Er ist einzigartig im Landkreis Ludwigsburg: Der Walderlebnisparcours „Hardypfad“ vermittelt spielerisch und kurzweilig Wichtiges und Wissenswertes zu Flora und Fauna. Das Team des Reviers Forsthof hat es konzipiert und umgesetzt – und hält es in Schuss.
„Jeden Tag trifft man auf Menschen, die sich hier intensiv mit den Stationen auseinandersetzen.“ Zufrieden blickt Jürgen Weis, Förster des Reviers Forsthof bei Steinheim an der Murr, auf den Feuersee. Am Ufer des Löschteichs, der 1951 im Gemeindewald Murr angelegt wurde, tut sich auch an diesem Nachmittag was. In der Schutz- und Grillhütte macht sich eine Familie ans kulinarische Werk; und während Mama und Papa vorbereiten, hat der Nachwuchs die Wasserspielstation in Beschlag genommen. „Da kann man ein Rad in Bewegung setzen.“ Revierleiter Weis lächelt und versammelt sein Team, Waldfacharbeiter Christian Ruge, Martin Krauß und Christian Utz, auf dem Aussichtssteg. Für ein Foto, aber auch, um zu zeigen, welch Wunder der Natur von dort zu entdecken sind.
Steg und Wasserspiel, Letzteres eine Idee von Ruge, sind zwei von 16 Stationen des „Hardypfads“, eines einzigartigen Walderlebnisparcours im Landkreis Ludwigsburg. 2018 eröffnet von der Forstbetriebsgemeinschaft Hardtwald, zu der die Gemeinden Steinheim, Murr, Benningen, Erdmannhausen, Freiberg, Marbach und Pleidelsheim gehören, dient der Hardypfad nicht nur der Erholung. Er soll auch auf 1,4 Kilometern das Ökosystem Wald nahebringen – mit allen Sinnen: Neben Informationen werden Besuchenden Aktivitäten an Hand, Arm und Geist gegeben, um in die Tier- und Pflanzenwelt einzutauchen, zu hören, zu erspüren, zu tasten, zu riechen.
Da kann man etwa auf dem Waldxylophon Musik machen und auf dem Waldsofa ruhige Momente genießen. Wer auf der wellenförmigen Liege ruht, blickt auf eine monumentale Eiche, durch deren Wipfel das Licht glitzert. „Das ist bei Sonnenaufgang fantastisch“, schwärmt Weis. Auf dem Pirschpfad und dem Hochsitz indes sind Tiere zu entdecken, in der Sprunggrube kann um die Wette springen, beim Ringewerfen seine Geschicklichkeit beweisen. Andernorts wiederum laden Baumscheiben ein, Jahresringe zu zählen und so ihr Alter zu bestimmen. Und gilt es beim Zuwachswürfel, das Volumen von Holzstämmen zu schätzen, wird auf der Nachhaltigkeitswippe balanciert. Dabei erfährt man, wie Wälder CO2 speichern und die Natur durch nachhaltige Nutzung im Gleichgewicht bleibt. Das „Aquarium“ wiederum lässt tief blicken – auf das Wurzelwachstum in der Erde.
Alle Stationen baute das Weis’sche Team in Eigenregie mit Materialien der Umgebung. „Bewusst Lowtech und niederschwellig für die ganze Breite der Gesellschaft, Kinder, Eltern, Opas, Omas, Kitas, Grund- und weiterführende Schulen“, erläutert Weis, die Planungsphase beschreibend. „Wald als Er-Lebensraum. Wir wollten einen Parcours, der Neugierde weckt, Spaß macht, Wissen vermittelt, Verständnis hervorruft für Ökologie und Natur, für Pflege und nachhaltige Nutzung, Waldbewirtschaftung mit Maß und Ziel, nur so viel entnehmen wie nachwächst.“ Besser sei Holz aus heimischen Wäldern zu holen als von Sumatra, vom Amazonas oder aus dem Kongo.
Um die Zusammenhänge deutlich zu machen, sei wichtig gewesen, dass sich die Inhalte des Pfads selbst erklärten, man sie verstehe ohne Führung, so der Sinsheimer, den es nach seinem Studium der Forstwissenschaft in Rottenburg ins Botwartal verschlug. Ruge nickt. Der Künstler, der im Wald auch Projekte mit Schülerinnen und Schülern durchführt, erinnert sich gut an die Anfänge. Zwar habe es eine Art Themenplan, abgestimmt mit der Forstbetriebsgemeinschaft Hardtwald, gegeben. „Aber nichts war in Stein gemeißelt, wir hatten viel Freiheit, konnten unsere Kreativität einbringen, bei der Umsetzung experimentieren.“
Was hat der Walderlebnispfad gekostet?
Das bestätigt Martin Krauß. Jeder habe seine Ideen eingeworfen. „Kapitän Weis steuerte das Schiff in die richtige Richtung“, sagt er und schmunzelt er, bevor er auflistet, wer – wie er – von der ersten Hardypfadstunde Vorschläge, Arbeitskraft und Herzblut zur Anlage beisteuerte, die rund 40 000 Euro kostete. So seien etwa Wolfgang Braun, Franz Luschek, mittlerweile im Ruhestand, und Luca Schmid dabei gewesen. Letzterer leitet nun das Forstrevier Schönbuchlichtung-West. Grafikerin Sabine Reich schließlich habe liebevoll die Infotafeln gestaltet, die gut verständlich viel Wissenswertes vermitteln. Und die Holzfigur Hardy – das Männlein mit Hut und Knollennase begrüßt am Start des Pfads – schnitzte Marc Klunzinger.
Später hinzu kam Christian Utz. Er sorgt wie seine Kollegen dafür, dass die Spiel- und Lernstationen in Schuss bleiben. Die vier vom Revier Forsthof freuen sich, dass bisher mehr als 100 000 Menschen den Hardypfad besuchten. Revierförster Weis spricht allen aus der Seele, als er zur Waldarbeit, ein nach wie vor gefährlicher Job, anmerkt: „Das ist kein Beruf, das ist eine Berufung, vielfältig und spannend.“ Flora, Fauna, Biologie, Natur- und Artenschutz, Klima, Soziales, vieles mehr beinhalte diese. „Alles hängt zusammen. Wald ist kein statisches System, sondern ein dynamisches, das vor Herausforderungen steht.“
Die Transformation sei längst im Gange. Schon vor Jahrzehnten wurden im Land Kartierungen erstellt für standortgerechte Baumarten – und der Klimawandel muss da eingepreist werden. Die Fichte weicht, bis in die 1980er der „Brotbaum“ als schnell wachsendes Baumaterial. Die Eiche ist robuster, gedeiht auf dem Ton-Lehm-Grund rund um Steinheim. Das Esche ist standfest, aber von einem Pilz bedroht. „Wissen Sie was Optimismus ist?“, fragt plötzlich Krauß. „Eine Buche zwischen die Fichten zu setzen, sie per Punkt als Zukunftsbaum markieren und denken, die wird 300 Jahre alt.“