Angesichts der neuen Stuttgarter Shoppingcenter Gerber und Milaneo wollen die Städte in der Region nachlegen. Doch der Handelsverband äußert scharfe Kritik am ständigen Zuwachs der Verkaufsfläche.

Stuttgart - Der Kampf um die Kunden geht in die nächste Runde. Milaneo und Gerber haben seit einem Jahr geöffnet und ziehen zusammen rund 50 000 Menschen pro Tag an. Ein Großteil dieser Kunden kommt aber nicht aus der Landeshauptstadt, sondern aus dem Umland. Dort hat die Konkurrenz reagiert, baut eigene Angebote aus und fügt zusätzliche Einkaufszentren hinzu. Der Handelsverband sieht diese Entwicklung äußerst kritisch.

 

Glaubt man den Worten von Andrea Poul, der Centermanagerin des Milaneo, besuchen knapp 30 000 Menschen am Tag das größte Einkaufszentrum im Südwesten. Weniger als ein Drittel (32 Prozent) von ihnen kommt aus der Stadt. Ein Großteil stammt aus dem Bereich, den der Betreiber des Centers, die ECE, für das Milaneo als Einzugsgebiet definiert hat. Zitat Poul: „Wir rechnen mit 2,9 Millionen Menschen aus der Gegend zwischen Heilbronn und Reutlingen und zwischen Pforzheim und Göppingen.“ Die große Überraschung nach einem Jahr Milaneo: selbst an den Werktagen kommen 30 Prozent der Kunden von weiter her als aus dem eigentlichen Einzugsgebiet – an Samstagen sind es laut Andrea Poul sogar 40 Prozent.

Im Umland und in der Region wird um Kunden gekämpft

Die Städte im Umland aber wollen ihre Kunden nicht kampflos nach Stuttgart ziehen lassen. Für bestehende Center existieren Erweiterungspläne, neue sind in der Zwischenzeit entstanden. Das Handelsunternehmen Breuninger etwa betreibt unter Regie der ECE zwei Einkaufszentren. „In Ludwigsburg haben wir die Eröffnung des Milaneo deutlich gespürt“, erklärt der Pressesprecher Christian Witt. Für beide Standorte, Sindelfingen und Ludwigsburg, gibt es Erweiterungspläne. „Wir müssen die Flächen anpassen, damit die Standorte auch in Zukunft noch konkurrenzfähig sind“, sagt Witt. Fast parallel zum Start der neuen Einkaufszentren in Stuttgart wurden im vergangenen Jahr in Böblingen die Mercaden eröffnet. Vor wenigen Wochen hat die ECE zudem in Ludwigsburg das Marstall-Center fertiggestellt. Zusätzlich wirbt auch das Outlet-Städtchen Metzingen besonders bei Touristen aus dem Ausland sehr erfolgreich um Kunden.


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Diesen enormen Zuwachs beurteilt der Handelsverband Baden-Württemberg äußerst kritisch. „Wir haben inzwischen viel zu viel Fläche“, sagt die Hauptgeschäftsführerin Sabine Hagmann. Aus ihrer Sicht findet derzeit eine ungesunde Entwicklung statt. „Investoren suchen sich eine Spielwiese für ihr Geld und das sind derzeit Handelsimmobilien“, analysiert sie. Dabei sei klar, dass viele Angebote nicht angenommen würden. „Der Umsatz pro Quadratmeter geht an vielen Stellen zurück“, sagt die Geschäftsführerin. „Ich beobachte das mit großer Sorge. Ich hoffe, dass dieser Trend bei den Investitionen bald zurückgeht“, sagt sie. Als Beispiel für ein Einkaufszentrum, das von den Kunden nicht angenommen wird, nennt Hagmann das Glacis in Neu-Ulm, welches im Frühjahr dieses Jahres eröffnet wurde. Und um den Trend zu belegen, dass derzeit zu viel Fläche im Einzelhandel geschaffen wird, blickt Hagmann in Richtung Bodensee: „In Singen ist ein Center geplant, das doppelt so viel Verkaufsfläche bietet, wie die dortige Innenstadt.“

Die ECE glaubt an ihre Erweiterungsstrategie

Der Branchenprimus bei den Einkaufszentren ist die ECE. Deren Pressesprecher Christian Stamerjohanns erklärt auf StZ-Anfrage: „Wir analysieren jeden Standort genau.“ Um direkte Konkurrenz zu vermeiden, seien die jeweiligen Center unterschiedlich positioniert, so der Sprecher. „Wir realisieren nur Vorhaben, von denen wir sicher sind, dass sie angenommen werden“, fügt Stamerjohanns hinzu.