Am vorletzten Wochenende vor Weihnachten ist in Stuttgart noch einmal kräftig eingekauft worden. Längere Öffnungszeiten und mildes Klima bescheren den Einzelhändlern Rekordzahlen.

Lokales: Sybille Neth (sne)

Stuttgart - Ein Tag der Superlative: der Samstag vor dem dritten Advent hat die anfängliche Kaufzurückhaltung beim Weihnachtsgeschäft gebrochen. Vor der Fahrt in die Stadt mit dem Auto wurde im Rundfunk gewarnt und am Nachmittag waren zum Beispiel auf dem Park-&-ride-Gelände an der Ruhbank alle Parkplätze belegt. Citymanager Hans H. Pfeifer führt den Run auf die Innenstadt auch auf das ideale Einkaufswetter zurück. Es war so mild, dass vor dem Städtischen Kunstmuseum die Café-Besucher ihren Cappuccino noch abends im Freien schlürften.

 

Breuninger hat am Samstag seine Umsatz- und Besucherrekorde gebrochen, wie Unternehmenssprecher Christian Witt erklärt: „Es war rappelvoll. Wir schätzen, dass 70 000 Kunden im Haus waren, und es waren 1500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einsatz.“ Skihelme und Skiausrüstungen liefen besonders gut. „Letztes Jahr hatten wir vor Weihnachten noch keinen Schnee, deshalb wurde das damals nicht gekauft“, sagt Witt. „Sogar Textilien, die bisher geschwächelt hatten, verkauften sich gut“, ergänzt Hans H. Pfeifer.

Bei Media Markt sind in diesem Jahr neben Smartphones und Tablet PCs bei Jugendlichen die Riesenkopfhörer der Renner. Der Geschäftsführer von Galeria Kaufhof, Thomas Benedetti, sagt, dass die Kundschaft sehr auf Qualität achte. „Das ist der allgemeine Trend, der sich vor Weihnachten besonders bemerkbar macht: Weg von der Wegwerfware und den Billigprodukten, hin zu Hochwertigem.“ Das jedoch gilt nicht für alle Bereiche. „Bei Musikinstrumenten wird nicht mehr so teuer gekauft wie früher“, beobachtet Angelika Petkovic im Musikhaus Berthold und Schwendter. Am Samstag hat sie jedoch deutlich mehr Gitarren verkauft als an anderen Tagen. „Musikinstrumente sind Weihnachtsgeschenke, für die das ganze Jahr gespart wird und zum Schluss bei der Oma und der Tante noch gesammelt wird.“ Bei Spielwaren Kurtz am Marktplatz freute man sich ebenfalls über einen der umsatzstärksten Tage. Hier gingen Kaufläden, Puppenhäuser und Puppen besonders häufig über den Ladentisch. „Wenn die Kinder nicht sehen sollen, dass die Eltern etwas für sie kaufen, sind wir so geschickt und bringen das unauffällig zur Kasse“, sagt die Abteilungsleiterin Karolin Weber.

Von 20 Uhr an leerten sich die Geschäfte deutlich, die meisten Kunden tummelten sich auf dem Weihnachtsmarkt bei Glühwein und Roter Wurst. Dort war kein Durchkommen mehr. Karstadt, Breuninger und Kaufhof hatten bis 24 Uhr geöffnet, die anderen Geschäfte auf der Königstraße bis 22 Uhr. Seit vergangener Woche sind die Läden hier bis 21 Uhr offen. Diese Aktion der Cityinitiative zahle sich seit Dienstag für den Handel aus, rechnet Pfeifer. „Der Montag war sehr verhalten. Das lag daran, dass der Samstag davor sehr gut war. Ab Dienstag war die Kundenfrequenz hervorragend, und der Freitag war phänomenal.“

Oft verkauft: Shades of Grey

Für die langen Öffnungszeiten macht die Cityinitiative in den regionalen Radiosendern Werbung. „Wir müssen die Leute, die im Land wohnen, dazu bringen, dass sie sagen: Lass uns zum Einkaufsbummel nach Stuttgart fahren“, sagt Pfeifer. „Ich sehe heute viele Ausländer – nicht diejenigen, die hier leben, sondern zum Beispiel Franzosen. Die sind wahrscheinlich extra hergekommen“, berichtet Ali Alawi, der in den Königsbaupassagen als Wachmann die Passanten im Auge behielt.

In der Buchhandlung Wittwer war es am Vormittag noch sehr ruhig. Der Ansturm kam am späten Nachmittag. „Gekauft werden alle Bestsellerromane. Ganz vorne liegt Shades of Grey“, sagt die Verkäuferin Anna Meyer. Erfahrungsgemäß werde am vierten Adventssamstag nicht mehr so viel gekauft. „Und am 24. kommen nur noch Männer.“ Dichtes Gedränge und eine lange Schlange an der Kasse gab es im Schuhgeschäft von Sigrun Wöhr in der Stiftsstraße. Dies war einer der wenigen Läden in den Randlagen um die Königstraße mit verlängerter Öffnungszeit. In der Eberhardstraße dagegen waren um 19.30 Uhr die Bürgersteige längst hochgeklappt, mit Ausnahme der Filiale von Villeroy und Boch und dem Kunsthaus Schill. Dort berichtet Mitarbeiterin Ute Löw von einem sehr umsatzreichen Tag. Nicht nur Schnickschnack, sondern auch deutlich mehr Kunst als sonst habe sie verkauft.

Pfeifer ist verärgert über das Verhalten der Einzelhändler in der Eberhard-, der Stifts- und der Hirschstraße: „Ich krieg mich nicht mehr! Wir haben dort den Weihnachtsmarkt bis zu Karstadt verlängert. Die Kundenfrequenz wäre da, aber die Geschäfte sind zu.“ Die Cityinitiative versuche, für den Einzelhandel zu werben, damit nicht alle in die Königstraße zu den großen Filialisten gehen. „Wenn aber an der Tür steht: wegen Reichtums geschlossen, dann sind das vertane Chancen.“