Martin Oesterle betreibt in Ludwigsburg den einzigen Laden in Europa mit einer größeren Auswahl der Saiteninstrumente – deren Spiel sich ultraleicht lernen lässt.

Martin Oesterle stellt Lehrvideos ins Internet, gibt Unterricht und gerät schnell ins Schwärmen, wenn er über Herkunft, Vorzüge und Varianten des Dulcimers berichtet. Und obwohl er in Ludwigsburg den einzigen Shop in ganz Europa mit einer größeren Auswahl der ungewöhnlichen Saiteninstrumente betreibt, hat er dabei keine wirtschaftlichen Erwägungen im Hinterkopf. Das berufliche Hauptstandbein des 58-Jährigen liegt an der Pädagogischen Hochschule in Ludwigsburg, an der er Studenten bei Multimediaprojekten unter die Arme greift. Oesterle ist vielmehr eine Art Musik-Missionar, der andere mit seiner Leidenschaft für den Dulcimer anstecken will.

 

Wie das Feuer entfacht wurde

Sein Erweckungserlebnis mit dem Instrument, das man wie eine Zither im Normalfall im Sitzen spielt und auf den Oberschenkeln auflegt, hatte Oesterle 2008 auf dem Straßenmusikfestival in Ludwigsburg. Dort gastierte die Band The Famous Unknowns – mit einem Dulcimer-Spieler in ihren Reihen. „Mich hat das total fasziniert“, sagt Oesterle. Er bestellte sich ein Modell bei Ebay. Das Feuer war entfacht.

So richtig erklären kann er nicht, was ihn an dem Instrument berauscht. Zumal sich die Beschreibung liest, als wäre der Dulcimer eine unausgereifte Kopie einer Gitarre: Ihm fehlen von Haus aus die Halbtöne, man kann also innerhalb eines Stück während des Spielens nicht zu jeder beliebigen Tonart wechseln. Er verfügt zudem lediglich über eine Doppel- und dazu zwei Bordunsaiten. Man braucht auch nur die Doppelsaiten anschlagen und schwupp: schon wird dem Instrument eine Melodie entlockt. Will sagen: Der Dulcimer funktioniert nach einem simplen Muster. Und Oesterle als passionierter Klavierspieler war eigentlich anderes gewohnt. Doch genau in der unkomplizierten Handhabung liegt auch der Reiz. „Man kann einfache Melodien ganz schnell erlernen und spielen“, sagt Oesterle. Sogar blutige Anfänger könnten sich in nur zehn Minuten zwei bis drei Songs draufschaffen. „Das ist der Hammer. Das ist auch das, was die Leute anfixt. Die sagen dann oftmals: ‚Wow, ich dachte, ich kann gar kein Instrument spielen’“, erklärt er.

Eigenes Modell kreiert

Der Ur-Ludwigsburger hat sich das Spielen auch selbst beigebracht, stieß aber an einem Punkt an eine Grenze: Für Konzertauftritte auf Mittelaltermärkten mit seinem die Djembe klopfenden Kompagnon Andreas Schubert brauchte Oesterle einen Dulcimer mit mehr Power. Er schloss sich mit dem Instrumentenbauer Armin Dreier aus Schorndorf kurz, der ein Modell kreierte, mit dem sich der 58-Jährige mehr Gehör verschaffen konnte.

Das Holz bestimmt den Preis

In den Anfangstagen seines Shops vor rund einem Jahrzehnt importierte er aber zunächst Dulcimer eines Herstellers in den USA, wo das Instrument vergleichsweise populär ist. Nach und nach wuchs das Sortiment aber um Prototypen, die Oesterle in Schorndorf in Auftrag gibt. Darunter auch E-Modelle. Sein Laden, der nach Absprache seine Pforten öffnet, hat sich mit der Zeit zu einem wahren Schlaraffenland für die Dulcimer-Gemeinde gemausert. 30 bis 40 Instrumente jeglicher Couleur und Größe hängen hier an den Wänden. Günstige Varianten sind für 350 Euro zu haben, für edlere Modelle muss man bis zu 1500 Euro investieren. „Das ist wie bei der Gitarre. Es kommt auf die Hölzer und ein Stück weit auf die Verzierungen an“, erklärt Oesterle. Die Decken, also der obere Teil, sind meist aus dem Stamm einer Fichte geschnitten, der restliche Corpus wird beispielsweise aus einem Nussbaum oder einer Kirsche gefertigt.

Die Zahl der Spieler ist überschaubar

Pro Monat bringt der 58-Jährige zwei bis drei Exemplare an den Mann oder die Frau, entweder online oder über den direkten Verkauf in seinem kleinen, aber urgemütlichen Laden. Das klingt nach einer mäßigen Resonanz, liegt aber an dem vergleichsweise geringen Kunden-Potenzial: In ganz Deutschland gebe es wahrscheinlich nur ein paar Tausend, im Landkreis Ludwigsburg vielleicht 30 oder 40 Enthusiasten, die sich den Dulcimer umschnallen, sagt Oesterle.

Für sie alle hat der Dulcimer-Pionier auch eine Reihe von Zubehör im Angebot wie etwa Hüftgurte, mit denen die guten Stücke gesichert werden können, oder einen Ständer für das Instrument. „Das werden Sie auf der ganzen Welt nur hier finden“, sagt Oesterle mit leuchtenden Augen. Verzerrer sind ebenfalls erhältlich für den Dulcimer, der vom Klang her an eine Westerngitarre erinnert.

Und wenn man sich von Oesterle ein wenig herumführen lässt durch seine heiligen Hallen stößt man sogar auf einen Dulcimer 2.0: ein Instrument mit sechs Saiten.

Für Besucher

Absprache
Der Shop von Martin Oesterle befindet sich in der Straße Steigäcker 4 in Ludwigsburg und ist nach telefonischer Absprache (0 71 41 / 56 79 48) geöffnet. Weitere Informationen, auch zu Dulcimer-Kursen, findet man unter www.dulcimerstore.de.

Geschichte
Das Instrument ist vor allem in Amerika in der Country- und Folkwelt weit verbreitet und ein Verwandter des Scheitholts, das Michael Praetorius (1571-1621) erstmals erwähnt hat. Der Dulcimer gelangte wohl über europäische Auswanderer in die Staaten. Das Instrument wird im Sitzen gespielt. Es verfügt wegen der gedoppelten Melodiesaite lediglich über drei Saitenstränge.