Seit 27 Jahren führt Ayse Özelden in Leinfelden ihren Mix aus Kurzwarengeschäft und Schneiderei, nun schließt sie Ende Januar. Dies hat mehrere Gründe.

Es sind viele Szenen wie diese: „Wo ist der Block, in den ich reinschreiben kann, dass Sie nicht gehen dürfen?“, sagt die Seniorin, während sie ihre frisch geflickte Steppjacke entgegennimmt und zwei Oberteile zum Reparieren abgibt. Ayse Özelden lächelt. Eine Liste, in die man sich eintragen könnte, gibt es nicht. Die Entscheidung, ihre bunte Mischung aus Änderungsschneiderei und Kurzwarengeschäft zu schließen, hat sie ganz alleine gefällt. Ende Januar wird der kunterbunte Laden an der Stuttgarter Straße in Leinfelden für immer zumachen – und das nach 27 Jahren.

 

Für Ayse Özeldens Entschluss gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist da das Alter. 68 Jahre ist sie alt. „Ich bin hier jung geworden“, sagt sie lachend. Außerdem spricht die Frau, die vor bald 50 Jahren aus der Nähe von Istanbul nach Deutschland kam und Mitte der 1990er Jahre die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen hat, von gesundheitlichen und auch privaten Gründen, die ihr das Weitermachen unmöglich machen. Der Abschied fällt ihr trotzdem schwer. „Oh, und wie“, sagt sie. Die Stimmung in dem kleinen Geschäft ist locker, fast freundschaftlich. Die Inhaberin wird von allen nur beim Vornamen genannt, Ayse duzt zurück und scherzt mit der Kundschaft.

Sie hat schon viele Jobs gehabt und arbeitet gern

„Schneidern war immer mein Blut“, sagt sie, während türkische Musik aus dem Hinterzimmer mit den vielen Fotos an der Wand dringt. Seit ihrer Ankunft in Deutschland, erzählt sie, habe sie viele Jobs gemacht, erst habe sie Teppiche geknüpft, dann sei sie in der Gastronomie beschäftigt gewesen. „Ich arbeite gern, ich liebe Menschen“, sagt sie. Ihre Änderungsschneiderei habe sie seinerzeit ganz klein begonnen. „Mit drei Haushaltsmaschinen“, betont sie. Nun stehen im Hinterzimmer ihres Geschäfts sieben Industrie-Nähmaschinen.

Am 31. Januar ist Ayse Özeldens letzter Arbeitstag in ihrem kleinen Reich. Bis dahin muss alles raus. Noch sind die Regale voll mit Wolle, mit Knöpfen und Reißverschlüssen, mit Garnen und Bordüren auf Rollen, mit Puppen in selbst gestrickten Kleidern. Was mit der Ladenfläche passiert, wisse sie nicht. Einen Nachfolger habe sie jedenfalls nicht gefunden. „Eine Schneiderei kommt nicht, das gibt es nicht mehr. Es will niemand nähen“, sagt sie.

Ayse Özelden ist anzumerken, dass sie ungern geht. Dennoch: Es gibt viele andere Aufgaben für sie. Die drei Kinder und sechs Enkel brauchen sie. Und privat handarbeiten, das tut sie sowieso. „Ich gehe nach Hause und stricke. Ich schlafe oft mit Wolle und Nadeln in den Händen ein“, sagt sie. Sie lächelt. „Handarbeit tut gut.