Für die Spielzeugbranche ist jetzt schon Bescherung. China verliert als Herstellerland an Bedeutung. Deutsche Hersteller sind wieder gefragt.

Stuttgart - Für kaum ein anderes Produkt ist das Weihnachtsgeschäft so wichtig wie für Spielwaren. 40 Prozent ihrer Jahresumsätze machen Lego, Playmobil & Co. kurz vor der Bescherung, doppelt so viel wie im Schnitt des Einzelhandels. Diese Abhängigkeit könnte Unsicherheit auslösen, aber die Branche strotzt dieses Jahr derart vor Zuversicht, dass nur über die Höhe des Zuwachses noch debattiert wird. "Wir werden am Ende des Jahres bei drei Prozent plus liegen", schätzt der Geschäftsführer des Bundesverbands Spielwareneinzelhandel, Willy Fischel. Fünf bis sechs Prozent mehr erwarten sogar auf die Branche spezialisierte Konsumforscher.

 

Damit dürfte das dritte Wachstumsjahr dazu führen, dass mit Spielwaren hierzulande erstmals mehr als 2,6 Milliarden Euro umgesetzt werden. Das ist nicht schlecht für eine Branche, die wie sonst kaum eine unter rückläufigen Geburtenraten und der Überalterung der Bevölkerung leidet. Woher der plötzliche Erfolg nach zuvor einem Jahrzehnt Talfahrt kommt, wissen Händler und Hersteller selbst nicht so genau. Begonnen hat die Branchenkonjunktur ausgerechnet im "Krisenwunderjahr" 2009, schwärmt Ulrich Brobeil, Vizechef des Spielwarenindustrieverbands DVSI. Das brachte vier Prozent Wachstum. Danach folgten 2010 fünf Prozent plus und jetzt löst 2011 anhaltende Euphorie aus.

Die Kunden kaufen zunehmend marken- und qualitätsbewusst, sagen Experten wie Fischel und Brobeil. Lernspielzeug sei mit den für Deutschland schlechten Pisa-Tests in Mode gekommen. Schließlich sei Elektronik ein Wachstumstreiber. Neuheiten, die maximal zwei Jahre am Markt sind, machen die Hälfte aller Umsätze aus. Und 14 Prozent aller Spielwaren kaufen Erwachsene für sich selbst. Aber all das hat auch schon vor 2009 gegolten. Und Sprüche wie "bei Kindern wird zuletzt gespart", hört man auch schon immer.

Deutsche Hersteller kehren nach Europa zurück

Für eine andere Veränderung in der Branche haben die Fachleute dagegen gute Erklärungen: Bisher galt China als die Spielwarenfabrik der Welt, wird das aber nicht mehr lange sein, wenn die jüngsten Trends anhalten. Drei Viertel allen Spielzeugs sind noch vor drei Jahren in China produziert worden. Heute sind es noch 60 Prozent, schätzt Brobeil. Allein 2010 sei der Importwert chinesischer Spielwaren um gut ein Fünftel gesunken, und dieses Jahr bröckelt es weiter. "Deutsche Hersteller kehren nach Europa zurück, und dieser Trend wird sich fortsetzen", erklärt der DVSI. Begonnen hat das mit dem Puppenhersteller Steiff, der nach Portugal verlagert hat. Die fränkische Simba Dickie Gruppe lässt ihre hölzernen Bauklötze jetzt sogar wieder im Bayerischen Wald oder Holzeisenbahnen in Tschechien fertigen. Vor allem Osteuropa ist eine Region, in die von China verlagert wird, sagen Fachleute.

Grund dafür ist zum einen, dass Chinas Spielwarenfabriken das Personal ausgeht. Andere Branchen wie die Elektro- oder Autoindustrie zahlen höhere Löhne. Zum anderen haben in den letzten Jahren Skandale um schadstoffbelastete Spielwaren speziell aus China die Trendwende in der Produktion erzwungen. China hat vielen Fabriken als Reaktion die Exportlizenz entzogen, um Imageschäden in Grenzen zu halten. In der EU gilt seit diesem Juli eine verschärfte Spielzeugrichtlinie. Die durch steigende Qualitätsanforderungen wachsenden Produktionskosten seien ein weiterer Grund, warum sich Hersteller in China umorientieren, sagen Experten.

Die veränderte Beschaffung und steigende Rohstoffkosten könnten Spielwaren nächstes Jahr knapp ein Zehntel teurer machen, warnen Handel und Industrie. Aber schon im Vorjahr waren Preissteigerungen angekündigt, ließen sich aber nicht durchsetzen. Für das Weihnachtsgeschäft 2011 gelten ohnehin stabile Preise. Und auch die Regale sollen dieses Jahr anders als im Vorjahr, wo Renner rasch ausverkauft waren, bis zum 24. Dezember gut gefüllt bleiben, verspricht der Handel.

Konsumlaune steigt rechtzeitig zum Weihnachtsgeschäft

GfK-Index Die Kauflaune der Deutschen legt zum Weihnachtsgeschäft einen Endspurt hin. Das zeigt der Konsumklimaindex der Gfk, der im Dezember gegenüber dem Vormonat von 5,4 auf 5,6 Punkte geklettert ist. Verantwortlich dafür war die Anschaffungsneigung als entscheidende Teilkomponente, die um gut neun auf 40,4 Zähler zugelegt hat. Die Deutschen geben ihr Geld lieber aus, als es bei wieder unsicher gewordenen Banken zu niedrigen Zinsen anzulegen, sagen die Experten. Rückläufig sind wegen der Staatschuldenkrise dagegen die Einkommens- und die Konjunkturerwartung - die beiden anderen Komponenten des Gfk-Index.

Geschenktrends Renner im Weihnachtsgeschäft sind dieses Jahr Bücher, Kleidung und Spielwaren, hat die Gfk ermittelt. Im Schnitt wollen die Deutschen 241 Euro für Weihnachtsgeschenke ausgeben - vier Euro weniger als voriges Jahr. Daraus ergibt sich ein Handelsumsatz von 13,7 Milliarden Euro (minus zwei Prozent). Das wird laut Gfk kompensiert durch um vier Prozent steigende Geldgeschenke im Umfang von 2,1 Milliarden Euro, die nach den Feiertagen erfahrungsgemäß zu einer zweiten Kaufwelle führen. Immer beliebter wird das Internet als Einkaufsquelle.