Die Einzelhändler in den Stadtbezirken brauchen Unterstützung. Ob dabei ein Ankermieter einer großen Kette helfen kann, ist aber umstritten.

Bad Cannstatt - Das jüngste Q-4-Treffen war so gar nicht nach dem Geschmack einiger Anwesenden. Q4, das steht für vier mal im Jahr. So oft treffen sich die wichtigen Leute der Stuttgarter Handelsvereine, der Selbstständigenbünde und so weiter, um sich auszutauschen, stets nicht öffentlich, weshalb auch nicht viel von diesen Abenden nach draußen dringt. Doch das, was ihm ein Redner vor Kurzem im Möhringer Bürgerhaus ins Gesicht sagte, war für Rainer Schünemann dann doch zu viel.

 

Ein Stadtteil brauche einen Ankermieter, einen C&A etwa oder einen Müller-Markt, um den sich kleinere Geschäfte ansiedeln könnten, sagte der Referent, ein Vertreter eines großen Gewerbeimmobilienvermarkters. Schünemann kommt aus Gablenberg. Auf seinen Einwand hin, dass es doch gerade die großen Filialisten sind, die den kleinen Einzelhändlern das Leben schwer machen, „bekam ich als Antwort, dass wir dann wohl unser Geschäftsmodell überdenken müssten“. Schünemann ist seitdem sauer, weniger auf den Referenten, mehr schon auf die Wirtschaftsförderung der Stadt Stuttgart. Denn die organisiert die Q-4-Treffen, und zwar, um den Einzelhändlern zu helfen.

Verwunderung bei Angelika Grupp

„Ich habe mich schon auch gewundert“, sagt Angelika Grupp, die Vorsitzende des Gewerbe- und Handelsvereins (GHV) in Bad Cannstatt. Im Prinzip habe der Redner ja recht gehabt, aber seine Auslassung über einen Ankermieter „betrifft nur Stuttgart-Mitte, nicht einmal Bad Cannstatt“.

Dabei verfüge der Stadtbezirk durchaus bereits über zwei Publikumsmagnete, wie sie es nennt – zum einen eine Kaufhof-Filiale, zum anderen das Cannstatter Carré. Derweil darbe aber das historische Stadtzentrum. Die Mieten dort sind sehr hoch, was es kleinen Geschäften schwer macht, Gewinne zu erwirtschaften. „Die Herausforderung ist, das Zentrum wieder zu beleben“, sagt Grupp. „Da brauchen wir ein Konzept.“ Jedenfalls habe sie an diesem Abend von dem Referenten „keine Tipps“ bekommen, „wie man die Einzelhändler vor Ort stärken kann“.

Das beste an diesem Abend, so heißt es von vielen Seiten, war das, was Wolfgang Gessler zu sagen hatte. Gessler kommt aus Möhringen, und es war an ihm, die Arbeit des örtlichen GHV vorzustellen, „mit wem wir zusammen arbeiten und wie wir das tun“, sagt er. Die Möhringer Händler haben sich auf die Fahnen geschrieben, gut mit Vereinen vernetzt zu sein, mit Schulen zu kooperieren und das Thema Inklusion voranzutreiben. Das kam gut an, Gessler konnte seinen Kollegen einige Tipps geben.

Unterstützung für die Stadtteile gefordert

Torsten von Appen kann die Aufregung nicht nachvollziehen. Von Appen ist der Stadtteilmanager bei der Wirtschaftsförderung. Die Einladung der Referenten gehe auf „Themenvorschläge aus dem Kreis der Vorsitzenden“ zurück. Und anschließend „hat niemand gesagt, dass das nicht gut ankam“. Seit zwei Jahren gibt es die Treffen, stets in einem anderen Stadtbezirk, üblicherweise kommen bis zu 40 Teilnehmer.

„Ich kann nachvollziehen, dass es Vorbehalte gab“, sagt Ines Aufrecht, die Leiterin der Wirtschaftsförderung. Dennoch, die Treffen an sich seien eine gute Einrichtung. Daran lassen im Übrigen auch die teilnehmenden Händler keinen Zweifel. Ende November wird es ein neues Treffen geben, dann im Stuttgarter Rathaus. Schünemann will sich von schönen Worten nicht besänftigen lassen. „Was wir brauchen, sind ganz konkrete und umsetzbare Tipps, wie wir uns gegen die City behaupten können“, sagt der Mann aus Gablenberg. Die Innenstadt sei wie ein schwarzes Loch, das die Kaufkraft aufsauge. „Wir brauchen die Unterstützung hier in den Stadtteilen, wo die Menschen wohnen“, sagt er. So ächzen die örtlichen Händler unter der zunehmenden Last der Bürokratie, wenn es darum geht, ein Stadtteilfest zu organisieren. Darum soll es bei einem der nächsten Treffen gehen.