deshalb aufwendig stabilisiert worden. Die Fassade und das Dach wurden neu gemacht und in der Backstube neue Fliesen verlegt. Einst stand das Backhaus an der Sindelfinger Straße, bis es in den 70er Jahren dem Neubau einer Bank weichen musste. In der Schmalen Gasse wurde damals ein neuer Platz für den alten Elektrosteinbackofen geschaffen. 2008 ist das 60 Jahre alte Modell ersetzt worden.

Während das Backhaus vor wenigen Jahren noch eine regelrechte Flaute durchmachte, ist der Ofen mittlerweile mehrmals in der Woche in Betrieb – mindestens doppelt so oft wie noch vor ein paar Jahren. Neue Backgemeinschaften haben sich gebildet, etwa aus dem Neubaugebiet Allmendäcker oder unter befreundeten Familien. Regelmäßig finden in dem Häuschen Backkurse statt, auch Kindergärten und Schulen nutzen das Angebot. „Bei den jungen Familie ist Backen wieder in“, beobachtet Ute Müller. Ihre Landfrauen sind aber nach wie vor die Hauptnutzer des Steinbackofens. Beim Einweihungsfest schwärmt der Oberbürgermeister Bernd Vöhringer von den Weihnachtsbrezeln der Damen, die es jeden Dezember gibt. „Es macht einfach Spaß“, sagt die Vorsitzende der Landfrauen.

In allen sieben Teilorten ein Backhaus

Sindelfingen verfügt im Stadtteil Darmsheim noch über ein weiteres Backhaus. In Herrenberg steht in jedem der sieben Teilorte ein öffentlicher Ofen. Auch die viel kleinere Kommune Weil im Schönbuch hat zwei solcher Einrichtungen im Besitz. Für die Sanierung des Waag- und Backhäuschens am Marktplatz sind im Herbst 2013 sogar mehr als 300 000 Euro ausgegeben worden. Hildrizhausen hat sein Backhaus vor vier Jahren wieder in Schuss gebracht. Die Grafenauer können in Döffingen und Dätzingen einheizen. In Ehningen ist das kommunale Backen seit fast 180 Jahren Tradition. Das Backhaus wurde gebaut, um die Zahl der Feuer im Ort einzudämmen. In Gärtringen, Altdorf, Nufringen, Nebringen, Leonberg und Weissach haben die Einrichtungen ebenfalls die Zeit überdauert.

Der Holzgerlinger Gemeinderat hatte seinen Bürgern eine Galgenfrist von einem Jahr gegeben. Die Zahl der Backhausnutzer war stetig zurückgegangen, im Jahr 2014 ist der Ofen nur rund 15-mal angefeuert worden. „Man hätte es aufwendig renovieren müssen“, erklärt Werner Lenz. Allein für den Backofen wären 20 000 Euro fällig geworden, eine Rauchgasreinigung hätte 50 000 Euro gekostet. Anwohner hatten sich laut dem Hauptamtsleiter wegen des Qualms bei Backtagen regelmäßig beschwert, weil der ganze Ort eingenebelt wurde. Nach langen Diskussionen beschloss der Gemeinderat dann die Schließung. Während der Gnadenfrist fand sich auch kein Retter. Nur für die Kirchengemeinden wird in Holzgerlingen noch angeheizt, wenn sie für ihre Basare Brot backen.

Nutzung
: Das Maichinger Backhaus kann jeder Bürger nutzen. Ein Anruf bei Brigitte Schmid (0 70 31/38 45 21) genügt. Sie heizt dann zwei Stunden vor dem vereinbarten Termin den Ofen an. Die Nutzer können eine halbe Stunde vorher kommen und im Backhaus ihre Teige noch fertig verarbeiten. Für die zwei Stunden Backen werden 4,50 Euro pro Ofen fällig – und das Gerät fasst jede Menge Backwaren.

Wiederbelebung:
In Nufringen hat sich vor zwei Jahren eine Gruppe von Hobbybäckern gebildet, um mehr Leben ins Backhaus zu bringen. Sie nennen sich die Büschelesbäcker. Beim Brot- und Rosenmarkt in Herrenberg haben sie in diesem März wieder ihre Holzofenbrote verkauft. Denn in Nufringen stand ebenfalls die Schließung des Backhauses zur Debatte. Die Büschelesbäcker wollen ihr Backhaus-Wissen auch weitergeben. Zu den regelmäßigen Nutzern des Backhauses gehört auch der Handharmonikaverein. Am 23. September findet von 9 Uhr an ein Zwiebelkuchenverkauf am Backhaus statt.