Nach einem Jahr könnte die Bilanz der neuen Stuttgarter Einkaufszentren Gerber und Milaneo kaum unterschiedlicher ausfallen. Während die einen absolute Zuversicht ausstrahlen, suchen die anderen nach einem neuen Profil.

Stuttgart - Die einen lassen zum ersten Geburtstag Helikopter über Stuttgart kreisen. Die anderen präsentieren sich zum selben Anlass als bescheidener Teil des eigenen Viertels. Die einen erklären stolz, „wir haben alle Erwartungen übertroffen“. Die anderen müssen zugeben, „dass die Handelsflächen nicht pauschal im Stil eines klassischen Einkaufscenters funktionieren“. Die Rede ist von Milaneo auf der einen und dem Gerber auf der anderen Seite. Beide haben vor etwa einem Jahr eröffnet. Doch die Bilanz der beiden neuen Einkaufszentren in der  Innenstadt könnte unterschiedlicher kaum ausfallen.

 

„Wir sind absolut glücklich und zufrieden“, berichtet Andrea Poul, die strahlende Centermanagerin des Milaneo. 28 000 bis 30 000 Menschen täglich fänden im Schnitt den Weg zu ihr ins Europaviertel. An guten Tagen könnten es auch mal um die 100 000 sein. Insgesamt habe man inzwischen rund 10 Millionen Besucher gehabt – nur etwas weniger als die Einwohnerzahl von ganz Baden-Württemberg. Poul feuert eine Statistik nach der anderen heraus, um den Erfolg ihres Milaneo über jeden Zweifel erhaben zu präsentieren.

Enormer Umsatz im Milaneo

Über Umsätze will Poul nicht sprechen. In Handelskreisen wird aber für den Mutterkonzern ECE, der rund 200 Einkaufszentren in Europa betreibt, von einem durchschnittlichen Umsatz pro Jahr und Quadratmeter Verkaufsfläche von etwa 4500 Euro berichtet. Angesprochen auf diese Zahl sagt Poul: „Das Milaneo liegt in diesem Bereich.“ Bei 200 Geschäften auf einer Verkaufsfläche von rund 43 000 Quadratmetern ergibt sich daraus ein Jahresumsatz von etwa 193,5 Millionen Euro.

Am anderen Ende der Innenstadt war das Gerber im September 2014 nur wenige Wochen vor dem Milaneo an der Start gegangen. Doch die anfängliche Euphorie wich rasch einer Ernüchterung. Nach wenigen Monaten zog der erste Mieter bereits Anfang dieses Jahres unter öffentlichkeitswirksamen Klagen über das Management und die mangelnde Kundenfrequenz aus dem Center aus – andere folgten dem Beispiel. Besonders das Obergeschoss wurde zum Sorgenkind, da sich Kunden viel zu selten dorthin verirrten.

Große Schwankungen im Gerber

Im Grunde sei die Besucherfrequenz nicht allzu schlecht, heißt es von Seiten der Macher, doch gebe es enorme Schwankungen. Die Zahlen liegen zwischen 17 200 und 32 700 Besuchern pro Tag, so das Management. Im Schnitt habe man rund 20 000 Besucher pro Tag. Damit bewegt sich das Gerber unter der zur Eröffnung vorgegebenen Marke von 25 000. Wohl auch ein Grund, weshalb zwischen Tübinger Straße und Paulinenbrücke derart viel Personal ausgetauscht wurde. Innerhalb des ersten Jahres wurde das Centermanagement ausgewechselt, externe Berater wurden engagiert und eine Agentur für die Öffentlichkeitsarbeit verpflichtet. Zudem soll Hannes Steim, der Macher des erfolgreichen Einkaufskonzepts Fluxus in der Calwer Passage, helfen, das Obergeschoss neu zu beleben. Die PR-Koryphäen des Gerber sprechen zum einjährigen Bestehen von einer „Repositionierung“.

Während am südlichen Rand der Innenstadt also nach einem neuen Profil gesucht wird, hat man beim Milaneo ordentlich Geld in das Center investiert – eine runde Million. 400 000 Euro wurden verwendet, um die unzureichende Anzahl an Toiletten zu verdoppeln. Weitere 600 000 Euro wurden in ein neues Parkleitsystem gesteckt. Das hat zur Folge, dass die Parkgebühren um zehn Prozent steigen werden. „Wir wollen uns ständig verbessern“, erklärt Centermanagerin Andrea Poul.

Die mit den Tüten von Primark

Vor der wachsenden Konkurrenz hat sie keine Angst. Angesprochen auf die geplanten Erweiterungen der Breuningerländer oder das ebenfalls unter ECE-Regie jüngst eröffnete Marstallcenter in Ludwigsburg sagt sie: „Wir hatten trotz des Marstall in dieser Woche mehr Besucher als sonst.“ Der Blick geht beim Milaneo ganz selbstverständlich in die Region und darüber hinaus – nur ein knappes Drittel der Kunden kommt aus Stuttgart. Wie man diese erkennt, ist laut Centermanagerin recht einfach: „Das sind die Menschen, die mit Primark-Tüten über die Königstraße laufen.“