In einem neuen Labor in Marbach (Kreis Ludwigsburg) können Schüler mit dem zukunftsträchtigen Gas experimentieren. Die Finanzierung war ein Kraftakt. Zur Einweihung kam hoher Besuch.
Fast schon filmreif inszeniert war der Moment, als das neue Wasserstofflabor am Freitag auf dem Marbacher Schulcampus in Gang gesetzt wurde. Das Publikum im voll besetzten Festzelt konnte auf einer großen Leinwand verfolgen, wie Bernd Waser vom örtlichen Solarverein um exakt 12.16 Uhr den Startknopf am Rechner drückte. Sekunden später ließ sich an einem Diagramm ablesen, dass die Produktion des wertvollen und zukunftsträchtigen Gases begonnen hatte.
Diese Dramatik passte irgendwie gut zur Entstehungsgeschichte. Denn die war nicht nur lange, sondern teilweise auch gespickt mit Rückschlägen – bis sie am Freitagmittag triumphal und lautstark beklatscht endete. Fulminant begleitet übrigens von der Big Band des Friedrich-Schiller-Gymasiums (FSG), auf dessen Gelände der gelbe Container steht, der das Labor beheimatet.
Hans Martin Gündner, der Initiator des Projekts und Vorsitzende des Solarvereins, ging schon vor sechs Jahren mit der Idee des Wasserstofflabors schwanger. Bei der Stadt Marbach rannte er damit offene Türen ein. Auch das FSG als möglicher Partner und Nutzer zeigte sich sofort hellauf begeistert. Doch die Finanzierung erwies sich als Kraftakt, zog sich wie Kaugummi. Zwischenzeitlich wirkte Gündner sogar etwas resigniert, ließ aber nicht locker und ging weiter eifrig Klinkenputzen, um das rund 500.000 Euro schwere Vorhaben umzusetzen. Bis zuletzt habe Gündner sogar befürchtet, einen persönlichen Kredit aufnehmen zu müssen, was er vermutlich sogar getan hätte, merkte Volker Müller, Leiter des FSG, anerkennend und mit einem kleinen Augenzwinkern an.
Der wohl entscheidende Durchbruch gelang, als das Land mit ins Boot kam und 100.000 Euro beisteuerte. Gönner und Sponsoren sprangen dem Solarverein ebenfalls zur Seite, sodass nun tatsächlich die Einweihung des Labors gefeiert werden konnte. Zu dem Festakt erschien viel Prominenz aus der Lokal- und Landespolitik mit dem CDU-Landesvorsitzenden Manuel Hagel an der Spitze.
Diese geballte Präsenz mag auch mit den bald anstehenden Wahlen in Baden-Württemberg zusammenhängen. Doch Fakt ist ebenfalls, dass es sich um ein außergewöhnliches Vorhaben handelt. Staatssekretär Volker Schebesta aus dem Kultusministerium sprach nicht umsonst von „einem Alleinstellungsmerkmal am FSG“. Daraus entstehe jedoch zugleich die Verpflichtung, „das zu nutzen, zu teilen und anderen zur Verfügung zu stellen“.
Praxiserfahrung statt Klassenzimmer
Dieser Aufgabe wollen sich alle Beteiligten stellen. Volker Müller hob hervor, dass das Labor in vielfältiger Weise in den Unterricht eingebaut werden könne. Man gewinne unter anderem einen Einblick in die Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff, habe Berührungspunkte mit Chemie und Physik. Mit dem Fach Informatik gebe es ebenfalls Schnittmengen. „Es geht ja auch um Systemtechnik“, erklärte er. Das Feld der Sicherheitstechnik sei ebenfalls berührt bei dem Umgang mit dem Gas. „Das ist ein ideales Betätigungsfeld für Tüftlerinnen und Tüftler in unserer Schülerschaft, die nach Herzenslust Projekte angehen und umsetzen können“, fasste Müller zusammen. Zudem führe eine solche Einrichtung dazu, das Klassenzimmer zu verlassen und sich rein in die Praxis zu stürzen.
Diesen Punkt hob auch der Marbacher Bürgermeister Jan Trost hervor. „Man kann hier Naturwissenschaft hautnah erleben“, sagte der Rathauschef. Zudem werde ein klares Zeichen gesetzt „für zukunftsfähige Bildung, eine verantwortungsvolle Energiepolitik und eine enge Verzahnung von Wissenschaft, Schule und regionalen Akteuren“.
Diese Melange war auch für Initiator Hans Martin Gündner immer die Triebfeder. Ihm geht es darum, die Jugend mit einer Technologie vertraut zu machen, die bei der Abkehr von den fossilen Brennstoffen eine große Rolle spielen könnte. Der Vorsitzende des Solarvereins gab zu bedenken, dass Wasserstoff künftig „an vielen Stellen unverzichtbar“ sein werde, zum Beispiel als Speichermedium, dessen Energie bei Windflauten und Dunkelheit ausgeschüttet werden könne. Oder in der Stahl- und Zementproduktion. Eine Nummer kleiner denkt man in Marbach, wo über die Verstromung des Wasserstoffs E-Bikes geladen werden sollen.
Allerdings wird es bis dahin noch etwas dauern. Zwar fiel gestern der offizielle Startschuss für das Labor, doch die endgültige Betriebsgenehmigung liege noch nicht vor, sagte Gündner. Der geistige Vater des Projekts erklärte zudem, dass die Räumlichkeiten hauptsächlich vom Gymnasium, aber sukzessive auch von anderen Schulen, angehenden Techniklehrern und Unternehmen genutzt werden könnten – also ganz wie von Staatssekretär Volker Schebesta gefordert.