Für manchen Stadtrat und auch einige Ladeninhaber in Fellbach ist das vorgesehene Einzelhandelskonzept nicht die rosige Vision. Vor allem Händler der nördlichen Bahnhofstraße sorgen sich darum, künftig abgehängt zu werden.

Rems-Murr: Eva Schäfer (esc)

Fellbach - Wie soll der Einzelhandel aussehen und wie soll er unterstützt werden? Dass inhabergeführte Geschäfte in Zeiten des online-Handels zu kämpfen haben ist ein Thema, das viele Kommunen umtreibt. Schließlich ist ein lebendiger Einzelhandel ein großer Pluspunkt für die Lebensqualität der Stadt.

 

Doch wie die Unterstützung und künftige Gestaltung aussehen soll, da gehen die Meinungen im einzelnen teils deutlich auseinander. Auch wenn der Fellbacher Gemeinderat das Einzelhandelskonzept mit einer Gegenstimme und einer Enthaltung beschlossen hat, wurden Zweifel deutlich hörbar.

Das Einzelhandelskonzept, das auf einem Gutachten des Stadtplaners Donato Acocella aus Lörrach fußt, bietet eine „fundierte Arbeitsgrundlage, um Einzelhandel zu steuern und verlässliche Grundlagen zu geben“, sagte Baubürgermeisterin Beatrice Soltys. Im Kern, so heißt es in der Vorlage, gehe es darum, die Versorgung der Bevölkerung sicher zu stellen und ein funktionsfähiges Zentrengefüge zu erhalten und zu stärken. Und die Konkurrenz auf der grünen Wiese soll in Schach gehalten werden. Auf rund hundert Seiten beschreibt das Gutachten die Veränderung des Einzelhandels und stellt Entwicklungsoptionen vor, auch eine Umfrage der Einzelhändler dient als Datengrundlage.

Als Empfehlung wird „eine Etablierung zwischen Mozartstraße und Schmerstraße“ angeregt

Als Empfehlungen für die künftige Entwicklung der Fellbacher Innenstadt wird unter anderem eine „Etablierung im Bereich zwischen Mozartstraße und Schmerstraße“ angeregt. Außerdem eine Verzahnung des Wüst-Areals mit dem Markthallenbereich über die Seestraße und eine Modernisierung des Bereichs Berliner Platz. Auch der Cannstatter Platz soll zu einem Platz „mit Ambiente und Aufenthaltsqualität“ werden. Ein „aktives Flächenmanagement“ der Stadt soll möglichst große zusammenhängende Verkaufsflächen schaffen.

Der so genannte „Nahversorgungsbereich Nördliche Bahnhofstraße“ soll weiterhin eine Verbindungsachse zwischen Bahnhof und Rathaus darstellen und dementsprechend gestärkt werden. Dazu wird empfohlen, eine attraktive Rad- und Fußwegverbindung zu schaffen und Aufenthaltsbereiche zu gestalten. Das Gutachten regt an, das „Areal zum Wohn- und Dienstleistungsquartier mit Aufenthaltsqualität“ zu entwickeln. Das sind einige der zahlreichen Vorschläge.

Die Steuerung des Einzelhandels geschieht durch die Definition von „Versorgungsbereichen“ und einer Festlegung der Sortimentsliste. Das heißt, dass es einen zentralen Versorgungsbereich Innenstadt im Bereich Rathaus-Carrée/Markthalle gibt, während die Nördliche Bahnhofstraße und die Stuttgarter Straße als Nahversorgungsbereiche eingeordnet werden. Eine Sortimentsliste definiert darüber hinaus, welche Produkte als zentrenrelevant eingestuft werden und welche nicht. So sind dies etwa Bücher, Schuhe und Spielwaren. Nicht zentrenrelevant sind Küchen, Möbel und Baustoffe. „Nahversorgungsrelevant“ dagegen unter anderem Arzneimittel, Blumen oder Schreibwaren.

Die Untergliederung in Versorgungsbereiche stieß auf heftige Kritik im Gemeinderat

Diese Untergliederung stieß auf heftige Kritik von CDU-Stadtrat Erich Theile. „Dass die nördliche Bahnhofstraße vom zentralen Versorgungsbereich abgekoppelt wird, kann ich so nicht akzeptieren“, sagte Theile, der über viele Jahre als ehemaliger Sprecher der Werbegemeinschaft nördliche Bahnhofstraße die Anliegen der Händler im Fokus hat. „So hängen Sie uns von der Weiterentwicklung ab“, kritisierte der Goldschmiedemeister, der ein Geschäft in der nördlichen Bahnhofstraße führt. Eine Abwertung der Immobilien sei dadurch zu befürchten. Er forderte eine neue Untergliederung der zentralen Sortimente. „Man stelle sich vor, der Gemeinderat beschließt, dass Hinterm Berg nur noch Rotwein angebaut werden darf. Das ließe sich doch keiner bieten.“

SPD-Rat Andreas Möhlmann begrüßte dagegen die Steuerungsmöglichkeit angesichts des großen Wettbewerbs zwischen den Städten. Allerdings hätte er gerne eine Stellungnahme der Gewerbevereine gehört. Tine Hämmerle (FW/FD), die ein Blumengeschäft in Schmiden betreibt, hatte Zweifel an der Methodik, auch wenn die Baubürgermeisterin das Gutachten als „sauber gearbeitet“ verteidigte. „Dass sich 76 Prozent der Händler bei der Umfrage beteiligten, kann ich so nicht bestätigen.“