Die betagte Eisbärmutter von Wilbär hatte zuletzt alleine gelebt und ist nun gestorben. Der Stuttgarter Zoo will auch künftig Eisbären halten.

Stuttgart - Den Besuchern der Wilhelma bietet sich seit Samstag ein trauriger Anblick. Das Gehege der Eisbären mit dem großen Pool ist leer. Eisbärin Corinna, die letzte Bewohnerin der Anlage, ist in der Nacht auf Samstag gestorben. Pfleger fanden das tote Tier am Samstagmorgen. „Corinna hatte einen Tumor in der Leber“, erklärt Wilhelma-Sprecher Harald Knitter die Todesursache der beliebten und mit 28 Jahren hochbetagten Bärin. Ob ihr noch mehr fehlte, soll eine ausführliche Obduktion zeigen.

 

Corinna wollte keinen Partner mehr

Corinna kam 1990 als ganz junges Tier von Kopenhagen nach Stuttgart und gehörte zu den ersten Bewohnern der 1991 eingeweihten Bärenanlage des Stuttgarter Zoos. Bekannt wurde Corinna auch als Mutter des 2007 geborenen Wilbär, der damals die Massen in die Wilhelma gezogen hatte. Wilbär lebt heute im Bärenpark Orsa Grönklitt in Schweden. Die vergangenen vier Jahre hatte Corinna alleine in der Anlage verbracht. 2014 war ihr Partner Anton gestorben. Dem Vater von Wilbär wurde eine Infektion zum Verhängnis, in seinem Magen und Darm wurden Reste von einer Jacke und eines Rucksacks gefunden, die mutmaßlich Besucher in die Anlage haben fallen lassen.

Mit Corinnas Tod endet die Haltung von Eisbären in der Wilhelma aber höchstwahrscheinlich nicht. Die Anlage entspricht nach Aussage der Wilhelma nach wie vor den Richtlinien für die Haltung von Bären. 1991 zogen neben Corinna sogar vier weitere Eisbären in das neu gebaute Areal ein. Auch nach Antons Tod 2014 hat man im Stuttgarter Zoo immer mal wieder männliche Eisbären als Gäste aufgenommen, die in anderen Zoos für kurze Zeit isoliert werden mussten. Aber weder mit Felix noch mit Yoghi wollte die betagte Corinna noch irgendetwas zu tun haben. Eisbären leben außerhalb der Paarungszeit als Einzelgänger, alte Tiere wollen sogar komplett ihre Ruhe haben. Trotzdem wurde die Einzelhaltung von Corinna immer wieder von Tierschützern kritisiert, die der Wilhelma vorwarfen, das Tier leide an Hospitalismus.

Die Haltung von Eisbären soll weitergehen

Die Wilhelma hätte jetzt gerne wieder junges Leben im Gehege. „Wir wollen mit Eisbären weitermachen“, erklärt Ulrike Rademacher. Für die Raubtier-Kuratorin der Wilhelma beginnt jetzt eine interne Prüfphase, wie man konkret im Bärenbereich die Zukunft gestalten will. Dazu muss man sich über das europäische Zuchtprogramm informieren, was gerade gefragt ist und was man sich in Stuttgart vorstellen kann. Möglichkeiten gibt es mehrere: So kann man zum Beispiel wieder ein Pärchen zur Zucht nach Stuttgart holen, da man die Bären in dem Gehege isolieren kann. Denkbar sind aber auch nur männliche Tiere, die wie Yoghi und Felix sozusagen auf Urlaub in die Wilhelma kommen. „Darüber werden wir uns jetzt Gedanken machen“, sagt Kuratorin Rademacher. Wie lange die Zoobesucher auf Eisbären verzichten müssen, kann sie aktuell nicht sagen. „Aber es macht natürlich keinen Sinn, den Besuchern jahrelang eine leere Anlage zu präsentieren.“

Auch die anderen Bären sind schon alt

Zumal es absehbar durchaus noch einsamer in der gesamten Anlage werden könnte. „Die Bären sind so etwas wie unsere geriatrische Abteilung“, sagt Ulrike Rademacher. Neben der Eisbärenanlage leben auch noch ein 30 Jahre alter Braunbär und ein 28-jähriger Brillenbär. Für frischen Wind bei den Eisbären macht sich auch der Förderverein der Wilhelma stark, der vor 30 Jahren den Bau der Anlage mit rund 3,5 Millionen Mark gefördert hatte. „Die Eisbären sind natürlich bei den Besuchern sehr beliebt“, sagt Förderverein-Vorstand Georg Fundel, der sich auch über neues Leben in der Bärenanlage freuen würde. „Das wäre ein tolle Sache.“ Fundel erklärt aber auch: „Die Entscheidung darüber liegt klar bei der Wilhelma.“

Corinna soll jetzt noch der Wissenschaft dienen. Wilhelma-Specher Knitter: „Nach einer ausführlichen Obduktion wird geklärt, ob Universitäten, Museen oder die Zooschule Interesse an und Verwendung für den Kadaver als Ganzes oder Teile davon haben.“ So soll der Verlust wenigstens noch einen Sinn haben. „Wir versuchen immer, aus so einem Fall wenigstens noch einen Nutzen für die Wissenschaft, Lehre oder Bildung zu erreichen“, erklärt Knitter.