Die Berliner wollen in der Finalserie um die deutsche Eishockey-Meisterschaft den Mannheimern zeigen, dass ihr Weg der bessere ist.

Berlin - Sven Felski kann sich noch gut an die Zeiten erinnern, in denen er und seine Teamkollegen besondere Kategorien erfinden mussten, in denen die Berliner Eisbären die Besten waren. Denn sportlich seien sie „früher immer die Schlechtesten“ gewesen, sagt der Stürmer. „Aber dafür waren wir die Lustigsten. Da wurden noch richtige Partys gefeiert.“ Felski, Spitzname „Bürgermeister“, ist 37 Jahre alt. Der gebürtige Ostberliner und frühere Eishockey-Nationalspieler hat seine gesamte Karriere bei den Eisbären verbracht, derzeit absolviert er seine 20. Profisaison.

 

Der Kapitän erlebte also die komplette Transformation des Vereins nach der Wende mit. Vom Abstiegskandidaten mit notorischen Geldproblemen zum dominierenden Vorzeigeclub des Entertainmentkonzerns Anschutz. Die Amerikaner stiegen 1999 bei den Eisbären ein, bauten ihnen eine Multifunktionshalle für mehr als 14 000 Zuschauer am Berliner Ostbahnhof und steuerten die finanziellen Mittel bei, dank der die Mannschaft in den vergangenen sieben Jahren fünfmal Meister in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) wurde.

Der Finalsieger ist alleiniger Rekordmeister

Doch allein als Profiteure der Anschutz-Millionen sehen sich Felski und Co. ganz und gar nicht. Wenn die Eisbären am Sonntag mit einem Heimspiel in die Finalserie „best of five“ gegen die Adler Mannheim starten, empfinden sie dieses Duell auch als die ultimative Entscheidung darüber, welche Philosophie im deutschen Eishockey die bessere ist. Schließlich waren die Mannheimer Ende der neunziger Jahre das, was die Berliner heute sind: die unangefochtene Nummer eins.

Zwischen 1997 und 2001 wurden sie viermal Meister, 2007 kam Titel Nummer fünf hinzu. Noch können sich also beide Kontrahenten DEL-Rekordmeister nennen. Doch während die Mannheimer Erfolge in den Augen der Berliner allein auf teuren Starteams basierten, die jedes Jahr neu zusammengekauft wurden, vertritt der Titelverteidiger einen anderen Ansatz. „Die Eisbären sind ein Gegenbeispiel für diese Schnelllebigkeit. Wir haben Kontinuität in der Mannschaft“, sagt André Rankel. Der 26-jährige Stürmer ist der legitime Nachfolger von Felski. Seit neun Jahren spielt er bei den Eisbären, seine gesamte Profikarriere hat er bisher bei ihnen verbracht. Der einzige Unterschied zum „Bürgermeister“: Rankel ist in Westberlin geboren.

Parallelen zum FC Barcelona

Der Hauptstadtclub setzt seit jeher stark auf nachhaltige Entwicklung. Davon ließen sich die Verantwortlichen auch nicht durch den Anschutz-Einstieg abbringen. Konsequent werden deutsche Talente in die DEL geführt – zurzeit stehen sieben Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Profikader – und der Stamm des Teams wird nur punktuell verändert. „Nicht umsonst probieren jetzt auch andere Clubs, junge deutsche Spieler aufzubauen und uns zu kopieren“, sagt Rankel. Nur so reifen Identifikationsfiguren, wie er selbst, Felski oder Stefan Ustorf in Berlin: Leistungsträger und Typen, die ihre Fans und ihre Mannschaft mitreißen.

Dass dieser Weg der Eisbären auch in Zukunft funktionieren wird, hat sich bereits während dieser Play-offs eindrucksvoll gezeigt. Denn das Team musste den Großteil der entscheidenden Saisonphase ohne viele ihrer Führungsspieler bestreiten. Der 38-jährige Ustorf erlitt am 6. Dezember 2011 nach einem Check ein Schädel-Hirn-Trauma, das ihn wahrscheinlich zwingt, seine Karriere zu beenden. Auch der erfahrene Topstürmer Denis Pederson bangt nach einer Knieverletzung um seine Laufbahn. Zudem foulte Rankel im zweiten Halbfinalspiel gegen Straubing einen Gegner so schwer, dass er von der DEL für zehn Partien gesperrt wurde.

Der Berliner Kader ist enorm stark besetzt

Doch für die bisherigen Leistungsträger springen nun andere Profis in die Bresche. Während in der Vorsaison die Sturmreihe um Ustorf, Rankel und TJ Mulock den Titel fast im Alleingang herausschoss, beteiligen sich in diesem Jahr alle vier Reihen fleißig an den Treffern. Dabei tun sich besonders die spielerisch stärksten Angreifer Florian Busch, Darin Olver und Barry Tallackson hervor. „Wir sind noch mehr zusammengewachsen, jeder musste mehr Verantwortung übernehmen, jeder ist irgendwie Chef“, sagt Busch. Der Kader der Berliner ist zu ausgeglichen besetzt, als dass die Gegner alle Stürmer stoppen könnten.

Dabei kommt ihnen auch ihr Spielsystem entgegen, bei dem sogar entfernt Parallelen zum FC Barcelona erkennbar sind. „Das auf Puckbesitz ausgelegte Spiel gibt dir als Team ein gutes Gefühl. Da weißt du immer, dass du vorn mehr Chancen bekommst“, sagt der Verteidiger Frank Hördler. Das wichtigste laut Busch ist aber der Zusammenhalt in der Mannschaft: „Ich sehe inzwischen sofort, ob es einem anderen Spieler gut oder schlecht geht.“ Für die Eisbären besteht also kein Zweifel daran, wer nun in allen Kategorien die Besten sind.