Steuerberater schlagen Alarm: Bis Ende August müssen sich Kapitalgesellschaften für den Kirchensteuerabzug auf Kapitalerträge registrieren lassen. Doch der größte Teil der betroffenen Unternehmen hat sich bisher nicht angemeldet.
Berlin - Wenigstens für Privatleute ist die Sache einfach: Der Gesetzgeber will künftig mit einem automatischen Verfahren sicherstellen, dass alle Sparer und Anleger, die einer Religionsgemeinschaft angehören, Kirchensteuer auf ihre Kapitalerträge bezahlen. Vom 1. Januar 2015 an sind Banken und Sparkassen verpflichtet, die Kirchensteuer auf Zinsen oder Dividenden zu ermitteln und automatisch abzuführen. Die Kreditwirtschaft hat ihre Kunden darüber in der jüngsten Zeit informiert. Wer als Privatanleger dieser Praxis nicht ausdrücklich widerspricht, muss sich um nichts kümmern. Die Banken erfahren von der Finanzverwaltung, ob ein Kunde einer Kirche angehört. In diesem Fall wird die Kirchensteuer mit der Abgeltungsteuer auf Kapitalerträge automatisch einbehalten.
Was für die Verbraucher leicht zu handhaben ist, bedeutet für Hunderttausende von Betrieben in Deutschland mehr Aufwand. Für die Kapitalgesellschaften, zu denen GmbHs und Aktiengesellschaften zählen, gilt vom nächsten Jahr an ebenfalls das automatisierte Verfahren zum Kirchensteuerabzug auf Kapitalerträge. Die Bundessteuerberaterkammer in Berlin weist darauf hin, dass alle Kapitalgesellschaften, die mindestens eine natürliche Person als Gesellschafter haben, auf das neue Verfahren umstellen müssen. Dies gilt beispielsweise auch für die „Ein-Mann-GmbH“ und unabhängig davon, ob Gesellschaften überhaupt Ausschüttungen vornehmen. Die neuen Regeln müssen auch Genossenschaften beachten. Aufwendig wird die Umstellung auch dadurch, dass die Anmeldung nicht der Steuerberater übernehmen kann.
Umständliches Verfahren
Die Kapitalgesellschaft muss sich zunächst beim Bundeszentralamt für Steuern registrieren lassen und die Zulassung zum Verfahren beantragen. Dies soll bis zum 31. August 2014 geschehen. Da von der Neuerung Hunderttausende von Kapitalgesellschaften betroffen sind, ist mit einem Antragsstau zu rechnen. Viele Unternehmen kennen die neuen Vorschriften noch gar nicht. „Ein erheblicher Teil der Kapitalgesellschaften hat sich noch nicht registrieren lassen“, sagt Jörg Schwenker, Geschäftsführer der Bundessteuerberaterkammer, der Stuttgarter Zeitung.
Das mehrstufige Verfahren zum Kirchensteuerabzug ist umständlich. Nachdem sich die Gesellschaft registriert hat und darüber eine Mitteilung erhält, muss zwischen dem 1. September und Ende Oktober eine sogenannte Regelanfrage beim Bundeszentralamt für Steuern gestellt werden. Dieser Schritt hat in jedem Jahr neu zu erfolgen. Damit bringt das Unternehmen in Erfahrung, ob der oder die Gesellschafter einer Kirche angehören. Die Vorschriften sehen vor, dass Gesellschaften für Ausschüttungen vom nächsten Jahr nur noch die neuen Kirchensteuer-Nummern verwenden dürfen, die sich aus der elektronischen Abfrage ergeben.
Die Wirtschaftsverbände halten das Verfahren für zu kompliziert. In einem Schreiben an das Bundesfinanzministerium fordern acht Verbände Korrekturen. Die Eingabe wird unter anderem von DIHK, BDI, BDA und dem Handwerk unterstützt. Diese Verbände kritisieren, dass die neuen Vorschriften zu einem hohen bürokratischen Aufwand in den Unternehmen führten. Sie bemängeln, dass die jährliche Pflicht zur Abfrage der Kirchenzugehörigkeit auch dann besteht, wenn die Gesellschaft keinerlei Ausschüttungen plant. Dies sei unverhältnismäßig. „Die Abfrage sollte nur zur Pflicht gemacht werden, wenn Kapitalerträge überhaupt fließen“, heißt es in dem Schreiben.
Weniger Bürokratie gefordert
Die Verbände machen sich darüber hinaus für weitere Vereinfachungen stark. So soll es möglich sein, den Steuerberater mit dem Verfahren zum Kirchensteuerabzug zu betrauen. Die großen Wirtschaftsverbände kommen mit ihrem Vorstoß allerdings reichlich spät, da die Anmeldefrist bereits in einigen Wochen abläuft. Die Wirtschaft will nun in Gesprächen mit dem Bundesfinanzministerium Vereinfachungen für die Unternehmen erreichen. Weil die neuen Bestimmungen zu vielen Nachfragen führen, hat das Bundeszentralamt für Steuern im Internet unter www.bzst.de einen Frage-Antwort-Katalog veröffentlicht. Wegen des großen Interesses der Wirtschaft werden dort neuerdings die Pflichten der Betriebe genau erläutert.