Die Marke Fyra zeigt derzeit im Dorotheen-Quartier, wie es funktionieren kann, sich eine Ladenfläche mit zwölf verschiedenen Partnern zu teilen. Auch City-Manager Sven Hahn findet die Idee gut, kann für Stuttgart aber derzeit noch keinen neuen Trend erkennen.

Das Dorotheen-Quartier hat in diesem Jahr sein fünfjähriges Bestehen gefeiert. Das Viertel ist in bester Lage zu finden – neben der historischen Markthalle und unweit von der Königstraße entfernt. Ein privater Tiefgaragen-Stellplatz kann hier schon einmal 290 Euro im Monat kosten. Unter anderem haben sich dort Luxusmarken wie Louis Vuitton, Porsche oder Rolex niedergelassen. Und seit Oktober ist dort auch Fyra zu finden – ein Kollektiv von Designerinnen, das vor etwa drei Jahren ein kleines Geschäft im Gerber eröffnet hat.

 

„Wir hatten eigentlich nicht vor, einen zweiten Laden aufzumachen. Wir hatten weder Zeit noch Geld. Aber das Angebot war einfach zu verlockend“, sagt Anna Veit, eine der Partnerinnen. „Für uns ist das Dorotheen-Quartier das absolute Shopping-Herz Stuttgarts, wo wir einfach erfrischend anders sehr gut reinpassen.“ Dieser Meinung war auch das Unternehmen Breuninger, das viel Geld in das Dorotheen-Quartier investiert hat. Fyra stieß bei Breuninger auf großes Interesse. Erst einmal für drei Monate – von Oktober bis Ende des Jahres – sollen die Designerinnen nun eine 140 Quadratmeter große Fläche bespielen. Sie ist etwa doppelt so groß wie die im Gerber.

Binnen zweieinhalb Wochen haben die Geschäftsfrauen letztendlich alles im neuen Laden auf die Beine gestellt. Wände gestrichen, Möbel besorgt, eingerichtet, dekoriert und auch neue Partner gewonnen.

Das Zwischenmenschliche spielt bei Fyra eine entscheidende Rolle

Fyra heißt vier auf Schwedisch und steht für die vier Designerinnen, die sich nicht zwangsläufig gesucht, aber dann doch irgendwie im Bekannten- und Freundeskreis gefunden haben, um gemeinsam ihre ganz unterschiedlichen Produkte anzubieten. Mittlerweile sind im Gerber sieben Partnerinnen unter einem Dach vereint. Im Dorotheen-Quartier sind es sogar zwölf. Und es könnten noch viel mehr sein. „Wir bekommen viele Bewerbungen“, sagt Anna Veit. Am Ende entscheide natürlich das Kollektiv. Einstimmigkeit müsse hergestellt sein, und der potenzielle neue Partner dürfe keine Konkurrenz zu den bestehenden darstellen. Zudem müssten die Produkte ins Konzept passen. Das Motto lautet: „Wir haben eine Mission: die Welt zu einem schöneren und nachhaltigeren Ort zu machen. An diesem Ziel arbeiten wir als Team aus lauter tollen Menschen und mit viel Spaß“, betont Fyra-Partnerin Anja Raiser. „Natürlich ist bei uns auch das Zwischenmenschliche extrem wichtig.“ Wenn die Chemie zwischen den Partnerinnen nicht stimmen würde, wäre das Konzept zum Scheitern verurteilt. Nicht alle Partner sind hauptberuflich tätig. Da wäre zum Beispiel Sandra Ehmer, die Architektur studiert hat und noch einen Job als Dozentin an der Kunstakademie hat. Sie ist Teil von Fyra und stellt Keramik her. Auch Anja Raiser geht noch einer anderen Arbeit nach. Sie ist Geschäftsleiterin und Inhaberin der Schokolade Filmproduktion und ist bei Fyra für die Organic Beauty zuständig. Nicht alle Partner können Schichten im Laden übernehmen. Jeder tut, was er kann. Von Neid und Missgunst ist keine Spur zu sehen. „Jeder freut sich, wenn er auch etwas von den anderen verkauft“, sagt Anja Raiser. „Wir sind ein sehr kreativer Haufen und sind von der Qualität und von allen unseren Produkten überzeugt.“

Das Sortiment umfasst derzeit Schmuck sowie Mode von Expertinnen des nachhaltigen Fashion Designs, Accessoires und Taschen aus pflanzlich gegerbtem Leder, textile Kunst wie Teppiche, handgemachte Keramik-Konzepte, Papeterie ohne Kitsch sowie vegane Organic Beauty, hergestellt in Deutschland. Abgerundet wird das Ganze durch regionale Getränke. „Die Kunden haben bei uns immer etwas zu entdecken“, sagt Anna Veit.

Es gibt noch weitere Beispiele für Shop-in-Shop-Konzepte

Mit der Resonanz der Kunden im Dorotheen-Quartier sind die Fyra-Partner zufrieden. Ob sie aber auch im neuen Jahr dort einen Laden betreiben, ist derzeit nicht klar. „Wir haben noch kein Angebot über eine Verlängerung des Mietvertrages erhalten. Zum jetzigen Zeitpunkt können wir nicht mehr dazu sagen“, erklärt Anna Veit.

Sich eine Ladenfläche mit mehreren Partnern zu teilen, hat Fyra viele Vorteile gebracht. Auch andere Unternehmer und Einzelhändler machen das so. Shop in Shop gibt es beispielsweise auch an der Rotebühlstraße 90 im Stuttgarter Westen. Dort bildet Pois mit seinen fair gehandelten Lebensmitteln wie Obst und Gemüse aus Portugal eine Ladengemeinschaft mit Ida Fischer Schmuck und der Kleiderei, die ein Modeverleih- und Mietkonzept verfolgt.

Einen sogenannten Concept Store, wie man das Shop-in-Shop-Konzept ebenfalls nennt, hat auch Daniel Brunner mit dem Kaufhaus Mitte an der Königstraße 20. Brunner präsentiert internationale, nationale und regionale Marken: „Produkte mit Seele, die eine Geschichte zu erzählen haben, die besonders sind.“

Einen Trend für Stuttgart möchte City-Manager Sven Hahn aber deshalb noch nicht daraus ableiten. „Die Idee gefällt mir. Aber ich denke, dass das Konzept nur als Highlight an bestimmten Stellen in der Stadt funktioniert. Und nicht flächendeckend.“