Der 24. Dezember ist in diesem Jahr ein Sonntag. Das Gesetz erlaubt manchen Geschäften ausnahmsweise, in diesem Fall für drei Stunden die Türen zu öffnen. Doch was machen die Händler?

Stuttgart - Alle Jahre wieder machen Witzbolde von Anfang September an den Scherz „Weihnachten kommt immer so plötzlich!“. Spaß beiseite, denn spätestens am 23. Dezember wird es dann wieder ernst, wenn die Konsumenten vor leeren Vorratsschränken stehen und überlegen, wo sie jetzt noch die fehlenden Zutaten fürs Festmenü bekommen. In diesem Jahr verschärft sich aus Sicht der Einkäufer in letzter Minute die Lage, denn Heiligabend fällt auf einen Sonntag. Da greift trotz Schutz des Sonntags eine Sonderregel: Läden, die Lebens- oder Genussmittel anbieten, dürfen drei Stunden lang geöffnet haben, aber nicht nach 14 Uhr.

 

Wenn es nach den zwei großen christlichen Kirchen ginge, wäre das kein Thema, über das man sich überhaupt unterhalten muss: „Ich lehne das nicht nur ab, wenn Heiligabend auf einen Sonntag fällt. Ich fände es grundsätzlich ein gutes Signal, wenn die Läden am Heiligen Morgen geschlossen werden“, sagt der evangelische Stadtdekan Søren Schwesig. „Es tut dem Feiertag gut, wenn Ruhe ist. Ich stimme da sehr überein mit Verdi“, sagt der Protestant. Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi hatte am Wochenende die Verbraucher dazu aufgerufen, zu den Zeiten einzukaufen, zu denen es für die Beschäftigten im Handel auch human sei. Eine Initiative zur Abschaffung der drei erlaubten Einkaufsstunden werde er dennoch nicht ins Leben rufen, fügt Søren Schwesig hinzu. „Das soll jeder selbst entscheiden.“

Kirchen wünschen sich sogar noch einen besseren Schutz des Christfests

Die katholische Kirche in Stuttgart lehne die Ladenöffnung an Heiligabend natürlich ab, teilt deren Sprecherin Nicole Höfle mit. „Auch die Beschäftigten des Einzelhandels sollen die Möglichkeit haben, den Heiligabend in der Ruhe des Sonntags zu beginnen und zu begehen“, so Höfle weiter. In den Tagen davor bleibe Zeit genug, die Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Der Stadtdekan Christian Hermes warnt die Bürger vor: „Alle mal aufgepasst: Heiligabend ist dieses Jahr an einem Sonntag! Jetzt ist noch Zeit für Weihnachtseinkäufe. Es gibt keinen Grund, warum die Geschäfte dieses Jahr am Sonntag geöffnet sein müssen. Deshalb: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Einzelhandel in Ruhe Weihnachten feiern lassen und keine Ladenöffnung!“

Dem Einzelhandelsverband Baden-Württemberg gehen Appelle dieser Art zu weit: „Für uns als Verband ist es unverständlich, warum von mancher Seite Emotionalität in dieses Thema hineingetragen wird“, sagt Sabine Hagmann, die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbands Baden-Württemberg. Die Öffnungszeiten seien gesetzlich klar geregelt. Man solle es dem einzelnen Händler überlassen, wie er es handhabe. Hagmann setzt sich aber auch dafür ein, dass die Händler sich mit ihren Mitarbeitern abstimmen sollen: „Manche haben damit vielleicht gar kein Problem, drei Stunden lang zu arbeiten“, fügt Hagmann hinzu. Jedoch scheint die Sorge unbegründet: Noch ist kein Händler in Sicht, der am 24. Dezember öffnen möchte. Rocco Capurso, der Eigentümer des Remstalmarkts Mack in Weinstadt, sagt: „Wir werden nicht aufmachen. Das ist eine ethische Sache. Unsere Mitarbeiter können endlich einmal Weihnachten in Ruhe feiern.“ Sonst fange man an Heiligabend um 4 Uhr morgens an mit Einräumen. „Um 15 Uhr können wir dann den Laden verlassen. Das ist eine lange Zeit, da kommen sie geschafft nach Hause.“ Rewe-Marktleiter Thorsten Mölders in Donzdorf (Kreis Göppingen) ist auch strikt dagegen, wegen der Mitarbeiter, aber auch „aus Gründen der Nachhaltigkeit: Die Kunden wollen Regale voller frischer Ware, und am Ende muss man Lebensmittel wegwerfen, wenn nicht alles weggeht“.

Im Ministerium haben sich noch keine Kritiker gemeldet

Kritik an dem seit 2007 in dieser Form geltenden Gesetz habe das Wirtschafts- und Arbeitsministerium noch nicht erreicht, teilt dessen Sprecher mit. Man sehe daher keinen Änderungsbedarf – auch deshalb nicht, da in der aktuellen Fassung „die Interessen der Arbeitnehmer ebenso wie der verfassungsrechtlich gebotene Schutz der Sonn- und Feiertagsruhe im Rahmen des seinerzeitigen Gesetzgebungsverfahrens berücksichtigt wurden“.

Die SPD setzt auf die Einsicht der Arbeitgeber: „Ich habe grundsätzliches Verständnis für die Kritik von Verdi. Es freut mich, dass viele Arbeitgeber von sich aus auf eine Öffnung am Sonntag verzichten“, sagt Boris Weirauch, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD im Landtag.