Es sind unglaubliche Summen, die im Einzelhandel in der Region Stuttgart umgesetzt werden. Eine Studie der IHK kommt auf knapp 19 Milliarden Euro. Wo sitzt das Geld und welche Städte profitieren? Eine Übersicht.

Stuttgart - Stuttgart zieht immer mehr Einkaufstouristen aus Deutschland und den Nachbarländern an. Das ist eines der Ergebnisse einer aktuellen Studie der Industrie- und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) zur Kaufkraft in Stuttgart und den fünf angrenzenden Kreisen Böblingen, Esslingen, Göppingen, Ludwigsburg und Rems-Murr. „Die Region kann mit ihren vielen starken Mittelzentren auch bundesweit überzeugen“, fasst der IHK-Präsident Georg Fichtner zusammen, „die Landeshauptstadt im Herzen des Ballungsraums ist zudem immer stärker Ziel von Kunden aus anderen Bundesländern und dem Ausland.“

 

Laut der Studie stehen in der Region in diesem Jahr 18,9 Milliarden Euro als einzelhandelsrelevante Kaufkraft zur Verfügung, soll heißen: so viel Geld wird für Einzelhandelsartikel ausgegeben. Vor zwei Jahren waren es 16,4 Milliarden Euro. Allerdings machen die Geschäfte in der Region „nur“ einen Umsatz von 16,2 Milliarden Euro (2013: 13,95 Milliarden Euro). Nicht alles Geld landet also in den Kassen der hiesigen Geschäfte. In den 18,9 Milliarden Euro sind auch die Ausgaben im Versand- und Onlinehandel enthalten und der Betrag, der außerhalb der Region ausgegeben wird: in anderen Städten und großen Outlets wie beispielsweise in Metzingen knapp hinter der Regionsgrenze. Zusammen sind dies 2,7 Milliarden Euro, immerhin 300 Millionen Euro mehr als vor zwei Jahren, was Experten auf das rasche Wachstum im Onlinehandel zurückführen.

Planungssicherheit ist gefragt

Nicht zuletzt daraus leitet die IHK die Forderung ab, dass die Städte und Gemeinden in der Region die Rahmenbedingungen für den Einzelhandel im Auge behalten müssten, weil er ein „bedeutender Faktor für die Attraktivität“ einer Kommune sei. „Die Händler brauchen Planungssicherheit. Dies sollte nicht durch Verkehrsbeschränkungen, großflächige Ansiedlungen von Einkaufszentren in Randlagen oder ein Übermaß an Bürokratie gefährdet werden“, sagt Fichtner. Er fordert die Kommunen auf, mit dem Planungsrecht „die Einzelhandelslandschaft zu erhalten oder ihre Strukturen sinnvoll zu verändern.“ Die Fahrverbote würden dem stationären Handel beispielsweise nicht helfen, sich gegen das Internet zu behaupten. „Weniger Bürokratie und einfachere Genehmigungsverfahren könnten große Wirkung zeigen“, schreiben Georg Fichtner und IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter im Vorwort.

In den kommunalpolitischen Gremien dürfte dies nicht nur auf Gegenliebe stoßen – so kann eine gute Erreichbarkeit auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln gesichert werden, und Fußgängerzonen oder verkehrsberuhigte Bereiche tragen zu einem attraktiven Einkaufserlebnis bei.

Kurz gefasst die Erkenntnisse der Studie

Die fast 30-seitige Studie kommt zu drei grundsätzlichen Erkenntnissen: Hohe Kaufkraft: Die Menschen haben überdurchschnittlich viel Geld zum Einkaufen. In der Region liegt die einzelhandelsrelevante Kaufkraft pro Kopf durchgehend über dem Bundesdurchschnitt von 6459 Euro jährlich. Spitzenreiter ist Gerlingen mit 8133 Euro. Bei den Kreisen liegt der Kreis Böblingen mit 7184 Euro vor Stuttgart (7103 Euro), Esslingen (7091 Euro), Ludwigsburg (7043 Euro), Rems-Murr (6898 Euro) und Göppingen (6612 Euro) . Starke Städte: Die großen Städte rund um Stuttgart binden sehr viel Kaufkraft, vor allem wenn sie wie Böblingen/Sindelfingen und Ludwigsburg (Breuningerland, Ikea) große Einzelhandelsflächen am Stadtrand haben. In ihrer Nachbarschaft gibt es dann oft Defizite bei der Nahversorgung. So weisen nur einige große Städte eine so hohe Anziehungskraft auf, dass sie einen höheren Umsatz haben als die Kaufkraft ihrer Bevölkerung hergibt.


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Attraktives Stuttgart

Trotz der polyzentrischen Struktur der Einkaufsregion behauptet sich der Stuttgarter Einzelhandel im Vergleich zu anderen Metropolen Deutschlands gut. Bei der Kaufkraft pro Kopf liegt Stuttgart hinter München, Düsseldorf und Frankfurt/Main auf Rang vier, vor Hamburg, Köln, Hannover, Nürnberg, Berlin und Dresden. Bei der Zentralität rangiert Stuttgart hinter Nürnberg auf Rang zwei. Die Landeshauptstadt binde trotz der Konkurrenz der starken Mittelstädte ringsum überregionale Kaufkraft und erziele gut ein Fünftel mehr Umsatz, als nach den örtlichen Einkommensverhältnissen zu erwarten wäre. „Das Zentrum der Landeshauptstadt stellt den wichtigsten Einzelhandelsstandort im Südwesten dar und lockt Kaufkraft von außerhalb der Region nach Stuttgart“, so die Studie.