Stadtoberhaupt Fritz Kuhn und seine Bürgermeister-Riege hörten sich bei der Einwohnerversammlung die Sorgen und Nöte der Bürger an. In den meisten Fällen hatten sie allerdings keine Lösung parat.

Stuttgart-Botnang - Ein seltener Gast war am Montagabend zu Besuch in Botnang. Oberbürgermeister Fritz Kuhn war seit seinem Amtsantritt im Oktober 2012 beruflich noch nicht so oft im Stadtbezirk. Nun nahm er sich aber rund zweieinhalb Stunden Zeit, um im Rahmen einer Einwohnerversammlung auf die Fragen, Sorgen und Nöte der Botnanger einzugehen.

 

„Ich bin der festen Überzeugung, dass Botnang ein wunderbarer und einzigartiger Bezirk ist“, schwärmte Kuhn zu Beginn seiner Rede. „Aber nicht, dass Sie denken, dass ich das überall sage.“ Das Stadtoberhaupt pries unter anderem die besondere Wohnlage im Bezirk an – eingebettet von Wald, mit einem schönen Ausblick. „Hier gibt es einfach gute Lebensbedingungen für jung und alt“, sagte Kuhn. Das Vereinsleben sei intakt. Die Grundschulen seien gut aufgestellt. Die Flüchtlingsunterbringung habe funktioniert. Und Botnang sei ein Bezirk mit sehr wenig Kriminalität.

Auch der Öffentliche Personennahverkehr sei gut. Es gebe zwei Stadtbahnen und eine Busverbindung über Vaihingen bis nach Sindelfingen. „Über den Takt können wir später gerne sprechen“, sagte Kuhn. Den Spielball nahmen einige der rund 400 anwesenden Botnanger in der Turn- und Versammlungshalle gerne auf. Dass der Bus der Linie 91 nur alle 30 Minuten nach Feuerbach fahre, mache die Verbindung sehr unattraktiv, betonte ein Bürger. „Deshalb fahren alle mit dem Auto nach Feuerbach.“

Erheblichen Gesprächsbedarf gibt es in Botnang beim Thema Verkehr

Der Oberbürgermeister zeigte Verständnis für die Anliegen der Botnanger: „Ich weiß, dass es Ihnen am liebsten wäre, wenn beide Stadtbahnen rund um die Uhr im Zehn-Minuten-Takt nach Botnang fahren würden. Das habe ich begriffen“, sagte Kuhn und schmunzelte. Aber manche Dinge seien derzeit einfach nicht machbar – wie zum Beispiel die direkte Busverbindung von Botnang zum Killesberg. Die Stuttgarter Straßenbahnen AG (SSB) habe errechnet, dass durch diese Linie 180 000 Euro pro Jahr eingenommen werden könnten. Demgegenüber stünden aber Kosten in Höhe von 800 000 Euro. Das lasse sich wirtschaftlich einfach nicht darstellen.

Wenn es nach Fritz Kuhn geht, darf es bei einem anderen Thema aber auf gar keinen Fall in erster Linie um wirtschaftliche Faktoren gehen; nämlich beim städtischen Wald. Hier stünden ganz klar die Erholungs- und Freizeitfunktion sowie der Naturschutz im Vordergrund – auch wenn in den vergangenen Monaten ein anderes Bild entstanden sei. Immer wieder hatten sich Bürger beschwert, dass im Wald zu viele Bäume gefällt worden sind. „Wenn ich die Fotos sehe, finde ich auch, dass es ein harter Einschlag war“, gab Kuhn zu. Das liege aber auch daran, dass man neuerdings nur noch einmal alle zehn Jahre in den Stadtbezirk komme, um Holz zu entnehmen, ergänzte Bürgermeister Dirk Thürnau. Früher sei man binnen von zehn Jahren zwei- bis viermal vorbeigekommen. Da seien die Einschläge dann natürlich jeweils etwas kleiner ausgefallen, auch wenn insgesamt mehr Holz entnommen worden sei. „Wir werden auf jeden Fall mit den Bürgern über die künftigen Ziele der Waldbewirtschaftung diskutieren – vielleicht im Rahmen eines Beirats oder eines Runden Tischs“, versprach der OB. Damit konnte auch Jörg Noetzel von der Bürgerinitiative Zukunft Stuttgarter Wald sehr gut leben. Er bedankte sich am Montag beim Oberbürgermeister für den angekündigten Dialog.

Erheblichen Gesprächsbedarf gibt es in Botnang auch beim Thema Verkehr. Schon vor der Einwohnerversammlung reckten Bürger selbst gemachte Plakate in die Höhe und forderten, dass der Durchgangsverkehr gestoppt wird. Der sei nämlich unter anderem in der Alten Stuttgarter Straße morgens und abends erheblich. „Die Straße zu überqueren, ist teilweise lebensgefährlich“, sagte ein Bürger. Vor allem die Kinder auf dem Weg zur Franz-Schubert-Schule seien gefährdet – auch durch den manchmal nur 50 Zentimeter breiten Gehweg. „Bitte tun Sie etwas“, sagte er in Richtung Fritz Kuhn. Ordnungsbürgermeister Martin Schairer machte den Botnangern im Bezug auf die Menge der Fahrzeuge aber keine großen Hoffnungen: „Da lässt sich wahrscheinlich nicht viel machen. Aber wir werden die Sicherheit und die Breite des Gehwegs an dieser Stelle überprüfen.“

Die Fahrzeuge auf dem ehemaligen Festplatz sollen weichen

Andere Botnanger ärgerten sich über den immensen Schleichverkehr durch die Vaihinger Landstraße, die Hummelberg- und Lortzingstraße. Um ihn zu reduzieren wurden von Seiten der Bürger Zebrastreifen oder Bodenwellen gefordert. Beides stieß bei der Stadtverwaltung nicht unbedingt auf Gegenliebe. „In 30er-Zonen sind Zebrastreifen eigentlich erfahrungsgemäß eher ein Sicherheitsrisiko. Aber wir prüfen, ob das in der Vaihinger Landstraße Sinn machen würde“, sagte Martin Schairer. Bodenwellen seien dagegen in Stuttgart ein absolutes Tabu-Thema.

Auch wenn nicht alle Antworten der Bürgermeister-Riege für Zufriedenheit sorgten: Einen großen Erfolg konnten die Botnanger bei der Einwohnerversammlung aber noch verzeichnen. Unter anderem forderte der ehemalige Bezirksbeirat Werner Sixt, dass die Interessen der Botnanger auch an der Beethovenstraße gewahrt bleiben müssen. Rund um das geplante Haus der Jugend müsse renaturiert werden. Die Pläne, dort dem Autohaus Seat dauerhaft Stellflächen zu gewähren, gleiche einer kommunalpolitischen Polit-Satire. Auch der Sprecher des Jugendrates, Max Göhner, sprach sich für einen Bürgerpark, die Offenlegung des Metzgerbaches sowie Freiflächen fürs Haus der Jugend aus und erhielt lautstarken Applaus aus dem Publikum. Bau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold konnte die Botnanger beruhigen: „Ich kann Ihren Ärger nachvollziehen. Wir werden nach der Sommerpause einen anderen Vorschlag präsentieren. Ich gehe davon aus, dass er dann die Renaturierung und nur eine temporäre Nutzung der Fläche durch das Autohaus beinhaltet.“